Bei der ersten Ratssitzung nach den Ferien brachte Kämmerer Frank Mendack den Haushalt 2020 ein
Haushaltsdisziplin ohne die Stadt kaputtzusparen
Oberbürgermeister Ulrich Scholten wandte sich bei der ersten Ratssitzung nach den Ferien dem städtischen Haushalt zu und sprach von zuletzt harten Einschnitten: „Wir haben den Bürgern und den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung viel zugemutet. Ich nenne hier vor allem die Grundsteuererhöhung.“
Scholten berichtete auch von den Bemühungen im Rahmen des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ und von ermutigenden Gesprächen mit NRW-Staatssekretär Jan Heinisch: „Da scheint ein Silberstreif am Horizont. Auch bei der Altschuldenlösung dürfen wir auf Hilfe vom Land hoffen.“ Als einer der Sprecher des Aktionsbündnisses sei er für den 25. September ins Bundesfinanzministerium eingeladen, um dort das Thema der Altschulden zu erörtern. Doch auch daheim müssten die Hausaufgaben erledigt werden: „Wir müssen vor Ort kommunale Haushaltsdisziplin üben, um glaubhaft zu bleiben. Dabei dürfen wir aber die Stadt nicht kaputtsparen.“
Damit übergab er das Wort an seinen Kämmerer Frank Mendack, der für 2020 einen Planentwurf vorlegte mit einem ausgeglichenen Haushalt und sogar noch kleinem Plus von 7,47 Millionen Euro. Zum aktuellen Etat stellte Mendack klar, dass die Haushaltsgenehmigung für das Jahr 2019 noch nicht erteilt sei und die Stadt sich in der vorläufigen Haushaltsführung befinde. Die Gelder aus dem Stärkungspakt seien daher zwar noch nicht eingegangen. Allerdings würden diese Mittel nicht verfallen, sondern entsprechend nachgezahlt. Auch habe er eine Haushaltssperre angeordnet, alle Ausgaben unterlägen restriktiven Vorgaben.
„Bund lässt uns hängen“
Nun wies Mendack auf fremdbestimmte und konjunkturabhängige Faktoren hin wie Gewerbesteuer, die Gemeineanteile an Einkommens- und Umsatzsteuer sowie die Umlage an den Landschaftsverband Rheinland: „Da spielt die Musik.“ Seit 2014 sei ein Rückgang bei der Gewerbesteuer zu beobachten, auch die im Haushaltsplan 2019 noch angenommenen 110 Millionen Euro würden bei aktueller Tendenz eher um sieben Millionen niedriger ausfallen. Sorgen bereiten Mendack die Kosten etwa bei der „Hilfe zur Erziehung“ nach Sozialgesetzbuch, das waren 2018 satte 35,46 Millionen Euro, Tendenz steigend: „Ein Beispiel dafür, wie der Bund uns komplett hängen lässt. Dieser nicht gedeckte Aufwand bleibt zu hundert Prozent bei uns hängen.“ Beim Asyl seien die Zahlen zwar rückläufig, so konnte Mülheim bei seinen Flüchtlingsunterkünften die Fixkosten runter schrauben. Bei über zehn Millionen Euro an nicht ersetzten Kosten bewege man sich dennoch. Auch sei das Angehörigen-Entlastungsgesetz in der Pflege sicherlich eine richtige Idee: „Aber nicht zu Lasten der Kommunen. Das ist ein Bundesgesetz und Mülheim bleibt voraussichtlich auf einem Minus von 500.000 Euro sitzen.“
Personalabbau
Die Besoldungsanpassung von 3,2 Prozent reiße das nächste Loch: „Obwohl wir schon vorsichtig mit 2 Prozent gerechnet haben. Der Tarifabschluss für 2020 kostet uns 16 Millionen Euro.“ Die Neueinrichtungen städtischer Stellen werde bis 2020 auf null sinken: „Da kommt dann netto keine Stelle mehr dazu.“ Auch werde es bis 2023 Personalabbau im Volumen von insgesamt sechs Millionen Euro geben. Das negative Eigenkapital gehe etwas zurück und auch die Kassenkredite schmölzen ein wenig: „Das ist noch nicht der große Wurf, aber der Weg in die richtige Richtung.“ Mülheim habe anders als die umliegenden Kommunen massiv investiert in Bildung, in Schulen. Da habe man längst nicht so großen Sanierungsstau wie andere Städte: „Darauf kann man stolz sein.“
Zu den Vorschlägen der Initiative „Sparfüchse 4330“ werde eine Vorlage erstellt, die in der Etatsitzung am 7. November beraten werden soll. Bei der Konsolidierung sei die so sehr kritisierte Erhöhung der Grundsteuer aber nur eine Maßnahme von vielen, insgesamt seien 185 Maßnahmen beschlossen worden, um den Haushalt ausgeglichen aufstellen zu können.
