Ein "kleines Rathaus" im Saarner Flüchtlingsdorf soll die Weichen von Anfang an auf Integration stellen
Wo ist das Sozialamt? Wo finde ich die Sozialagentur? Wie erreiche ich die Ausländerbehörde? Und was muss ich tun, um einen Sprachkurs oder eine Arbeitsgelegenheit zu bekommen? Mit diesen und ähnlichen Fragen werden die 72 haupt- und 260 ehrenamtlichen Mitarbeiter des DRK-Flüchtlingsdorfes, das zurzeit 540 Menschen beherbergt, täglich konfrontiert. Jetzt bekommen die Leute aus dem Camp des Roten Kreuzes Unterstützung aus dem Rathaus.
Seit drei Wochen sind Andrea Reuschel und Katrin Malzahn vom Kommunalen Sozialen Dienst und die beiden Integrationsfachkräfte, Claudia Jansen und Dieter Bramorski aus den Reihen der Sozialagentur vor Ort. Ihnen arbeitet aus dem U25-Haus der Casemanager Murat Özdemir zu. Zusammen sind sie, wie es Bramorski ausdrückt, „ein kleines Rathaus“. Noch ohne feste Büros, soll das kleine Rathaus-Team, demnächst auch verstärkt von Mitarbeitern der Agentur für Arbeit und der Ausländerbehörde, spätestens nach den Herbstferien im Haus 1 des DRK-Flüchtlingsdorfes ein gut ausgestattetes Arbeitsquartier beziehen. Für die Umbaumaßnahmen, mit der das DRK-Flüchtlingscamp an der Mintarder Straße, zur kommunalen Erstaufnahme- und Servicestelle werden soll, nimmt die Stadt rund 150.000 Euro in die Hand.
Potenziale nicht ungenutzt lassen
„Wir können es uns als Stadt nicht leisten, dass potenzielle Leistungsträger langfristig zu Leistungsempfängern werden“, erklärt Sozialdezernent Ulrich Ernst die Investions- und Umstrukturierungsentscheidung. Klaus Konietzka, der das Sozialamt und die Sozialagentur leitet, weist darauf hin: „Wir wissen, dass etwa 70 Prozent der Flüchtlinge, die heute zu uns kommen, länger und vielleicht auch für immer bei uns bleiben werden. Deshalb müssen wir schon heute ihre Integration in die Stadtgesellschaft gestalten.“
„Mit der neuen Servicestelle für Flüchtlinge werden die Wege für sie und auch für unsere Mitarbeiter kürzer“, freut sich der stellvertretende DRK-Vorsitzende Frank Langer. Die DRK-Sozialarbeiter Marc Grunenberg, Danny Prinz und Oliver Rudolph kümmern sich im Rahmen der neuen Erstaufnahmestelle um die erste Registrierung und Grundversorgung der neu ankommenden Flüchtlinge.
Die Idee, die hinter der neuen Service- und Aufnahmestelle für Flüchtlinge steht, ist eine möglichst frühe Weichenstellung für eine individuelle Integration. „Wir haben es hier zum Beispiel mit einem Hirten aus Eritrea zu tun, der erst mal alphabetisiert werden muss, aber auch mit einem syrischen Arzt, der dringend einen deutschen Sprachkurs für Mediziner braucht“, umreißt Claudia Janßen das Spektrum.
Zielgerichtete individuelle Förderung und Begleitung
Ein breites Instrumentarium aus kontinuierlicher Ansprache und Begleitung in allen sozialen Lebensfragen, kombiniert mit einer schnellen Profil- und Potenzial-Analyse der einzelnen Flüchtlinge bis hin zu ihrer gezielten Förderung, etwa mit Sprachkursen, Praktika, Arbeitsgelegenheiten und Bewerbungshilfen sollen eine möglichst schnelle soziale und berufliche Integration der Neuankömmlinge erreichen. Murat Özdemir schätzt den Zeitrahmen, der nach der Ankunft eines Flüchtlings dafür notwendig ist, auf eineinhalb bis zwei Jahre.
Sozialdezernent Ernst ist in diesem Zusammenhang froh darüber, dass die Zahl der neuankommenden Flüchtlinge in den letzten Monaten drastisch zurückgegangen ist und die Stadt bisher nur drei statt der ursprünglich acht geplanten Flüchtlingsunterkünfte einrichten muss, so dass die Kommune neuen finanziellen und personellen Spielraum gewonnen hat. Thomas Emons
Autor:Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr |
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