Es gibt großen Ärger um OGS-Kürzungen
Eltern laufen Sturm

In Mülheim gibt es Proteste gegen Kürzungen im OGS-Bereich.
Foto: Archiv Lokalkompass
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Als im Dezember der Entwurf des städtischen Haushaltes für 2021 eingebracht wurde, hatte die Verwaltung mögliche Sparmaßnahmen aufgelistet. Besonders gegen den mit Abstand größten Posten, nämlich rigide Kürzungen im OGS-Bereich, gibt es erbitterten Widerstand. Eltern laufen Sturm.

Stadtkämmerer Frank Mendack hatte die Politik dazu aufgefordert, vier Millionen Euro einzusparen. Die Auflösung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business könne 150.000 Euro jährlich bringen. Auch in der Kita-Finanzierung wäre eine Reduzierung des städtischen Anteils um 900.000 Euro denkbar. Schließlich könnten die städtischen Zuschüsse zur Offenen Ganztagsschule um 50 Prozent gekürzt werden, was ein Sparvolumen von 2,43 Millionen Euro ausmache.

Zuletzt waren 2.410 der 6.168 Mülheimer Grund- und Förderschüler (bis 6. Schuljahr) in der Betreuung, das ist eine Quote von 39 Prozent. Die Stadt bezuschusste 2019 jeden OGS-Platz mit 1.941 Euro, Tendenz leicht steigend. Im Jahre 2025 soll der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Offenen Ganztag kommen.

OB mahnt zum Sparen

Angesichts einer Gesamtverschuldung von 2,1 Milliarden Euro hatte Oberbürgermeister Marc Buchholz aber angemahnt, zur Konsolidierung des Haushaltes bedürfe es unter anderem auch das Senken von Standards. Buchholz hatte klargestellt, das mache auch ihm keinen Spaß und er wisse genau, dass es Proteste nach sich ziehen werden. Die ließen in der Tat nicht lange auf sich warten.

Es wurde von unverantwortlichen Kürzungen gesprochen. Hier werde versucht, auf Kosten der kommenden Generation, deren Eltern und des OGS-Personals Haushaltslöcher zu stopfen. In der aktuellen Corona-Pandemie dürften keinesfalls kompetente Pädagogen durch ungeschultes, sprich billigeres, Personal ersetzt werden. Die bessere Ausstattung der Offenen Ganztagsschulen sei doch ein Aushängeschild der Kommune gewesen und die Verantwortlichen hätten sich damit gebrüstet. Der Vergleich mit anderen Städten sei schon deswegen irreführend, weil Mülheim die höchsten Elternbeiträge im Umfeld habe, die auch noch jährlich um drei Prozent stiegen.

Kürzungen inakzeptabel

Nun schrieben die Schulpflegschaften der Grundschulen an Oberbürgermeister und Ratsmitglieder. Der Kürzungsvorschlag sei absolut inakzeptabel, führe zu reihenweisen Entlassungen und Stundenkürzungen und bedeute einen massiven Qualitätsverlust. Die Mitarbeitern des Offenen Ganztags seien viel mehr als nur „Aufsichtspersonen“, nämlich absolut unverzichtbare Bezugspersonen und Ankerpunkte für die Kinder. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Situation seien Kürzungen im OGS-Bereich nicht verantwortbar: „Die Kinder sind durch Kontaktbeschränkungen, Schulschließungen und soziale Isolation mit die Hauptleidtragenden dieser Pandemie.“

Die Eltern gäben ihr Bestes, um ihren Kindern durch diese Zeit zu helfen:

„Wir zerreißen uns zwischen Arbeit, Homeschooling und Kinderbetreuung. Viele Familien sind inzwischen am Ende ihrer Kräfte.“

Obendrauf kämen steigende Elternbeiträge und massiv erhöhte Grundsteuern, jetzt sollten auch noch Kita- und OGS-Zuschüsse gekürzt werden:

„Wie viel wollen Sie den Familien in Mülheim noch zumuten? Wieso sollen nun ausgerechnet unsere Kinder ausbaden, was in den letzten Jahren von der Mülheimer Politik versäumt wurde?“

Vertrauen enttäuscht?

Dann wurden die Vertreter der Schulpflegschaften deutlich: „Wir haben Ihnen bei der Kommunalwahl unsere Stimmen gegeben in dem Vertrauen, dass Sie sich für die Familien in Mülheim einsetzen werden.“ Noch sei Zeit, Alternativvorschläge zu entwickeln:

„Wir fordern, dass die geplanten Kürzungen im OGS-Bereich abgelehnt werden.“

Auch die Koordinatoren von neun Mülheimer OGS-Standorten der Caritas Sozialdienste zeigten sich entsetzt über den Vorschlag des Kämmerers. Das sich „leider noch immer“ hartnäckig haltende Vorurteil, in der OGS werde nur gemalt und gespielt, werde tagtäglich vor Ort entkräftet. Immer stärker würden in den Schulen Vor- und Nachmittag inhaltlich miteinander verzahnt, um die Kinder individuell und zielführend zu fördern. Doch nun drohe ein Ausdünnen dieser Angebote. Dabei zeige die aktuelle Lage deutlich, wie wichtig es sei, die Familien zu unterstützen.
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag, Schritt für Schritt vorzugehen. Der städtische Zuschuss solle konstant auf dem heutigen Niveau bleiben, aber zukünftige OGS-Plätze über die Landesförderung und den Elternbeitrag finanziert werden.

Online-Petition

Auch im Bildungsausschuss wurde diskutiert. Die Vorsitzende Gabriele Hawig (SPD) berichtete, wie hoch die Wellen der Eltern-Proteste schlagen. Es wurde Rederecht erteilt an Birgit Asthoff. Die engagierte Mutter hatte stellvertretend für die Elternschaft der Grundschule am Klostermarkt eine Online-Petition gestartet und forderte in einer emotionalen Rede, dass das gut funktionierende OGS-System nicht „kaputtgespart“ werden dürfe. Die Mülheimer Familien hätten in den vergangenen Jahren schon genug zur Haushaltssanierung beigetragen und in Corona-Zeiten „eher eine Belohnung als eine Bestrafung“ verdient. Der Petition waren bis zum 4. Februar schon 4.441 Unterstützer beigetreten.

Das alles lässt die Politiker nicht kalt. Der Oberbürgermeister machte klar, wie groß der Druck sei auf die Stärkungspakt-Kommune Mülheim. Sichtbare Sparbemühungen müssten her. Die Partei- und Fraktionsspitzen von CDU und Grünen hatten bereits bei der Vorstellung des Kooperationsvertrages angedeutet, dass sie nach alternativen Einsparmöglichkeiten suchen. Die SPD kritisierte, die Stadtverwaltung solle erst einmal ihren pauschalen Kürzungsvorschlag konkretisieren. Man wolle genau wissen, worin sich das Mülheimer Modell inhaltlich und personell von den als Vergleich herangezogenen Städten Düsseldorf und Duisburg unterscheide.

Doch die Zeit wird knapp. Noch in diesem Monat soll der Haushalt 2021 verabschiedet werden. Spätestens am 19. Februar im Hauptausschuss muss eine Entscheidung her.

In Mülheim gibt es Proteste gegen Kürzungen im OGS-Bereich.
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Die grüne Hand ist das Logo zur Online-Petition.
Foto: Privat
Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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