Beim Mülheimer ÖPNV soll gespart werden - Bürgerversammlung und Demo am 13. Juni
Das gibt Ärger!
Am kommenden Dienstag tagt der Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität. Besonders ein Tagesordnungspunkt hat es in sich: Ein Bericht der Verwaltung zur „Liniennetzoptimierung“. Was alle Spatzen von den Dächern zwitschern: Es soll einen massiven Einschnitt in den Mülheimer ÖPNV geben.
Bis 2023 sollen im Nahverkehr jährlich sieben Millionen Euro eingespart werden. So beschlossen vom Stadtrat bei der Verabschiedung des Haushaltes. Auch wurde die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit der Ruhrbahn das Liniennetz komplett zu überarbeiten. Nun liegen der Politik diese Vorschläge vor. Da werde sich im neuen „Netz 23“ vieles ändern: Um bis zu 30 Prozent soll zukünftig beim Nahverkehr eingespart werden. Auf der langen Liste finden sich kräftige Streichungen, besonders im Schienenverkehr. Neben Streckenstilllegungen sollen auch Haltestellen wegfallen, darüber hinaus soll teilweise der Takt ausgedünnt werden. Vieles könnte durch Busse ersetzt werden.
Weg mit 104 und 901 -
stattdessen eine Metrobuslinie
Die Linie 901 solle auf Mülheimer Stadtgebiet vollends eingestellt werden. Der errechnete Einspareffekt mache etwa 2,4 Millionen Euro aus. Rund 1,5 Millionen Euro werde die komplette Streichung der Linie 104 vom Hauptfriedhof bis zum Abzweig Aktienstraße in Essen bringen. Eine Metrobuslinie quer durch Mülheim solle die Straßenbahnen 901 und den Nordast der 104 ersetzen. Im 15-Minuten-Takt geht es von der Duisburger Stadtgrenze über den Hauptbahnhof in Richtung Essen.
Rund 1,4 Millionen Euro würden gespart, wenn die Straßenbahnlinie 102 von Oberdümpten nur noch bis Broich Friedhof fährt und nicht mehr bis zum Uhlenhorst. Auf der verbliebenen Strecke sollen einige Haltestellen wegfallen.
Auch die Linie 112 soll nur noch bis zu einer neuen Endstelle Tilsiter Straße fahren. Ein Anschlussbus führe dann die Besucher zum Hauptfriedhof. Die Linie 122 vom Hauptbahnhof bis Stadtmitte Oberhausen soll ersetzt werden mit einer „Bedarfslinie“.
Weitere Linien sollen entfallen, teilweise werden sie durch andere Verbindungen abgedeckt. Die Buslinie 151 nach Kettwig wird wohl auch gestrichen und daher Ickten und Menden nicht mehr angefahren. Auch hier soll eine Bedarfslinie Ersatz bieten. Und auch die Linien 128, 134, 135, 136 sowie 138 sollen gänzlich entfallen.
Die U18 ist ein besonderer Fall. Hier soll sogar eine Verlängerung angedacht sein bis zur Hochschule Ruhr-West. Dafür aber werde in der Hauptverkehrszeit nur noch jede zweite U18 durch Mülheim fahren, da hier dem Essener Zehn-Minuten-Takt ein Mülheimer von 20 Minuten gegenüberstünde.
Einnahmeverluste?Zwei Variablen bleiben spannend: Den kalkulierten Einsparungen werden Einnahmeverluste gegenüber stehen, wenn das neue Netz für einen nicht genau zu benennenden Anteil der Fahrgäste zu unattraktiv wird. Wie viele Tickets würde die Ruhrbahn da weniger verkaufen? Kolportiert wird eine Einbuße von einer Million Euro im Jahr. Das muss eingepreist werden. Auch könnte die Streichung von Strecken dazu führen, dass die Stadt bereits erhaltene Fördergelder zurück zahlen muss. Da bleibt man aber vorsichtig zuversichtlich und setzt auf Mülheimer Verhandlungsgeschick.
Verdi ruft zur Demo
am 13. Juni auf
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. So pocht der Ruhrbahn-Betriebsratsvorsitzender Ahmet Avsar darauf, dass auf keinen Fall Jobs geopfert werden dürften. Unter dem Motto „Rettet den Mülheimer ÖPNV“ ruft die Gewerkschaft Verdi auf zu einer Demonstration, die am Donnerstag, 13. Juni, ab 15 Uhr auf dem Rathausmarkt starten soll. Am selben Tag wird eine Bürgerversammlung in Sachen ÖPNV stattfinden, bei der Bürger über die Netzpläne diskutieren und ihrerseits Vorschläge einbringen können. Am 27. Juni soll dann in der Ratssitzung über ein Papier mit möglichen Eckpunkten abgestimmt werden. Um die Jahreswende wird dann nach Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde ein Beschluss über den neuen Nahverkehrsplan gefasst.
Essen erwartet
"anschlussfähigen ÖPNV"
Die Ruhrbahn ist aber auch ein gemeinsames Unternehmen zweier Städte. In Essen wurde massive Kritik laut. Der dortige Ratsherr Rolf Fliß (Grüne) forderte sogar, die Zusammenarbeit wieder zu beenden: „Die einen wollen den Nahverkehr ausbauen, die anderen sparen sich zu Tode. Das passt nicht zusammen.“ Fliß sitzt im Aufsichtsrat der Ruhrbahn, wie auch Daniel Mühlenfeld. Der reagierte aufgebracht: Zu den finanziellen Zwängen sei eigentlich schon genug gesagt worden. Fliß habe aber mit seinen Aussagen einen zusätzlichen Nebenkriegsschauplatz eröffnet. Dem Essener stünde es besser zu Gesicht, sich mit wertenden Aussagen über finanziell weniger gut ausgestattete Partner zurückzuhalten.
Im 20-köpfigen Aufsichtsrat der Ruhrbahn finden sich neben Mühlenfeld noch zwei weitere Vertreter der Mülheimer Politik: Stadtverordneter Bernd Dickmann und Oberbürgermeister Ulrich Scholten. Kürzlich hatte der Stadtrat zwar dem OB empfohlen, zukünftig Kämmerer Frank Mendack in den Aufsichtsrat zu entsenden. Das unterließ Scholten aber. Der Kämmerer habe ein „einseitiges Konsolidierungsinteresse“ und dies laufe der Funktion eines Aufsichtsrates entgegen.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen erklärte dazu: „Die Bürger erwarten einen anschlussfähigen ÖPNV; dieses Angebot zu schaffen, ist unsere Verpflichtung. Die geplanten Kürzungen des Mobilitätsangebotes auf Mülheimer Stadtgebiet sind aus der Zeit gefallen. Daher werde ich in den nächsten Tagen mit Ulrich Scholten zusammenkommen und das weitere Vorgehen abstimmen." Da steht Ärger ins Haus...
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.