Globale Risiken
Im Blick behalten müsse man die Entwicklung der globalen Risiken wie der Brexit oder der Handelsstreit zwischen USA und China. Ein drohender Abschwung der Wirtschaft würde für Mülheim schwindende Einnahmen in Gewerbesteuer, aber auch Einkommens- und Umsatzsteuer bedeuten. Denn dann seien Arbeitsplätze gefährdet: „Wenn die Leute weniger haben, konsumieren sie auch weniger.“ Das einzige positive wären die dann sinkenden Zinsen für Kredite. Um diesen Risiken vorzubauen, sei der Stärkungspakt wichtig, aber auch, dass die Bundeserstattung für die Kosten der Unterkunft erhöht würde. Eine Schuldentilgung durch Altschuldenfonds bedeute dagegen keine Verbesserung des Haushalts für mögliche Handlungsfelder. Nur jährliche Einsparungen führten zu einer strukturellen Verbesserung, Einmaleffekte nicht.
Weiterhin pocht Frank Mendack auf eine Ausweisung weiterer Gewerbeflächen: „Das muss Priorität haben.“ Dadurch würden mittelfristig auch wieder geringere Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer möglich. Daher werde er Mittel bereitstellen, um die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen und die erforderlichen Beschlüsse zu fassen: „Wir müssen auch mal Gewerbeflächen ausweisen gegen den Willen der Anwohner.“ Doch zunächst sei die Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 580 Prozent unerlässlich. Das sei 2013 so beschlossen worden.
Zankäpfel ÖPNV und VHS
Beim nächsten Zankapfel zeigte sich der Kämmerer ähnlich angriffslustig: „Ich möchte Sie bitten, noch einmal über den ÖPNV nachzudenken. Nur weil ein Vorschlag nicht mehrheitsfähig ist, ist er nicht per se schlecht.“ Er verglich die Zahlen für Mülheim mit der um etliches größeren Stadt Essen, die aber weitaus weniger Streckenlängen bei Bus und Bahn, auch viel weniger Haltestellen habe: „Wir müssen uns bekennen zum Einsparbeschluss von sieben Millionen Euro.“ Ohne dessen Konkretisierung werde es aber keine Genehmigung des Haushaltsplans 2019 geben. Unter vorläufiger Haushaltsführung dürfe es aber lediglich die Erfüllung von Pflichtaufgaben geben, die Stärkungspakthilfen flössen zunächst auch nicht. Letztlich drohten Ersatzbeschlüsse durch einen Beauftragten und damit der Verlust der kommunalen Selbstbestimmung. Zum ÖPNV müssten also die Fraktionen Rahmenbedingungen formulieren, aufgrund deren die Verwaltung eine neue Vorlage erstellen könne.
Eine VHS-Sanierung in der MÜGA würde dagegen eine Zusatzbelastung von 18 Millionen Euro bedeuten, dafür müssten andere dringend nötige Maßnahmen geschoben werden bei Schulen, Sport und Schwimmbädern. Er habe den Haushalt konservativ aufgestellt, so der Kämmerer, und rief den Stadtverordneten zu: „Ich hoffe auch Ihre Unterstützung für Mülheim.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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