Tomatenkrankheiten: So klappt die Zucht (nicht)
Tomatenlust und Gärtnerfrust

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Liebe Leute,

Ich will Euch mal wieder einen vom Gärtnern erzählen!

Da schreckt schon gleich der 1. Satz ab - stimmt’s?
Mich auch. Handelt sich nicht um meine Kernkompetenz.

Nichtsdestotrotz machen wir seit Jahren in Tomaten. Im ersten Jahr dermaßen erfolgreich – meine Urlaubsvertretung versorgte die halbe Nachbarschaft.

Im Jahr darauf lief die Zucht genauso grandios, allerdings ging es mir zunehmend auf den Sack, dass sich wegen der riesengroßen Pflanzen ab Ende Juli die Markise nicht mehr schließen ließ. Vor allem zur Mittagszeit nervte die verdammte Hitze!

Also beratschlagten mein Mann und ich über einen alternativen Standort für die roten Schätze.

Und damit ging die Kacke eigentlich los ... 

Im Frühjahr '21 zogen zarte Jungpflanzen ganz nach hinten unters Dach vom Holzstapel. Dort waren sie so weit ab vom Schuss: Ich vergaß, sie zu gießen. Aus den Augen, aus dem Sinn - leider nahmen sie das krumm.

Meine Leute ebenfalls und ich versprach, mich fürs Jahr '22 zu bessern. Täglich mit der Kanne nach hinten zu latschen, das Versorgen in die Morgenroutine einzubauen, wie Vögel füttern: Das klappte schließlich auch. 

Weil ich aber aufgrund der Schelte und der Missernte besonders motiviert war, beschloss ich: Ab jetzt züchte ich alles selber!

Schön aus winzigen Samenkörnern - von Anfang an dabei sein! -
da kriegt man einen ganz anderen Bezug!

Zwecks des Eisprungs befragte ich das Internet. Bei zu früher Aussaat bestünde die Gefahr, dass sie vergeilen.

Vergeilen? Hilfe!

Ich wühlte abermals im Netz und erfuhr, dass es sich dabei keineswegs um einen anrüchigen Zustand handelte, sondern dass man das bei Pflanzen so nennt, wenn es zu dunkel ist. Sie suchen dann mit lange, dünnen Triebe nach der Sonne, deswegen sei es ratsam, erst Anfang März zu säen.

Um auf Nummer Sicher zu gehen, dass die Samen mit der Erde zu kräftigen Tomatenbabys kopulierten, säte ich erst am 31. März aus.

Und dass auch nur, weil mich meine Mutter daran erinnerte.

Hätte sie das nicht früher machen können?

War jedenfalls alles viel zu spät, die ersten Tomaten reiften Ende Oktober - das war kurz vorm ersten Frost. 

Wenn etwas schief geht, gebe ich aber nicht auf, sondern will es im nächsten Anlauf besser machen! Also nicht nur die Lücken schließen, sondern obendrein noch kräftig steigern.

Mittlerweile befinden wir uns im Jahr '23: Mein Mann kaufte im Internet Samen von alten Sorten.

Bei alten Sorten spricht man von alteingesessener Nutzpflanzen, die sowohl klimatisch angepasst sind, als auch (und das vor allem!): samenecht. Man kann sie selber aussamen und sich so sein Saatgut für das kommende Jahr selber züchten. Schluss mit dem alljährlich Kauf von F1-Hybriden - unabhängig sein. So der Plan. 

Jedenfalls orderte mein Mann einen Satz mit 100 verschiedenen Sorten. Eigentlich schon dämlich, wir betreiben ja hier keine Gärtnerei. Die Samen kamen in einem kleinen Päckchen mit der Post. Jede Sorte in einem winzigen Tütchen, mini-futzelige Bildchen drauf, 6 Samenkörnchen pro Stück.

Mir schwante es schon …

Ich legte bereits Ende Januar los. Damit in meinen Mini-Gewächshäusern auf den Fensterbänken kein Platz verschwendet wurde, schnippelte ich Eier-Kartons zurecht. Ich füllte Erde ein – und wo ich einmal im Rausch war: die Samenkörner gleich hinterher. Weil ich dem Internetkauf nicht traute, gab ich auch ein paar F1-Hybriden mit in den Mutterboden. 

Um die ganze Vielfalt auseinanderhalten zu können, steckte ich kleine Schildchen in jede Mulde und malte zusätzlich noch Lagepläne. Für den Laien sehen Tomatenpflanzen ja alle gleich aus.

Zuerst lief auch alles prima. Nach zwei Wochen spitzen die ersten zarten Blättchen und so erblickte ein Pflänzchen nach dem anderen das Licht meiner Küche. Ich versorgte sie liebevoll, ich sprach mit ihnen, wie man das halt so macht mit kleinen Kindern.

Dann kam der Moment, da ihnen ihre Wiegen zu klein wurden. 

Draußen war alles zugeschneit und es dauerte ein paar Tage, bis ich genügend Töpfchen ausgebuddelt hatte. 

Weil die Laufställchen nun aber verdammt viel Platz benötigten, passten sie im Verbund nicht mehr in meine Küchenfenster. Andere geeignete Zuchtfenster besitze ich aber leider nicht. Bereits nach zwei Tagen ging das mit dem Vergeilen los. Schwippelige hellgrüne Triebe, eindeutig: Die brauchten Licht!

Glücklicherweise setzte draußen Tauwetter ein, die Sonne kam zurück. Tagsüber trug ich die kleinen Pflanzen nun an eine windgeschützte Stelle hinters Haus, nachts holte ich sie in die warme Stube. Bereits am 2. Tag brachte ich die Namensschilder der alten Sorten durcheinander, am 3. Tag dann zusätzlich noch die Trennung von alten Sorten und F1. Egal: Kinder sind allesamt Kinder.

