Die Mülheimer Grünen nominieren Wilhelm Steitz als OB-Kandidaten
Kommunalwahlprogramm vorgestellt

Die grünen Vorstandssprecher*innen Kathrin-Rosa Rose und Fabian Jaskolla (r.) mit ihrem OB-Kandidaten Wilhelm Steitz.
Foto: Henschke
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Parteiversammlung der Mülheimer Grünen zur Kommunalwahl. Die Vorkehrungen im Forum der Otto-Pankok-Schule sind umfangreich. Abstandsmarkierungen für die Warteschlange, wegweisende Pfeile auf dem Boden. Sporadisch verteilte Stuhl-Inseln, auf denen die Teilnehmer erst ihre Schutzmasken lüften dürfen.

Vorstandssprecherin Kathrin-Rosa Rose mahnt, auch „unter diesen merkwürdigen Umständen“ Disziplin zu halten. Es sei ja schon die zweite OB-Aufstellung, da sei man doch im Training. Ihr Co-Sprecher Fabian Jaskolla ist froh: „Schön, dass wir uns wieder in echt sehen, nicht nur virtuell im Videochat.“
Wilhelm Steitz möchte Oberbürgermeisterkandidat der Grünen werden. Die Frauen diskutieren erst einmal, ob überhaupt ein männlicher Bewerber ohne Gegenkandidatin akzeptabel ist. Ist es. Die Männer dürfen derweil frische Luft schnappen. Wieder zurück im Saal, stellt sich Steitz vor: „Ich traue mir eine maßgebliche Rolle zu bei Neuaufstellung von Politik und Verwaltung.“ Obwohl er in zwei Städten Beigeordneter war und nun Vizepräsident der Bezirksregierung Köln ist, war sein Lebensmittelpunkt immer Mülheim: „Ich bin hier geboren, habe just in dieser Schule mein Abi gebaut, mein Sohn übrigens auch. Ich bin in verschiedenen Vereinen und Gremien engagiert. Ich kenne diese Stadt. In Mülheim muss sehr viel mehr passieren. Hier hat sich jahrelang nichts bewegt.“ Steitz zählt die Schrecken auf: „Der kontinuierliche Niedergang der Schloßstraße und das durch Weggänge bedrohte Forum, das schlechte Datennetz, fehlende Plätze bei Kitas und Ganztag. Verwaiste Straßenbahnstrecken und ein VHS-Gebäude, bei dem es nicht vorangeht.“ Von den Finanzen gar nicht zu sprechen.

Hände weg von Grünflächen

„Wir brauchen ein neues ÖPNV-Konzept und eine vierte Gesamtschule. Mülheim muss einen erkennbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ich halte den Bedarf an zusätzlichen Gewerbeflächen nicht für gegeben. Es gibt genügend Brachflächen. Warum sollten wir da wertvollen Naturraum verletzen?“ Das Motto „Ackerland zu Gewerbeflächen“ werde der Realität nicht gerecht. Aufgabe eines OB sei im Wesentlichen die Führung der städtischen Verwaltung. Das seien 3.000 gute und engagierte Mitarbeiter*innen: „Auf diese Menschen sind wir angewiesen, wenn wir Politik konstruktiv betreiben wollen. Wir müssen wieder Vertrauen schaffen und eine andere Führungskultur ins Haus bringen.“ Vor diesem Hintergrund sei es keine schlechte Idee gewesen, unter Rückstellung von Parteiinteressen eine strategische Partnerschaft mit der CDU einzugehen. Das sei nun nicht mehr so und die CDU setze offensichtlich andere Prioritäten. Für Wilhelm Steitz wohl eine Art Befreiung: „Nun müssen wir im Wahlkampf keine Kompromisse mehr eingehen. Wir möchten in dieser Stadt viele Positionen mit klugen Köpfen besetzen.“ Für die geheime Wahl sollte Jeder einen eigenen Stift mitbringen, um sein Kreuz zu machen. Die 36 Stimmberechtigten machen es zu 94,44 Prozent bei Ja. Steitz ist nominiert als OB-Kandidat und strahlt. Kathrin-Rosa Rose greift zum alternativen Glückwunsch und wirft ihm den Blumenstrauß zu. Nun mal Hand aufs Herz: Wie schätzt Steitz seine Chancen ein? „Ich sehe drei aussichtsreiche Kandidat*innen, von denen zwei in die Stichwahl gehen dürften.“ Alles andere werde sich im September zeigen.

Frauenpower für die Wahlen

Im Kommunalwahlprogramm klären die Grünen ihre Positionen. Ein klimaneutrales Mülheim bis 2035. Die Wirtschaft wieder auf die Beine stellen, ohne dabei alles zuzubetonieren. Raus aus den RWE-Aktien und die städtische Beteiligung an der medl ausweiten. Die Grünflächen des Flughafens von Bebauung freihalten. Die grüne Verkehrswende umsetzen: Schluss mit dem ÖPNV-Chaos, mehr Platz fürs Rad und für Fußgänger*innen. Kulturschaffende unterstützen. Digitale Schulen für das 21. Jahrhundert mit moderner Infrastruktur. Verlängerung der Bahnlinie 102 nach Saarn, die Zukunft der VHS an der Bergstraße gestalten. Teilhabe statt Vereinsamung im Alter.
Es gibt viel zu tun. Die Grünen möchten es anpacken. Für den Rat und die Bezirksvertretungen setzen sie voll auf Frauenpower. Die Reserveliste für den Rat führt Franziska Krumwiede-Steiner an, mit Tim Giesbert und Brigitte Erd. Für die drei Mülheimer BVs stehen Britta Stalleicken, Silke Behrendt und Heidemarie Sinn-Leyendecker ganz oben auf den Listen. Für die Wahlen zum Ruhrparlament bewerben sich Hanna Sander und Oliver Linsel. Zwei noch sehr junge Menschen, die über Stadtgrenzen hinweg schauen. Die das Ruhrgebiet als eine große Metropole sehen und es besser vernetzen möchten.
Dann ist die Versammlung schon beendet und Kathrin-Rosa Rose blickt erstaunt auf die Uhr: „Für uns Grüne war das Rekordzeit.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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