CDU und Grüne setzen bei Kitas den Rotstift an - 500 Plätze des Trägers VKJ in Gefahr
Großes Sparen bei den Kleinsten
OB Marc Buchholz will seine angekündigten Sparziele erfüllen. Die sollen auch die Kindertagesstätten treffen und zwar so hart, dass der Essener Kita-Träger VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet, droht, sich aus Mülheim zurückzuziehen. Rund 500 Kita-Plätze sind in Gefahr.
Von Detlef Leweux
Die schwarz-grüne Ratskoalition plant bei den Zuschüssen für Kindertageseinrichtungen freier und kirchlicher Träger intensiv zu sparen. Bisher hatte die Stadt die Trägeranteile für Kitas zur Hälfte übernommen. Nach dem Sparplan, den Stadtkämmerer Frank Mendack berechnen sollte, soll dieser Anteil bis 2024 auf nur noch 25 Prozent fallen. So könnte die Stadt über 900.000 Euro einsparen.
Die Kürzungen sollen noch im Jugendhilfeausschuss (8.2.) vorgestellt und dann im Hauptausschuss am 19. Februar beschlossen werden. Der VKJ Ruhrgebiet hat seine Arbeit in Mülheim 2014 aufgenommen. Inzwischen betreibt der VKJ vier Kitas für über 300 Kinder in Mülheim und hatte eigentlich geplant, 2023/24 zwei weitere Einrichtungen, zum Beispiel in Dümpten, für mehr als 200 Kinder aufzubauen. Eigentlich..., denn das Sparvorhaben des OB bestürzt und verschreckt den renommierten Verein aus Essen.
VKJ-Geschäftsführerin Vera Hopp erklärt: "Für uns sind die Spielregeln seit 2014 klar. Die Stadt übernimmt 50 Prozent der Kita-Kosten, die anderen 50 Prozent der Trägeranteile müssen wir selbst erwirtschaften. Dieser Anteil soll laut Sparplan des OB auf 75 Prozent ansteigen. Das ist für uns unannehmbar."
Der VKJ setzt seit Jahrzehnten nicht nur auf die reine Verwahrung der Kita-Kids. Vera Hopp: "Viele der von uns betreuten Kinder brauchen auch große Unterstützung im sprachlichen und motopädischen Bereich. Um frühkindliche Entwicklungsdefizite aufzufangen, haben wir unsere Förder- und Bildungsprojekte SoNaRe, die Sprachförderung und das naturpädagogische Projekt VKJ-Erlebnisgarten trägerweit umgesetzt.
Frische Küche an jedem Standort
Auch unsere frische Küche an jedem Standort mit eigener Köchin oder Koch kommt nicht nur bei den Eltern gut an, sondern ist ein Alleinstellungsmerkmal für uns. Der Erfolg gibt uns recht, denn über 90 Prozent der von uns betreuten Kinder können dank früher Förderung eine Regelschule besuchen und gehen zum Ende der Kita-Zeit in eine Zukunft mit Chancengleichheit. Ohne unsere Qualitätsstandards, die bei den drohenden Kürzungen nicht mehr zu halten wären, gehen wir rund zwei Jahrzehnte zurück. Dann würde es für viele Kinder wieder heißen: Die Herkunft bestimmt die Zukunft."
Der VKJ-Vorsitzende Frank Müller weist darauf hin, dass enorme Mehrkosten in Mülheim auch die Einrichtungen in Essen gefährden könnten und man sich deshalb schweren Herzens aus Mülheim verabschieden müsse: "Als großer und anerkannter freier Kita-Träger fühlen wir uns aktuell in Mülheim nicht mehr willkommen. Zur letzten Videokonferenz zum Thema hat man vergessen - angeblich versehentlich - uns einzuladen. Oberbürgermeister Buchholz sollte als Jugenddezernent wissen, dass sein Sparplan kein verantwortungsvolles Handeln gegenüber den Kindern der Stadt wäre. Die Qualitätsstandards, auf die der VKJ bei der Kita-Arbeit setzt, sind nicht verhandelbar."
Zum Vergleich: Auch die hochverschuldete Nachbarstadt Essen muss sparen. Die schwarz-grüne Ratskoalition Essen will das aber nicht bei den Kitas tun. Während Mülheim demnächst also nur ein Viertel der Kitakosten übernehmen will, übernimmt Essen 90 Prozent.
Kathrin-Rosa Rose, Vorstandssprecherin Grüne Mülheim, kann den VKJ verstehen, erläutert aber die Mülheimer Situation: "Essen und Mülheim sind nicht zu vergleichen. Mülheim steht kurz vor einem Not-Haushalt und hat von der Bezirksregierung die klare Aufforderung erhalten, zu sparen. Und so wie das der Kämmerer berechnet hat, geht das eben leider vor allem bei den freiwilligen Leistungen der Stadt. Sie können sich vorstellen, wie schwer es uns Grünen fällt, nicht nur bei den Kita-Zuschüssen, sondern auch beim Offenen Ganztag den Rotstift anzusetzen. Nur: Wenn wir jetzt nicht handeln, wird uns die Bezirksregierung einen 'Spar-Kommissar' entsenden und dann wird es auch für die Kitas und den VKJ sicherlich nicht besser. Wir müssen also sparen, haben da auch ein ordentliches Paket von der vorherigen Mülheimer SPD-Regierung zu schultern, während die Genossen sich jetzt in der Rolle gefallen, alle Sparvorschläge abzulehnen. Einen konstruktiven Gegenvorschlag habe ich noch nicht vernommen. Jetzt stehen auf allen Seiten die Maximalforderungen im Raum. Welche Förderung brauche ich, was will die Stadt kürzen? Ich hoffe aber, dass wir uns in Gesprächen bis zur Entscheidung im Hauptausschuss Mitte Februar noch auf einen Mittelweg einigen können. Denn ganz klar schätzen auch wir die Arbeit des VKJ in unserer Stadt."
Autor:Markus Tillmann aus Essen-Kettwig |
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