Frau fällt aus Straßenbahn
Den 18. Oktober des vergangenen Jahres wird Ursula K. nie wieder vergessen.
An jenem Dienstag will die 77-Jährige gegen 13 Uhr von der Haltestelle Stadtmitte in die Straßenbahn der Linie 104 einsteigen. „Ich öffne die Tür und reiche einer unbekannten Frau meine Gehhilfen. Als ich mit beiden Füßen auf der Stufe stehe, schließen sich plötzlich die Türen und die Bahn fährt an“, erklärt die Rentnerin gegenüber der MW. Sie sei aus der Tür gefallen und auf dem Pflaster gelandet, erinnert sich die 77-Jährige. Bei dem Sturz bricht sie sich den Oberschenkel und verletzt sich das Knie.
Nach dem Sturz habe die Bahn gestoppt, die Tür öffnet sich und die unbekannte Frau wirft die Gehhilfen aus der Straßenbahn. Dann fährt die Bahn davon. Zwei MVG-Mitarbeiter eilten ihr zu Hilfe und riefen einen Krankenwagen. Die Folge: Krankenhausaufenthalt und Reha. Erst in diesem Monat kehrte die ehemalige Skisportlerin in ihre Mülheimer Wohnung zurück.
Sie ist empört darüber, dass die MVG jedwede Schuld von sich weise. „Zu dem Fall von Frau K. können wir uns nicht äußern“, sagte MVG-Sprecher Nils Hoffmann. Er verwies auf das schwebende Verfahren. Ein Unfall sei aber immer ausgesprochen bedauerlich, sagt der Pressesprecher.
Drei Monate benötigte die 77-Jährige Ursula K. aus Mülheim, um nach einem Unfall mit der Linie 104 wieder etwas auf die Beine zu kommen.
„Generell kann ich dazu sagen, dass alle Straßenbahntüren dreifach gesichert sind“, erläutert MVG-Sprecher Nils Hoffmann. Wenn jemand auf dem Trittbrett stehe, könne die Tür sich nicht schließen. Zusätzlich verhindere eine Lichtschranke im Einstiegsbereich, dass die Türen schließen, solange sich jemand in diesem Bereich befinde. Außerdem seien in den Gummidichtungen der Türen Sensoren eingebaut, die auf Widerstand reagieren und die Türen sofort wieder öffnen würden. Solange die Türen nicht vollständig geschlossen seien, könne die Bahn nicht anfahren. „Der Fahrer kann erst starten, wenn alle Türen geschlossen sind.“ Doch ein Test der MW zeigt, dass sich die Türen durchaus schließen, obwohl man auf dem Trittbrett steht. Diese Sicherung scheint Schwachstellen zu haben, während die Sensoren in den Türen selbst funktionieren.
Der Fall von Frau K. ist allerdings kein Einzelfall. Gretel S. fragt sich seit längerem: „Was ist los bei der MVG?“ Auch sie nennt die Straßenbahnlinie 104, mit der Ursula K. ihre schlechte Erfahrung machte, und die Buslinie 124. „Sind die Fahrer auf der Avus ausgebildet worden? Man möchte es fast glauben.“ So sei in der 124 kürzlich eine Bekannte gestürzt, nachdem der Busfahrer nach einem Stopp Gas gegeben hatte.
„Wenn nicht ein junger Mann meine Bekannte aufgefangen hätte, wäre sie lang hingeschlagen“, schildert sie den Vorfall. Eine Prellung und ein blutender Riss an der Hand waren die Folge: „Wir haben drei Stunden im Krankenhaus gesessen.“ Als älterer Mensch müsse man ja Angst haben, allein Bus und Bahnen zu nutzen. Sie wünscht sich mehr Rücksicht von den Fahrern.
Doch auch die sind nicht zu beneiden. Denn die Technik spielt nicht immer mit. Die Straba 102 benötigte in der vergangenen Woche fast zehn Minuten von der Stadtmitte bis zum Hauptbahnhof. Permanente Notbremsungen zerrten deutlich hörbar an den Nerven der Fahrerin.
Auf Nachfrage der MW betont Hoffmann, dass Unfälle sehr selten passieren. „Bei 27 Millionen MVG-Fahrgästen im Jahr liegt das Unfallrisiko im unteren Promillebereich.“ Grundsätzlich sollten Menschen mit Handicap den Fahrer bitten, ihnen beim Einstieg zu helfen. Außerdem biete die MVG Seniorentrainings an, um das Umstellen vom Autofahren zum ÖPNV zu erleichtern.
Ursula K. ist damit nicht geholfen. „Es wäre schön, wenn die Dame, der ich meine Gehhilfen gegeben habe, sich bei der MW unter Tel. 4595833 melden könnte“, bittet sie.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
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