BAMH : Wer an diesen Haushalt glaubt, geht auch mit einem 1/2 Hahn zum Tierarzt

Rede des BAMH-Fraktionsvorsitzenden zum Etat 2018 der Stadt Mülheim an der Ruhr
Eine Etatdebatte dient der Generalabrechnung mit der Arbeit der Stadtregierung im abgelaufenen Jahr und sollte einen Blick in die Zukunft werfen.
Vorab zwei Punkte zur Rede von Herrn Spliethoff:
Tun Sie nicht so, als sei die Fusion des ÖPNV allein Ihr Verdienst. Alle Fraktionen und Gruppen haben konstruktiv mitgewirkt, wenn auch unsere Zweifel zur „Augenhöhe“ und Einspareffekten bleiben. Die Probleme brachten Ihre SPD-Leute, Stichwort : Chefgehälter überhöht und Wegnahme der Personalverantwortung von Mülheim nach Essen.
Und verstehe ich Sie jetzt richtig? Sie wollen den Etat ablehnen? Wie peinlich ist das denn? Seit Wochen führen Sie keine ernsthaften Gespräche mit den anderen Fraktionen und bezichtigen uns dennoch der Verantwortungslosigkeit. Und dann so etwas = Sie schlagen sich in die Büsche – wie bei den GPA Entscheidungen.
Die BAMH-Fraktion als konstruktive Opposition
Die BAMH-Fraktion macht keine Fundamentalopposition . Unsere Entscheidungen sind allein der Sache geschuldet. Darauf haben die Mülheimerinnen und Mülheimer einen Anspruch. Das haben wird auch unter Beweis gestellt durch Anträge, die zielführend sind und vor allem rechtzeitig gestellt wurden, damit alle Ratsmitglieder sich in Ruhe damit beschäftigen konnten.
Mit dem neuen Kämmerer scheint auch ein neuer Umgang in die Arbeit des Rates einzukehren. Das lobe ich ausdrücklich. Wir erkennen an,, daß der Kämmerer sich seit seinem Amtsantritt zumindest in Ansätzen darum bemüht hat, ein wenig Ordnung in das finanzielle Chaos seiner sozialdemokratischen Vorgänger, Stichwort beispielhaft „Zinswette“ zu bringen. Das reicht aber nicht, die notwendige finanzpolitische Wende auch nur einzuleiten. Daher können wir diesem Haushalt so nicht zustimmen.
Der Oberbürgermeister läßt die Zügel schleifen
Wir danken auch dem Oberbürgermeister für die faire Art der Verhandlungsführung im Rat.
Aber: Ich hätte mir auch von dem Herrn Oberbürgermeister in der Sache mehr versprochen. Aus unserer Sicht hat er die Zügel zu oft schleifen lassen.
• Konkret geht es beispielsweise um die Erschließung von Gewerbegebieten;
• Konkret geht es um den vertrauensvollen Kontakt zu den in Mülheim ansässigen Unternehmen;
• Konkret geht es um die richtige Einschätzung von Wertigkeiten;
• Konkret geht es darum, einem Mitglied des Verwaltungsvorstandes ggf. rechtzeitig seine Grenzen aufzuzeigen,
In diesem Zusammenhang muß der Name „Lindgens“ fallen. Und damit auch der Name des Honorarprofessors Vermeulen, den der Leserbeirat Heinz Sprenger in der WAZ mit Kasimir Blaumilch verglichen hat, frei nach Kishon.
Es ist richtig, daß Sie, Herr Oberbürgermeister, dieses wichtige Projekt jetzt an sich gezogen und zur Chefsache gemacht haben. Damit stehen Sie natürlich auch in der Verantwortung und sind zum Erfolg verdammt.
Es war auch richtig und notwendig, dem Planungsdezernenten auf die Füsse zu treten und ihn praktisch unter Zwangsverwaltung zu stellen.
Es kann doch nicht sein, dass der Fortgang einer so wichtigen Planungsallein davon abhängig gemacht wird, dass die Investoren vor dem Planungsdezernenten einen Kotau machen.

