Jury krönte Siegerentwurf für die Parkstadt Mülheim
Arbeiten, Wohnen und Leben
Der Startschuss ist gefallen für die Entwicklung der rund 13,4 Hektar großen ehemaligen Zentrale des Unternehmensgruppe Tengelmann zu einem gemischt genutzten Quartier für Wohnungen, Gewerbe, Büro, Gastronomie, Bildung und Kultur.
In dem vom Projektentwickler Soravia und der Stadt Mülheim initiierten städtebaulichen Wettbewerb wählte die Jury aus zehn Entwürfen aus, die namhafte Architektenteams aus ganz Europa eingereicht hatten. Einstimmig wurde für das Wiener Kooperationsprojekt des Architekturbüros StudioVlayStreeruwitz mit dem Landschaftsplanungsbüro PlanSinn plädiert.
Prof. Kunibert Wachten saß der Jury vor: „Der Standort ist ein Geschenk. Wo hat man noch solche Flächen? Hier kommt ja noch ein historisches Kapital hinzu. Das grandiose Gebäude erzählt von Mülheimer Geschichte. Dazu der gigantische Baumbestand. Ein respektvoller Umgang zieht sich durch das Konzept des Siegerteams. Man rückt ab vom Bestandsgebäude, lässt ihm Luft, und in der Mitte entsteht ein riesiger See.“ Dieser spiele als Retentionsbecken eine große Rolle beim Wassermanagement und habe entscheidende ökologische Funktion. Der Altbaumbestand biete den immer wichtiger werdenden Schatten. Der Entwurf biete flexible Gebäude an, deren Offenheit in der Baustruktur zukunftsfähig sei.
Mutiger Vorschlag
Manchmal läuft es halt. Oberbürgermeister Marc Buchholz kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus: „Während der finalen Jurysitzung haben wir vom Chemie-Nobelpreis für Benjamin List erfahren. Das hat uns beflügelt. Und dann konnten wir auch noch solch einen mutigen Vorschlag als Sieger küren. Nun werden wir gut gelaunt zur EXPO REAL nach München fahren, um dort auch mit der Parkstadt für Mülheim zu werben.“
Unternehmer Erwin Soravia frohlockte: „So ein Gebiet ist etwas besonders. Unsere Vorgaben bezüglich Ökologie, Bodenentsiegelung, Baumbestand und Infrastruktur waren in alle Projekte eingearbeitet. Von daher fiel die Entscheidung gar nicht leicht. Letztlich gab es Einstimmigkeit, auch Zuspruch der drei großen Ratsfraktionen. Wir haben die Absicht, ein ökologisch-soziales Musterprojekt zu bauen. Da ist die Stadt Mülheim ein super Gegenüber. Wir sind stolz, dass wir das jetzt hier machen dürfen.“
Das Konzept bildet die Grundlage für die schrittweise Weiterentwicklung des ehemaligen Industrieareals in den nächsten zehn bis 15 Jahren. Architekt Bernd Vlay vom Siegerteam fand große Worte: „Dieser Ort hat Kraft, er hat Potenzial. Ein fantastisches Erbe. Mit unserem umfassenden Konzept zur Neugestaltung wollen wir dem Projekt neue Strahlkraft über die Grenzen der Stadt Mülheim hinaus verleihen.“ Die Parkstadt solle nach außen ein „freundliches Gesicht“ zeigen.
Doppelt so viele Bäume
Zentraler Kniff der Lösung sei es, die Neubebauung vom schmunzelnd „Schloss der Arbeit“ genannten Hauptgebäude wegzuschieben und in der entstehenden Lücke einen 6.000 Quadratmeter großen See zu schaffen. Die Parkplätze verschwinden genauso wie das Technikum, die Autos werden unterirdisch einquartiert. Das alte Kesselhaus des früheren Schlachthofs aus dem Jahr 1912 soll stehen bleiben. Landschaftsarchitekt Erik Meinharter von PlanSinn ergänzte, die Zahl der Bäume werde unterm Strich verdoppelt werden.
Der zeitliche Ablauf sei grob skizziert, so Erwin Soravia: „Wir wollen das Herzstück des Vorhabens mit Park, See und Gastro gleich am Anfang umsetzen. Damit man bereits spürt, was die Parkstadt ist.“ 18.000 Quadratmeter an neu vermieteter Büro- und Gewerbefläche zeigten die hohe Attraktivität, weitere 47.000 Quadratmeter Fläche stünden noch zur Verfügung. Da die Baufelder am Rand sich an der bestehenden Bebauung orientierten, könnten auch sie schnell realisiert werden. Realistischer Baubeginn in der zweiten Jahreshälfte 2023.
Vielleicht eine Schule?
Für die Wohnbebauung mit den höheren Gebäuden werde es ein großes B-Plan-Verfahren geben müssen, das dauere erfahrungsgemäß. Dort seien übrigens Höhe und Dichte der Bebauung noch nicht genau definiert. Schon daher sei noch nicht festzulegen, wie viel an Wohnraum letztlich geschaffen werde. Im Westen des Areals sei eine neu zu bauende weiterführende Schule mit bis zu 17.000 Quadratmetern Fläche denkbar. Eine Kindertagesstätte ist geplant. Die ansässige Hochschule Ruhr West habe die Möglichkeit, ihre Räumlichkeiten zu erweitern.
Marc Buchholz ergänzte: „Die zwei starken Substantive PARK und STADT sind miteinander kombiniert. Arbeiten, Wohnen und Leben sollen sich verbinden. So werden die topaktuellen Themen Mobilitätswende, Work-Life-Balance und Natur aufgenommen. Jetzt bin ich gespannt auf das weitere Verfahren.“ Und dann kam der oberste Wirtschaftsförderer im OB durch: „Vielleicht möchte ein großes Unternehmen mit seiner Hauptverwaltung nach Mülheim kommen.“
Ausstellung der Pläne
Die ehemals „verbotene Stadt“ soll sich öffnen, die Anwohner sich die 27.000 Quadratmeter umfassenden Parkflächen „erobern“ können, die Mauer geöffnet werden und Durchgänge bieten. Interessierte Bürger können sich ein Bild machen von den Bebauungsplänen. Im Rahmen einer Ausstellung können am 18., 20. und 22. Oktober von 16 bis 18.30 Uhr alle Wettbewerbs-Entwürfe eingesehen werden. Der Eingang zum Casino der Parkstadt findet sich direkt gegenüber dem Technikum.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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