Rudolf und Gerlinde
Wommammasosa: Frühling
Frühstück: Gerlinde trägt heute ihren eierlikörfarbenen Morgenmantel,
Rudolf dagegen einen tannennadelgrün/löschpapierrosa gestreiften Schlafanzug.
Gerlinde: Na, wie hast du denn in deinem neuen Vorfrühlings-Schlafanzug geschlafen?
Rudolf: Ich sag mal so, ich hätte es nicht geschafft, wenn ich nicht zeitweise eingenickt wäre. Ich hätte doch besser außerhalb des Schlafanzuges schlafen sollen. Diese Streifen! Oh Gott, oh Gott...
Gerlinde: Was stört dich denn an den Streifen?
Rudolf: Die Reihenfolge, meine Liebe, die Reihenfolge. Ich hätte sie lieber umgekehrt gehabt, immer erst den löschpapierrosa Streifen, dann den tannennadelgrünenen. Ich glaube, das wäre näher an meinem ästhetischen Empfinden.
Gerlinde: Kein Problem, wir werden ihn umtauschen.
Rudolf: Das geht doch nicht, ich habe doch schon drin geschlafen.
Gerlinde: Gerade hast du gesagt, du hättest höchstens in ihm genickt.
Rudolf: (lacht) Vielleicht kriegen wir ihn bei Ebay als Nicki los?
Gerlinde: Wommammasosa, es wird schwierig...
Rudolf: Was bitte ist „Wommammasosa“?
Gerlinde: Das sagte Tante Ilse aus Oberhausen-Alstaden immer. Es ist eine dialektale Abbreviatur und fasst folgende Rede-Floskel zusammen: „Wollen wir mal so sagen“...
Verwandt damit ist „Wommasosa“, eine weitere Silbeneinsparung durch Verschlucken derselben...
Rudolf: Herrlich! So ähnlich wie dieses Wammama un Hattatta...
Gerlinde: Genau, nur nicht so bekannt...
Rudolf: Was auch nicht so bekannt ist: Das Männerheim, in der Männermann-, entschuldige bitte, in der Meldemanntraße in Wien, wo Adolf Hitler einst wohnte, das ist nun eine Seniorenresidenz, ein Seniorenschlössl, wie man das in diesem reizenden Alpenland nennt, und zwar zugehörig zu einer Alpenheim-Gruppe, äh...
Gerlinde: Altenheim-Gruppe...
Rudolf: ..., die sich „Wie daham“ auf ihre Werbefahnen geschrieben hat.
Gerlinde: Wommammasosa: Last minute „Ham ins Reich“?
Rudolf: Ja, so sind sie, unsere Österreicher, mit nix was am Huat - außer mit’m Gamsbart.
Gerlinde: Ja, da hat neulich die 84 jährige Gleichmacher-Beauftragte Hanni Prohaska vorgeschlagen, dass Mädchen jetzt auch einen Diener machen.
Rudolf: Du heiliger Bimbam!
Gerlinde: War das wirklich ein Heiliger?
Rudolf: Der Bimbam? Nein, das ist nur das Getöse der Kirchenglocken. Aber die haben in diesem Fall keine Schuld. Passender wäre hier die Anrufung des hl. Strohsack! Sag ich mal!
Gerlinde: Du liest ja heute gar nichts in der Zeitung! Ist irgendwas?
Rudolf: Ach, da steht ja wieder nichts über mich. Ich werde doch da als Rudolf überhaupt nicht wahrgenommen! Für die bin ich doch nur Kunde. Bestandskunde, Neukunde, Laufkunde, Sonderkunde. Das lehne ich grundsätzlich ab. Ich bin Rudolf. Basta.
Gerlind: Wommasosa, du bist beides: Rudolf und Kunde.
Rudolf: Dass mir jemand für seine Zählung ein Schubladenschildchen aufdrückt: Kunde, Gast, Zuschauer oder sonst was, ist doch nicht meine Sache. Für mich ändert sich dadurch nichts, ich bleibe der Rudolf. - Sogar die Telekom hat das begriffen und schreibt auf meine Rechnung meinen Namen und redet mich auch damit an. Stünde da nur „Sehr geehrter Kunde“, wäre es nämlich eine gefälschte Rechnung. Du wirst also nur in betrügerischer Absicht als Kunde bezeichnet.
Gerlinde: Nicht nur, aber mit dem Kundenstrom schwimmen war nie dein Ding.
Rudolf: Wommasosa: Wenn man im Jahre 60 vor facebook geboren ist, kein Wunder...
Gerlinde: Drum lasset uns extemporieren, bis die Balken Biegung spüren...
Rudolf: Oha, der heilige Geist ist erwacht...
Gerlinde: (gießt beiden Kaffee nach) Wußtest du übrigens, dass der heilige Geist ursprünglich weiblich war?
Rudolf: Heilig’s Blechle. Dir glaube ich fast alles. Wenn du Dichterin wärst, würde bei dir am meisten zwischen den Zeilen stehen.
Gerlinde: Wommasosa: Durch Zeilengeld wären meine Werke nicht zu vergüten.
Rudolf: Zumal du ja fast nur erste Strophen geschrieben hättest,...
Gerlinde: ...damit künftige Generation sie sich besser merken können!
Rudolf: Ja, ich wurde früher oft gefragt, warum ich für lumpiges Zeilengeld Gedichte schreibe. Wommasosa: Auch ich wollte gerne einmal lesen, was mir gefällt! Und Lyrik ist nun mal eine minimalistische Kunst, da konnte man nie was mit verdienen.
Gerlinde: Dann lies uns beiden doch mal zum Abschluss unseres internationalen Frühstücks eins von deinen ersten Vorfrühlingsgedichten!
Rudolf:
Die Sonne weckt das graue Gehölz
der Frühling will's wieder probieren,
Die Wipfel wiegen im Morgenglanz,
die Spechte xylophonieren
und klopfen wild auf mein Winterherz:
Öffne dich, es ist schon März!
Gerlinde: Wommasosa: Nicht schlecht, hat das Zeug zur Unvergänglichkeit
Rudolf: Wegen der Würze?
Gerlinde: Wegen der Kürze...
Autor:Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr |
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