Wenn das Schule machte, würde Mülheim eine Investitionswüste werden.

Ihnen , Herr Oberbürgermeister, kann ich dennoch einen Vorwurf nicht ersparen: Sie haben die Dinge viel zu lange laufen lassen.
Während in Essen Facebook ein großes Löschzentrum einrichtet und in Oberhausen ein gigantisches Logistikzentrum für EDEKA mit mehr als 1.000 Arbeitsplätzen auf den Weg gebracht wurde, passiert in Mülheim - nichts.
Glücklicherweise haben bisher „nur“ die lokalen Medien diesen Skandal um das „Projekt Lindgens“ aufgegriffen.
Ein solcher Umgang mit der Wirtschaft und Investoren wäre insbesondere für Auswärtige ein verheerendes Zeichen.
In diesem Kontext muß auch die Behauptung des Planungsdezernenten Honorarprofessor Vermeulen gesehen werden, wonach es in Mülheim ausreichend Gewerbeflächen gebe. Die Tatsachen sprechen wohl eine andere Sprache. Der Planungsdezernent wird durch die Wirtschaftsförderung widerlegt.
Die Wirtschaftsförderung stellt nämlich fest: Im großflächigen Bereich gibt es noch ganze drei, ich wiederhole!, drei städtische Gewerbegebiete mit einer Gesamtfläche von rund 50.000qm. Daneben gibt es noch kleinteilige Büroflächen, Hallen und Gewerbeimmobilien.
Die BAMH-Fraktion will ein investitionsfreundliches Mülheim. Wir wollen die Wirtschaft in Mülheim zukunftsfähig halten. Natürlich auch mit Eigennutz: denn eine bilanziell überschuldete Stadt braucht dringend mehr Gewerbesteuereinnahmen.
Für die BAMH – Fraktion bedeutet das beispielsweise auch : „weniger Stadtbalkon und mehr Styrumer Tangente“.
Die Tangente ist praktisch eine „Frischluftschneise“ für die Mülheimer Wirtschaftsförderung.
Da macht man sich keinen Kopf über ein Hochhaus an der Adenauerbrücke, sondern man kümmert sich zunächst darum, dass hier ein neues Gewerbegebiet für Mülheim aufgeschlossen werden kann. First comes first.

