Erste vorläufige Bewertung des Fraktionsvorsitzenden der BAMH-Fraktion zum Bericht der OB zu seiner Affäre

Anders als in einem staatsanwaltlichen Verfahren hat der Oberbürgermeister aus Gründen der politischen Hygiene gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Mülheims, den Steuerzahlern, und gegenüber dem Rat als Kontrollorgan eine Bringschuld zu erfüllen. Dieser Verpflichtung ist der Oberbürgermeister bisher praktisch nicht nachgekommen. Die Berichtsvorlage und die Pressekonferenz haben mehr Fragen eröffnet als Antworten erbracht. Teilweise bleibt nur Unverständnis und Fassungslosigkeit. Es geht nämlich nicht ums „Kotelett zählen“, sondern um die rechtmäßige oder rechtswidrige Verwendung öffentlicher Mittel.
• Bewerbergespräche, die in einer Gaststätte durchgeführt werden, machen nicht nur auf den ersten Blick der Eindruck der Unseriosität.
• Ein Strategiegespräch zum Immobilienmarkt in einem öffentlichen Restaurant zu veranstalten, dürfte Zweifel an der Führungsqualität wecken.
• Mehrfach einen Personalberater einzuladen läßt die Frage offen, weshalb nicht auch der Personaldezernent der Stadt anwesend war und um welche möglichen Jobs es eigentlich gegangen sein könnte. Zudem müßten im Gegenzug auch Honorarrechnungen von dem „Personalberater“ gestellt worden sein. Hier ist der Kämmerer um weitere Aufklärung gefordert.
• Bei den behaupteten Gesprächen mit der Bezirksregierung wegen der Ruhrbahn war der zuständige Dezernent wohl offenbar auch nicht anwesend. Hier stellt sich die Frage, ob der Oberbürgermeister den Inhalt der Gespräche wenigstens in Vermerken festgehalten hat, die aktenkundig sind.
• Jubiliarehrungen in einer Gaststätte sind jedenfalls dem öffentlichen Dienst wesensfremd. Ein Fototermin in einer Gaststätte abzuhalten, erscheint ebenfalls fragwürdig.
Unabhängig von dem tatsächlichen oder angeblichen dienstlichen Bezug kommt es immer auch auf die Angemessenheit der Ausgabe im Verhältnis zum dienstlichen Zweck an. Ein „Kurzurlaub“ mit dem persönlichen Referenten in einem teuren Hotel gehört sicher nicht dazu.
Insgesamt ist die vom Rat geforderte Aufarbeitung bisher gänzlich mißlungen. Es bleiben zu viele schwarze Löcher. Unverständlich ist der Umstand, daß die Daten im digitalen Terminkalender nach sechs Monaten gelöscht werden. Mülheim hat eine Aktenordnung, die für print- und digitale Medien gilt. Ergänzend gibt es Empfehlungen der KGSt. Demnach gehören auch Terminkalender zu den aufzubewahrenden Aktenteilen. Die KGSt empfiehlt in einem Anhang die Aufbewahrung für fünf Jahre – ausdrücklich als Arbeitsnachweis. Nichts anderes wäre hier gewollt. Hier ist der IT-Dezernent gefordert, der erklären muß, welche Grundeinstellungen die Computer der Stadt haben und ob die Empfehlungen der KGSt in Mülheim aus welchem Grunde mißachtet werden.
Der Beweiswert der vom Oberbürgermeister erstellten Aufstellung ohne digitalen Ausdruck tendiert gen Null, weil er durch nachvollziehbare Fakten nicht belegt wird.
Man kann nur hoffen, daß der Oberbürgermeister jedenfalls wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat, denn ein OB, der wissentlich falsch vorträge, dürfte sowohl für die Stadtgesellschaft als auch für den Rat untragbar sein.

Autor:

jochen hartmann aus Mülheim an der Ruhr

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