Chef der Agentur für Arbeit legt Arbeitsmarkt-Bilanz für 2016 vor: Mehr Beschäftigte, aber auch mehr Arbeitslose

Der Vorstandsvorsitzende der Agentur für arbeit, Jürgen Koch, und der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business, Jürgen Schnitzmeier, sind sich in vielen Punkten einig. Foto: Köhring
  • Der Vorstandsvorsitzende der Agentur für arbeit, Jürgen Koch, und der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business, Jürgen Schnitzmeier, sind sich in vielen Punkten einig. Foto: Köhring
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58.815 Mülheimer gingen 2016 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das waren 776 mehr als im Jahr davor. Im gleichen Zeitraum stieg aber auch die Zahl der Arbeitslosen um 140 Personen auf insgesamt 6956 Personen. 78 Prozent der Arbeitssuchenden ist länger als ein Jahr arbeitslos und damit auf Arbeitslosengeld 2 angewiesen. Das geht aus der Arbeitsmarkt-Bilanz hervor, die der Vorstandsvorsitzende der Agentur für Arbeit Jürgen Koch jetzt vorgelegt hat.

Koch und der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business, Jürgen Schnitzmeier sind sich angesichts der aktuellen Zahlen darüber einig, dass auch im neuen Jahr die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, die Konsolidierung des Ausbildungsmarktes, die berufliche Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen sowie die Sicherung von Industriearbeitsplätzen, aber auch die Schaffung neuer Dienstleistungs-Jobs, die wichtigsten Baustellen des lokalen Arbeitsmarktes darstellen.

Koch und Schnitzmeier sind sich angesichts der hohen Sockelarbeitslosigkeit darin einig, dass das Ruhrgebiet, wie andere strukturschwache Regionen, zum Beispiel Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, einen steuerfinanzierten sozialen Arbeitsmarkt braucht. Dieser soziale Arbeitsmarkt soll, wenn es nach Koch und Schnitzmeier geht, keine regulären Arbeitsplätze vernichten, sondern dafür sorgen, "dass öffentliche Arbeiten erledigt werden können, die jetzt nicht mehr erledigt werden."

"Gewehr bei Fuß" steht Koch bei der Arbeitsmarkt-Integration der Flüchtlinge, um "die Agentur für Arbeit und ihre Berater in die vorhanden kommunalen Strukturen einzuordnen."

Ausdrücklich begrüßt der Agenturchef die integrierte Arbeit von Sozialagentur, Sozialamt und dem Deutschen Roten Kreuz in der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge an der Mintarder Straße in Saarn. Er hätte sich allerdings einen früheren Start und die bis jetzt noch nicht vollzogene Integration der Agentur für Arbeit gewünscht. Dadurch hat die Stadt in Kochs Augen Chancen und Geldmittel verspielt, die aufgrund der fehlenden Kooperation und Koordination 2016 nicht in Mülheim, sondern in der Nachbarstadt Oberhausen investiert wurden.

Agentur wartet auf Zusammenarbeit

Laut Koch stehen für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen jährlich jeweils 500.000 Euro für beide Kommunen im Agenturbezirk Mülheim-Oberhausen zur Verfügung. Folge: In Mülheim und Oberhausen konnte die Agentur für Arbeit im Alleingang mit ihrem Integrationspunkt und einem Talentscout 37 Flüchtlinge in den ersten Arbeitsmarkt bringen. Der weitaus größte Teil dieser Flüchtlinge kam aus der Nachbarstadt Oberhausen, wo Agentur und Kommune an einem Strang zogen und offensichtlich auch Beitragsgelder der Bundesagentur für Arbeit nutzen konnten, die in Mülheim nicht investiert werden konnten

U25-Haus zahlt sich aus

Vergleichsweise gut steht Mülheim, auch aufgrund seines U25-Hauses, bei der Jugendarbeitslosigkeit da. 2016 waren 287 Mülheimer Jugendliche arbeitslos gemeldet.

Damit stieg die Zahl der arbeitssuchenden Jugendlichen in Mülheim nur um 9 Personen an und blieb damit faktisch stabil. 43,9 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen haben keinen Schulabschluss und müssen deshalb besonders intensiv betreut und begleitet werden. "Wir brauchen eine noch individuellere Förderung von Jugendlichen, die aufgrund des Abiturs in acht Schuljahren heute jünger und tendenziell deshalb auch weniger orientiert auf den Arbeitsmarkt kommen als früher", sagt Agenturchef Koch. Er wünscht sich, dass die positiven Ansätze, wie Praktika, Potenzialanalysen und Projektwochen noch ausgebaut und Praktiker aus der Wirtschaft früher und intensiver in den Lehrplan integriert werden. Ab 2018 möchte die Agentur für Arbeit auch eine Online-Beratung für Jugendliche und Schulabgänger anbieten, die sich auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zurechtfinden müssen.

Zahlen und Fakten

Die durchschnittliche Arbeitslosenquote in Mülheim lag 2016 bei 8,3 Prozent und damit um 0,1 Prozent höher, als im Vorjahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die von der Sozialagentur betreut werden, stieg im Vergleichszeitraum um 224 Personen. Im Jahresdurchschnitt waren 2016 3658 Mülheimer länger als ein Jahr arbeitslos. Das waren 239 Personen mehr, als im Jahr davor. Nachdem die Zahl der gemeldeten, offenen Stellen 2015 um 22,4 Prozent angestiegen war, ging ihre Zahl im abgelaufenen Jahr 2016 um 1,6 Prozent (74 Stellen) auf insgesamt 4553 offene Stellen zurück.Thomas Emons

Autor:

Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr

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