Hierzu haben wir ja als einzige Fraktion einen Antrag eingebracht, um endlich den Einstieg zu wagen.
DAS ist ein echter Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, der in die Zukunft reicht. Es handelt sich um einen Vorschlag zur langfristigen Konsolidierung des Haushalts des Stadt. Das sollte die SPD-allen voran Herr Böhm – zur Kenntnis nehmen.
Der Kollege Dr. Fritz erinnert sich noch gut an die letzte Sitzung des Finanzausschusses. Da hatten die Fraktionsmitglieder der SPD offenkundig Probleme damit, die Vorschläge anderer Fraktionen anerzuerkennen und in ihrem Gedächtnis zu speichern.
Herr Spliethoff hat in seiner Rede die Bedeutung der Tangente dargelegt. Richtig, aber einen Antrag hat die SPD hierzu nicht gestellt.
Und während bei Lindgens aus offenkundig sachwidrigen Erwägungen immer neue Probleme aufgebauscht wurden , werden auf der anderen Seite Freiflächen zubetoniert, beispielsweise an der Parsevalstraße und an der Tinkrathstraße.
Überbordende Flüchtlingskosten belasten den Haushalt:
Beim Sozialdezernenten sieht es auch nicht besser aus.
Jetzt fordert er weitere 17,5 neue Stellen für die Flüchtlingsbetreuung. Noch im April hatte er behauptet, durch den Umbau der beiden Flüchtlingsdörfer und die Erziehung zur Selbständigkeit der Flüchtlinge Millionen einsparen zu können. Tatsächlich kosten diese Stellen allein schätzungsweise 900.000€ und mindern damit das behauptete Einsparpotential.
Deshalb rufen wir dem Sozialdezernenten Ernst ein völlig ernst gemeintes „ Nein, so nicht“ entgegen.
Und lieber Herr Mendack, Sie schüren die Angst um den Sparkommissar, Sie fordern den Rat zu konsequentem Sparen auf. Weshalb sind Sie dann diesen unverschämt hohen Personalforderungen nicht massiv und rechtzeitig entgegengetreten?
Großes Theater um das Theater an der Ruhr
In einer in Milliardenhöhe verschuldeten Stadt muß auch die Kultur ihren Konsolidierungsbeitrag leisten. Der Kulturausschuß hat „Essentials“ festgelegt, die natürlich auch von uns nicht angetastet werden sollen. Das Theater an der Ruhr gehörte hierzu allerdings nicht.
Wir wollen den stark subventionierten Theaterbetrieb, der der Öffentlichkeit nicht (mehr ) zu vermitteln ist, auf das notwendige Maß zurückführen.
• Die Zuschüsse für das Theater an der Ruhr sind im Zeitraum 2013 – 2016 von 2,6 Millionen auf über 3 Millionen € gestiegen.
• Ferner leistet sich das TAR zwei Geschäftsführer und einen künstlerischer Leiter, die mit über 300.000,00 € etatisiert sind.
Das Theater ist eine freiwiliige Aufgaben der Gemeinde, das seinen selbstdefinierten Unternehmenszweck, nämlich für alle Bevölkerungsschichten Theater zu machen weitgehend verfehlt.Die Veraltung versucht es, mit ihrer Stellungnahme schönzureden. Aber: Es ist und bleibt ein elitäres Nischentheater. Das kann man sich leisten, wenn man es sich leisten kann. Für Mülheim gilt das nicht. Deshalb sind wir gegen eine weitere Subventionierung in der bisherigen Höhe.
Wir wollen das TAR aber nicht schließen, aber es sollte ökonomisch auf eigenen Füßen stehen. Mehr Markt und weniger Subvention, lautet das Motto.
In diesem Zusammenhang, Herr Mendack, gilt Ihr Satz, in Mülheim sei das Sparen noch nicht angekommen, mit voller Wucht. Vielleicht sollten Sie sich hierüber mal mit Frau Wietelmann unterhalten, die unseren Fraktionskollegen Hötger in übler Weise angegangen ist.
Wir unterhalten uns beim GPA über ein paar Tausend Euro. Hier geht es um ein Millionen Sparvolumen, das nur eine geringe Zahl von Mülheimern schwer betreffen würden.
Kinder sind unsere Zukunft- wir wollen das familienfreundliche Mülheim
Sparwillen zeigt die Verwaltung stattdessen, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht. Seit vielen Jahren zieht sie praktisch unverändert ihre Vorlage zu den Elternbeiträgen.
Kinder sind unsere Zukunft. Diese Verwaltungsvorlage aber verweigerte sich dieser Zukunft.
Deshalb haben wir das Erforderliche veranlaßt und mit der notwendigen Mehrheit gestern gemeinsam mit der CDU und anderen durchgesetzt.
Die BAMH – Fraktion hat schon in ihrem Arbeitsprogramm, den „Sechs Richtigen für Mülheim“, Familien- und Kinderförderung in den Vordergrund gerückt.
Die Altparteien in Bund und Land rennen in den Wahlkämpfen über die Plätze und verkünden, was sie alles für die Familie und die Kinder tun wollen. Getan wird aber wenig.
Mit unserem Antrag wollen wir im Rahmen des kommunal Möglichen den Einstieg in den Ausstieg aus der Kostenbeteiligung der Eltern einleiten.
Mehr Ordnung geht in Ordnung
Ich komme jetzt zur Ordnungsverwaltung.
Die rechtswidrige Öffnung der Grenzen 2015 und der zeitweilig bestehende Kontrollverlust des Staates haben Deutschland und damit auch Mülheim vor große soziale, finanzielle und sicherheitspolitische Probleme gestellt. Wir sehen dies auch täglich, wenn wir durch unsere Stadt gehen. In unsere Geschäftsstelle kommen Mülheimer die sagen, DAS ist nicht mehr meine Stadt. Der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen hat kürzlich gesagt: „Deutschland muß Deutschland bleiben.“ Und ich ergänze: „ Mülheim muß Mülheim bleiben“. In ähnlicher Weise hat sich der Grüne Boris Palmer noch am Montag im TV geäußert.
In der Innenstadt hat sich im Sommer eine Trinkerszene vor allem im Bereich des Schumacher-Platzes etabliert, die es einzudämmen gilt. Leider hat man unseren Vorschlag nach einem Alkoholverbot für konkret zu benennende Teile der Innenstadt nicht weiter verfolgt. Da hätte ich mir vom Stadtdirektor mehr Mut erhofft. In anderen Städten funktioniert es nämlich ausgezeichnet. Ein solches Verbot liegt im Interesse der Einkaufenden und damit auch der Einzelhändler. Wir vergessen nicht, mit welchen Problemen die Innenstadt zu kämpfen hat.
Andererseits hat der Stadtdirektor mit der Neuaufstellung des Ordnungsdienstes in der Stadt einen wichtigen Schritt zur Effektivitätssteigerung getan. Dafür sagen wir ihm und dem Amtsleiter Otto unser herzlicher Dank und die weitere Unterstützung zu. Hier sind zusätzlichen Stellen gut angelegt.
Sicherheit ist ein soziales Grundrecht. Die Bürgerinnen und Bürger müssen zu jeder Zeit und an jedem Ort sicher in unserer Stadt leben können. Hier werden uns die Bürger immer zuverlässig an ihrer Seite sehen. Wie sagte noch der OB in der Zeitung: Wenn ich an einer Ecke was auf die Jacke kriege, dann nutzt mir eine Statistik wenig.
Wir begrüßen daher auch die Ruhrbania-Stadtwache, die hoffentlich bald ihren Betrieb aufnehmen wird. Und wir wollen, daß auch die Ordnungspartnerschaft mit der Polizei verstärkt wird.

