Frist abgelaufen - Stadt kann Familie nicht wie geplant ausweisen
Bulgarisches Ehepaar weist neue Arbeit nach
Die bulgarische Familie, deren 15-jähriger Sohn wegen der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau in Eppinghofen weiter in U-Haft sitzt, wird wohl doch erst einmal weiter in Mülheim leben. Praktisch am letzten Werktag vor Ende der Frist, zu der der Familie die Ausweisung drohte, legte die Ehefrau einen Arbeitsvertrag bei einer Essener Reinigungsfirma vor. Er umfasst 9,5 Wochenstunden im Rahmen eines 450-Euro-Vertrages.
Damit, so Stadtsprecher Volker Wiebels, sei der Stadt rechtlich die Hände gebunden. Denn das Freizügigkeitsgesetz der EU besagt, dass Bürger aus EU-Ländern, zu denen Bulgarien gehört, ein Aufenthaltsrecht genießen, wenn sie eine Arbeit vorweisen können. "Auch, wenn wir dabei die Faust in der Tasche ballen müssen", so Wiebels. Dabei ist es nicht einmal nötig, dass man mit dieser Arbeit den eigenen Unterhalt komplett sichert. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2010 besagt, dass 5,5 Wochenarbeitsstunden und 170 Euro Lohn im Monat ausreichend sein können.
Zusätzlich hat die Ehefrau angekündigt, dass auch ihr Mann ab dem 8. November einen Arbeitsvertrag vorlegen könnte.
Bei einer Überprüfung der Familien aller beteiligten Jugendlichen Anfang Juli hatte der Vater einen druckfrischen Arbeitsvertrag mit einem Imbiss vorgelegt. Die Stadt wartete einen Monat und stellte fest, dass der Mann die Arbeit offenbar nicht angetreten hatte. Daraufhin wurde das Ausweisungsverfahren in Gang gesetzt, das zunächst der Familie eine Frist von vier Wochen zur Anhörung einräumte. Diese Frist ließ die Familie verstreichen, sie lief am 23. September aus. Aus ihrer Wohnung in Styrum war sie zu dem Zeitpunkt bereits ausgezogen. Wie sich jetzt herausstellte, lebte sie vorübergehend bei Verwandten, und hat nun wohl eine Wohnung in Eppinghofen in Aussicht.
Ältere Schwester ist ausgereist
Nachdem die Anhörungsfrist verstrichen war, folgte die nächste Fristsetzung, bis wann die Familie das Land verlassen sollte. Die ältere Schwester des Jugendlichen ist zu Anfang des Verfahrens mit ihrem Kind freiwillig ausgereist, es blieben noch die Eltern des in Haft sitzenden Jugendlichen.
Diese letzte Frist bis zur Ausweisung nutzte die Frau, um sich einen neuen Arbeitsplatz suchen. Damit muss die Stadt nach dem EU-Freizügigkeitsgesetz dem Ehepaar weiterhin den Aufenthalt in Mülheim erlauben, auch wenn ein 450-Euro-Job nicht für den eigenen Unterhalt reicht und noch Transferleistungen bezogen werden müssen.
Die Stadt will das Ehepaar allerdings im Auge behalten. "Wir haben bereits den neuen Arbeitgeber angeschrieben und uns bestätigen lassen, dass die Frau dort arbeitet. Wir werden auch den Gehaltszettel anfordern, um sicherzugehen, dass sie nicht direkt wieder aufhört." In den nächsten Monaten soll der Arbeitstatus weiter kontrolliert werden, einen neuen Mietvertrag will sich die Stadt auch vorlegen lassen um zu verhindern, dass sie ein weiteres Mal vorgeführt wird.
Neu zugezogene EU-Bürger
werden sofort angeschrieben
Eine Lehre aus diesem Fall hat die Stadtverwaltung bereits gezogen. Jeder EU-Bürger, der neu nach Mülheim zieht, wird nun in einem Schreiben willkommen geheißen, aber gleichzeitig aufgefordert, innerhalb von drei Monaten einen Arbeitsnachweis vorzulegen. In Mülheim leben zurzeit circa 4000 EU-Bürger, darunter rund 800 Bulgaren und Rumänen. Auch deren Status wird nach und nach geprüft, so schnell das von der Personalbesetzung her möglich ist.
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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