Hilfe für Kommunen
Gemischte Gefühle zum Konjunkturpaket

Kämmerer Frank Mendack. | Foto: Walter Schernstein

Das jüngst durch die Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket zur Abfederung der Corona-Folgen wird seitens der Mülheimer Partei-Fraktionen zum großen Teil positiv gesehen, stößt aber in vielen Punkten auch auf Kritik. Denn für die NRW-Kommunen wie Mülheim bietet es zwar deutliche Entlastungen, aber der radikale Schuldenschnitt fehlt.

Was genau das neue Konjunkturpaket für Mülheimer Bürger bedeutet, lesen Sie hier.

Laut Stadtkämmerer Frank Mendack ist das Konjunkturpaket besonders aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Es unterstütze den Wirtschaftsstandort, die Familien, schaffe Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen und unterstütze die Kunstschaffenden.

Für die Städte sei es bedauerlich, dass es hinsichtlich der kommunalen Altschulden keine Lösung gegeben habe. Aus kommunaler Sicht besonders erfreulich sei allerdings, dass der Bund durch die teilweise Übernahme der Kosten der Unterkunft anerkannt hat, dass die Sozialausgaben ursächlich für die Verschuldung sind. Durch die erhöhte Übernahme der Kosten der Unterkunft wird der städtische Etat um rund 13 bis 15 Millionen Euro dauerhaft entlastet.

Hinsichtlich der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle durch das Konjunkturpaket bliebe abzuwarten, in welchem Umfang sich diese in den nächsten Jahren fortsetzen und dann ebenfalls negativ auf den städtischen Haushalt auswirken. Neben der Gewerbesteuer brechen außerdem auch die Gemeindeanteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer ein. Im Konjunkturpaket aufgeführte notwendige Maßnahmen wie steuerliche Verlustrückträge, Änderungen bei der degressiven Abschreibung und der begrenzten Reduzierung des Umsatzsteuersatzes werden sich ebenfalls einnahmereduzierend auswirken. Dazu kommen erhebliche pandemiebedingte Mehrausgaben. Ohne einen kommunalen Rettungsschirm durch das Land könne der zusätzliche Finanzaufwand nicht getragen werden, ohne Bürger zusätzlich zu belasten, fürchtet der Stadtkämmerer.

SPD vermisst 100-Prozent-Lösung

Die Mülheimer SPD-Fraktion sieht das neue Programm verhalten positiv. Potenzial für weitere Unterstützung bleibe allerdings reichlich. Der finanzpolitische Sprecher Frank Böhm erklärt: „Dass sich der Bund zur Übernahme von Sozialkosten entschieden hat, zeigt, dass man sich in Berlin durchaus bewusst ist, wo die Ursachen für die desolate Lage der Kommunen liegen. Daher ist besonders enttäuschend, dass die Hilfen nicht konsequent zu Ende gebracht wurden. So hätte eine zusätzliche Übernahme der Kassenkredite auch einen Effekt weit in die Zukunft gehabt. Die Ersparnis bei den Kosten der Unterkunft liegt zwar aktuell höher als die Zinsen für unsere Kassenkredite, sobald letztere aber wieder steigen, stehen die Städte endgültig mit dem Rücken zur Wand. Für den Bund wäre es vollkommen unproblematisch gewesen, endlich eine „100-Prozent-Lösung“ auf den Weg zu bringen. Die Situation ist günstig wie nie und wird sich wahrscheinlich so nicht wieder ergeben. Hier wird eine große Chance nicht genutzt!“

MIT begrüßt Konjunkturprogramm

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Mülheim begrüßt insbesondere die steuerlichen Maßnahmen und die Absenkung der Energiekosten. Hier fordert Krupp allerdings weitergehende Schritte: „Es wäre am besten, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz schnell ausläuft, um wirklich strukturell etwas zu verbessern.“ Positiv sei, dass trotz der sich abzeichnenden Defizite in den Sozialversicherungen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun wüssten, dass die Beiträge nicht steigen werden.Die MIT begrüßt außerdem, dass die MIT-Forderung einer deutlichen Verbesserung bei der steuerlichen Verlustverrechnung umgesetzt wird. „Das bringt unseren Unternehmen schnell Liquidität“, so Krupp. Krupp mahnt jedoch eine schnelle Umsetzung des Rettungsfonds an: „Der Rettungsfonds hilft gerade den mittelständischen Unternehmen mit großen Umsatzeinbrüchen. Wir müssen bei der Umsetzung auch darauf achten, dass größere Familienunternehmen bis 500 Mitarbeiter und auch mehrere Unternehmen eines Eigentümers vom Rettungsfonds profitieren.“

Vorteil für Städte mit schwacher Sozialstruktur

Die Partei die Grünen bezeichnen das neue Konjunkturpaket als ersten Ansatz. Sehr zugute kommen werde Mülheim die dauerhaft höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft für Empfänger von Sozialleistungen. Wie auch Kämmerer Frank Mendack sieht die Ratsfrau dies vor allem als Vorteil für Städte mit schwächerer Sozialstruktur.

Umgekehrt sei es in Sachen Teilkompensation der corona-bedingten Gewerbesteuerverluste für 2020. Hier profitierten vor allem Kommunen mit hohen Steuererträgen. Negativ verbuchen die Grünen das Ausbleiben jedweder Maßnahmen zur Entlastung finanzschwacher Kommunen von ihren drückenden Altschulden. „Hier hat Ministerpräsident Laschet als Sachwalter der Interessen notleidender NRW-Kommunen versagt“, erklärt Krumwiede-Steiner. Nun sei er in der Pflicht, ein Schuldentilgungsprogramm des Landes vorzulegen. Dass bei einem Investitionsvolumen von 130 Milliarden Euro keine Gelder für die notwendige Aufstockung der Hartz IV-Regelsätze übrig seien, stelle ein sozialpolitisches Armutszeugnis dar.

Autor:

Sibylle Brockschmidt aus Mülheim an der Ruhr

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