Ein Besuch im Tierheim
Hundetrainerinnen dürfen nicht arbeiten
Von RuhrText
Yumos wartet geduldig auf einen neuen Besitzer. Die selbstbewusste Kaninchendame wurde von ihrem bisherigen Halter, der mit allergischen Reaktionen zu kämpfen hatte, ins Tierheim gebracht. Ein Hund macht mit kurzem Gebell auf sich aufmerksam. Oder vielleicht grüßt Schäferhund-Mischling Benji (11) nur freundlich den Besucher beim Rundgang durchs Mülheimer Tierheim? Ansonsten ist es in den Gebäuden an der Horbeckstraße nahe des Flughafens Essen/Mülheim erstaunlich ruhig.
Ist die überschaubare Zahl von Tieren im Heim eine Folge der Corona-Pandemie mit ihren gesellschaftlichen Einschränkungen? Leiterin Marion Niederdorf ist sich da nicht so ganz sicher. Sie meint: „Die Zeiten haben sich ohnehin geändert. Auf entlaufene Katzen und Hunde wird in den meisten Fällen zunächst auf Portalen wie Facebook hingewiesen. Dadurch werden dann nicht selten die Besitzer ermittelt. Früher ging es direkt zum Tierheim. Allerdings ist es schon etwas erstaunlich, dass wir seit Oktober des vergangenen Jahres so wenige Tiere in der Vermittlung haben. Vielleicht genießen Tiere in der Corona-Zeit doch einen etwas höheren Stellenwert. Man findet mehr Zeit für sie.“ Zum Zeitpunkt des Besuchs im Tierheim waren neun Hunde und drei Kaninchen in der Vermittlung, also bereit für den Umzug. Katzen? Fehlanzeige!
Marion Niederdorf leitet das städtische Tierheim gemeinsam mit ihrem Mann seit fast drei Jahrzehnten. So wenige Tiere wie im Moment hat sie in diesem langen Zeitraum noch nie betreut. Natürlich freut sie sich über diesen Zustand. Schließlich gehe es darum, möglichst vielen Tieren ein Zuhause zu ermöglichen.
Generell hat die Corona-Schutzverordnung natürlich auch den Alltag im Tierheim verändert. Während es zuvor möglich war, in den Öffnungszeiten einfach vorbeizukommen, muss nun vorab ein Termin ausgemacht werden. Einzelne oder Familienmitglieder aus einem Hausstand werden zu fest vereinbarten Zeitpunkten durch das Heim geschleust.Grundsätzlich verweist Marion Niederdorf auch zunächst auf die Internetseite. Hier lässt sich bereits erkennen, für welche Tiere ein neues Zuhause gefunden werden soll.
Blaue Box für Futterspenden
Um unnötige Kontakte zu verhindern, können die Futterspenden in einer blauen Box vor dem Eingang hinterlegt werden. Die Spendenbereitschaft der Mülheimer sei — so Marion Niederdorf — ungebrochen. Ganz im Gegenteil: „Futterspenden gibt es mehr als zuvor. Das ist für uns sehr wichtig. So müssen wir bis auf wenige Besonderheiten überhaupt kein Futter zukaufen“, erklärt die Heimleiterin. Sie kann aber auch von negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie berichten: „Unsere beiden Hundetrainerinnen dürfen seit Anfang November nicht arbeiten. Eine meiner Mitarbeiterinnen ist zwar angeleitet, aber natürlich wäre es gerade für die schwierig zu vermittelnden Hunde besser, wenn sie endlich wieder in Gruppen und unter der Leitung der Hundetrainerinnen lernen könnten.“ Jennifer Ricken und Johanna Sandfort, die vom Tierschutzverein Mülheim bezahlt werden, stünde auf der Freilauffläche genügend Platz zur Verfügung, um Abstände einzuhalten. Marion Niederdorf wundert sich daher schon, dass das wichtige Training im Moment nicht erlaubt ist.
Apropos Training: In Zeiten der Pandemie und Lockdowns haben sich viele Menschen auch einen Hund angeschafft. Doch das Home-Office gehört wohl bald wieder der Vergangenheit an. Daher rät Marion Niederdorf dazu, Hunde rechtzeitig daran zu gewöhnen, hin und wieder auch allein zu Hause sein zu müssen. Generell sollte jeder, der sich für ein Haustier interessiert, genau abwägen, ob er auch in Zukunft genügend Zeit dafür investieren kann. Marion Niederdorf würde es freuen. Schließlich hat niemand etwas davon, wenn das Tierheim überfüllt ist.
Tschüss, Yumos! Ciao, Benji! Viel Glück bei der Suche nach einem schönen Zuhause!
Autor:Marcus Lemke aus Mülheim an der Ruhr |
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