„Lebensschutz geht vor Theaterplatz“
Gerade in einer alternden Stadtgesellschaft ist Gesundheitsschutz ein zentrales Thema. Deshalb haben wir den Antrag eingebracht, die Mobilen Retter auch in Mülheim zu etablieren. Die Feuerwehr hat es in der Diskussion im BSO seinerzeit auch ausdrücklich unterstützt. Und zur Finanzierung: Wir sagen: Lebensschutz geht vor Theaterplatz!.
Zu guter Letzt:
So meine Damen und Herren,
Sie sehen: Wenig ist gut in Mülheim an der Ruhr. Und das gilt für die Arbeit des Verwaltungsvorstandes und auch für den Etat.
Wir vermögen die erforderliche Wende in Richtung Konsolidierung bisher nicht zu erkennen.
Mit den verwaltungsseitig vorgeschlagenen Maßnahmen werden unserer Auffassung die erhofften Konsolidierungsziele nicht zu erreichen sein. Und damit erreicht dieser Entwurf auch nicht ein Stück Generationengerechtigkeit. Es kann und darf nicht sein, daß unsere Kinder von uns nur eines erben, nämlich Schulden in Milliardenhöhe.
Wer an die Zukunftsfähigkeit dieses Haushalts glaubt, der geht auch mit einem halben Hähnchen zum Tierarzt.
Und weil wir Realisten sind, werden die BAMH-Fraktion und ihr Hospitant Dr. Fritz auch in diesem Jahr dem Etat nicht zustimmen.

Autor:

Jochen Hartmann aus Mülheim an der Ruhr

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