Ab da lief es recht gut. Etwa die Hälfte der kleinen Pflanzen überlebte die Tortour und wuchs kräftig heran. Dann kam der Mai: Zeit sie ins Freiland zu entlassen. In Kübeln unters Dach auf die Längsseite vom Haus.

Wie die Zinnsoldaten standen sie nun zitternd tagaus, tagein vor der Haustür, in einer langen Reihe bis zur Garage. 

Nun erschloss sich mir auch, warum es gut war, dass die andere Hälfte es nicht geschafft hatte: Platz ist endlich. 

Und dann ging der typisch deutsche Sommer los. 

Ein Sommer, wie in meiner Kindheit: kalt, nass, Regen. Regen. 

Die Tomatenzüchter unter Euch wissen, was das bedeutet.

Machen wir es kurz: Braunfäule, Krautfäule - alles, was Tomaten befällt, wenn das Wetter ist, wie es war, machte sich auf meinen Pflanzen breit. Ich war jeden Abend lange damit beschäftigt, schadhafte Früchte rauszuschneiden und von den Pflanzen die kranken Stellen zu entfernen, bevor die sich ausbreiten konnten.

Aufgrund meiner Daily Routine schafften es trotz der feindlichen Bedingen ab und an Tomaten bis zur Reife.
Alles in allem konnte man die Ernte jedoch vergessen und ich erkannte: Alte Sorten scheinen auch nicht widerstandsfähiger zu sein als Neuzüchtungen.

Bis auf eine Ausnahme. Galina! Die verhielt sich vom ersten Sproß an anders. Die runden Blätter sahen aus, wie die einer Kartoffel. Der Stamm wuchs kerzengerade in die Höhe, die Blätter blieben auch beim Reiben geruchsneutral und verströmten nicht den Geruch von frisch aufgeschnittenen Tomaten. Außerdem gab es nur einen schlanken Haupttrieb, es war nicht nötig, wilde Triebe auszugeizen. 

Als sich endlich Blütenansätze zeigten, legte sich auch meine Sorge, es habe sich ein Unkraut unter mein Potpourri aus dem Internet gemischt. Blockierten schließlich drei Kübel an der Hauswand.

Die Früchte klein und gelb, stramm an einer Traube, ähnlich Cocktailtomaten. Galina opferte der Braunfäule zwar ihre Blätter, verteidigte aber ihren Nachwuchs.

Ganz dem ursprünglichen Plan folgend, beschloss ich, Galina weiterhin anzubauen. Zum Samennehmen war trotzdem Eile geboten, nicht dass auch Galina noch überrannt wurde.

Ich spähte drei besonders kräftige Exemplare aus, leider waren die noch ein bisschen grün. Besser ich gab ihnen noch zwei Tage am Strauch.

So weit kam es aber nicht – am nächsten Nachmittag waren die drei verschwunden. 

Auf der Stelle trennte ich die nächsten drei Tomaten von ihrer Nabelschnur - auch wenn sie kleiner von Wuchs und grüner waren. Ich nahm die drei mit in die Küche und versteckte sie hinter der Mikrowelle. Sicher ist sicher.

War nicht sicher genug, am nächsten Tag waren die drei ebenfalls weg.

Langsam wurde ich ärgerlich, zumal draußen nur noch grasgrüne Kullern hingen. Ungeeignet für Saatgut.

Ich sprach ein ernstes Wort mit meinen Mitbewohnern und erklärten ihnen lautstark, warum es wichtig war, dass sie meine Pläne nicht weiterhin durchkreuzten!

Mein Pubi fand das unnötig; mein Kleinstes meinte, es würde auch Gurken mit zur Schule nehmen. Nur mein Mann unterstützte mich. 

Als letzte Woche endlich wieder drei Früchte nachreiften, passte eigentlich alles. Sonnengelb, kräftig und makellos trug ich sie vorsichtig in die Küche. Doch als ich gerade das Messer ansetzen wollte - klingelte das Telefon. Für den Rest der Woche war ich mit einem Job beschäftigt. Die Tomaten versteckte ich: An drei verschiedenen Plätzen im Erdgeschoss!

Jetzt hatte ich nun letzte Woche so konzentriert gearbeitet – ich erinnerte mich schlicht nicht mehr der sicheren Plätze. Nur eine Einzige ist wieder aufgetaucht!

Die liegt gerade neben mir auf der Tastatur!

Die begleitet mich jetzt so lange, bis ich mich gleich um sie kümmere!

Die lass ich jetzt nicht mehr aus den Augen!

Ich geh noch kurz mit ihr aufs Klo, dann stöpsel ich das Telefon aus und auch die Türklingel!

Selbst wenn Feueralarm losjault: Ich bin nicht da!   

Was hier unter den Tomaten natürlich nicht fehlen darf, ist noch ein bisschen Werbung für mein neues Buch: 

"Früher hatte ich ein Leben, jetzt habe ich schulpflichtige Kinder - Elternfolter Gymnasium"
Es geht um das Leben im Schulzirkus. Live aus der deutschen Bildungslandschaft.
Seid ihr Eltern oder Großeltern schulpflichtiger Kinder?
Seid ihr Patentante oder -onkel?
Seid ihr beste Freundin einer Mama eines Schulpflichtigen?
Geht euch allen die Schule so richtig auf den Zeiger?
Hier geht es zur Leseprobe.
Viel Vergnügen wünsche ich euch bei  Lesen! ❤️

Autor:

Anke Müller aus Mülheim an der Ruhr

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