Im Stadtrat gab es überraschende Diskussionen
Dezernenten in der Kritik

Die städtischen Beigeordneten Dr. Daniela Grobe und David Lüngen gerieten in die Kritik.
Foto: PR-Fotografie Köhring
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  • Die städtischen Beigeordneten Dr. Daniela Grobe und David Lüngen gerieten in die Kritik.
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In der Sitzung des Mülheimer Stadtrates wurde nicht nur Felix Blasch zum neuen Beigeordneten gewählt, auch gerieten zwei seiner zukünftigen Kollegen und sein Vorgänger in überraschende Diskussionen. 

Zunächst hielt Frank Wagner vom Bürgerlichen Aufbruch der Gesundheitsdezernentin Dr. Daniela Grobe vor, in einem Schreiben habe sie Kinderimpfungen offensiv beworben und damit immensen Druck ausgeübt auf die Eltern. Da aber aktuell kein einziges Mülheimer Kind in einem Krankenhaus behandelt werden müsse wegen Corona, solle Daniela Grobe noch einmal in sich gehen: „Sind Sie sicher, dass Sie Werbung für Biontech / Pfizer machen dürfen? Würden Sie unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Stiko-Empfehlung weiterhin Werbung machen für Kinderimpfungen?“

Die so Getadelte antwortete, die Nachricht sei doch eine gute, dass kein Kind im Krankenhaus behandelt werden müsse wegen COVID 19. Allerdings müssten in den niedergelassen Praxen Fälle behandelt werden. Aktuell seien 120 Corona-Fälle in Grundschulen gemeldet, 79 in Kitas und 30 in weiterführenden Schulen. Dazu kämen weit über hundert noch unbestätigte Fälle. Ihr Schreiben sei nun wirklich keine „Werbung“ gewesen, sondern an Appell an Eltern, eine Impfung in Betracht zu ziehen. Und zwar nach eingehender Beratung mit den Ärzten ihres Vertrauens.

Der Eindruck sei falsch, den Wagner hier erwecken wolle: „Die Stiko schließt Impfen nicht aus. Impfen hilft, die Viruslast zu senken. So schützt man sich selbst und überträgt auch weniger.“ Auch heute sage sie: „Eine Impfung ist sinnvoll, auch bei Kindern.“ Der monierte Hinweis auf Corminaty sei übrigens nicht in ihrem Brief, sondern in einem erklärenden Anhang zu finden.

Der Ausstieg?

Dann geriet Jugenddezernent David Lüngen beim Thema personeller Rahmenbedingungen für die fünf städtischen Hortgruppen in den Fokus. Sie waren bisher mit jeweils zwei Erzieherinnen besetzt. Im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) sind aber nur eine Fachkraft und dazu eine sogenannte „Ergänzungskraft“ vorgesehen.

Auch in Anbetracht des derzeitigen Fachkräftemangels schlug die Verwaltung daher vor, ab dem Kindergartenjahr 2022/2023 fünf Fachkräfte durch fünf Ergänzungskräfte zu ersetzen. Da der durchschnittliche Aufwand für eine Fachkraft monatlich 4.950 Euro betrage, für eine Ergänzungskraft aber nur 4.467 Euro, ergebe sich eine dauerhafte Konsolidierung des städtischen Haushaltes in Höhe von jährlich 29.000 Euro.

Kritik kam von FDP-Mann Peter Beitz, der Qualitätsverluste bei der Betreuung befürchte. Lothar Reinhard vom MBI legte nach: „Das ist der Einstieg in den Ausstieg für die Horte. Dem können wir nicht zustimmen.“ Was Cevat Bicici von Wir aus Mülheim noch unterstrich. David Lüngen beeilte sich zu vermeiden, dass ein falscher Zungenschlag in die Diskussion käme. Hier gehe es keinesfalls darum, die Qualität des Personals zu reduzieren: „Wir werden weiterhin zwei qualifizierte Betreuende haben.“ Unterstützung kam von Heiko Hendriks (CDU), der da formulierte: „Es bleibt eine extrem gute Betreuung durch Fachkräfte. Die Horte werden nicht zu Grabe getragen.“ Dennoch verweigerten AfD, FDP, MBI, Die Partei und Fraktionslose ihre Zustimmung.

Natur erleben

Völlig unerwartet kam eine Attacke auf den scheidenden Umweltdezernenten Peter Vermeulen. Es ging um den „Naturerlebnisraum Peisberg“. Im hochverdichteten Stadtteil Eppinghofen soll Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zum Naturerleben und zur Naherholung geboten werden. Stahlkonstruktionen sollen als Eingangsportale dienen, eine Sitzgruppe aus Holzblöcken und Quadersteinen sowie ein Unterstand die Nutzbarkeit verbessern.

Das Projekt wird von zahlreichen Akteuren des Stadtteils wie der Grundschule am Dichterviertel und dem VJK-Kinderhaus Kleine Stifte mitgetragen. Es wird mit rund 200.000 Euro beziffert. Es handelt sich aber um eine Komplettförderung durch die Europäische Union, sodass die Stadt zur Umsetzung keine Eigenmittel aufbringen muss. Allerdings fallen Folgekosten für die Pflege der Grünanlagen und der Ausstattungselemente in Höhe von jährlich 14.000 Euro an.

Das liebe Geld

Was Joachim vom Berg (FDP) sauer aufstieß: „Wir versuchen hier künstlich darzustellen, was ohnehin natürlich gewachsen ist. Die Folgekosten belaufen sich für 25 Jahre auf 350.000 Euro, das ist viel Geld.“ Und das nur, um einen bestehenden Naturraum zu überplanen. Dann doch lieber von dem Geld einen richtigen Spielplatz bauen. Für die AfD hielt Alexander von Wrese fest, dass man nicht „grob fahrlässig“ die Folgekosten übersehen dürfe. Sein Parteifreund Dominic Fiedler störte sich an den Eingangsportalen: „Wie kann eine Stahlkonstruktion eine Spielfläche interessanter machen?“ Daniel Mühlenfeld von der SPD hielt seinen Vorrednern vor, aus purer Opposition so zu sprechen. Die Grüne Franziska Krumwiede-Steiner betonte: „Wir brauchen genau solche Projekte, die auch barrierearm sind.“

Peter Vermeulen erklärte, die Diskussion mache ihn sprachlos: „Wir leben in einem urbanem Raum, in einer gestalteten Welt. Mit ihrem Argument könnte man alles verwildern lassen.“ Es handle sich nun mal um einen verfüllten Abbruch, von dem man nicht genau wisse, mit was er verfüllt wurde: „Diese Brache verdient besondere Betrachtung. Wir haben da Altlasten zu versorgen.“ Man schaffe dort nicht nur für die Kinder etwas, sondern eine Grünanlage zur Naherholung fürs gesamte Quartier.

Was Cevat Bicici auf den Punkt brachte: „Wir sollten Natur so gestalten, dass sie tatsächlich erlebbar wird für Kinder. Das kann man nicht mit Geld abwägen.“ In der Pandemie sei doch deutlich geworden, wie wichtig solche Flächen sein: „Die 38 Euro am Tag sollten uns unsere Kinder wert sein.“ Die FDP enthielt sich, die AfD stimmte dagegen. Alle anderen Stadtverordneten waren für den „Naturerlebnisraum Peisberg“.

Die städtischen Beigeordneten Dr. Daniela Grobe und David Lüngen gerieten in die Kritik.
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Der scheidende Umweltdezernent Peter Vermeulen und sein Nachfolger Felix Blasch.
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Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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