Architekt Dirck Lietke präsentiert Studie zur Parkstadt
Wohnen im Baumhaus

Der Mülheimer Architekt, Städtebauer und Bauassessor Dirck Lietke legt eine Studie vor zur Parkstadt. 
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Dirck Lietke zuckt mit den Achseln: „Ich hätte mir schon gewünscht, dass auch Mülheimer Kollegen sich einbringen dürfen bei den Planungen.“ Als Architekt, Städtebauer und Bauassessor hätte er zu gerne teilgenommen am städtebaulichen Wettbewerb zur Entwicklung der früheren Tengelmann-Zentrale in Speldorf.

Das alte Industrieareal gilt als architektonischer Zeitzeuge deutscher Wirtschaftsgeschichte. Der österreichische Investor Soravia möchte in enger Zusammenarbeit mit Anrainern und Behörden eine „Parkstadt“ entstehen lassen als Kombination aus Revitalisierung und Neubau. In den nächsten Jahren soll ein „produktives“ Stadtquartier entstehen, in dem sich auf rund 14 Hektar „Gewerbe, Büros, Handel, Wohnen und Kultur bei bester Infrastruktur gegenseitig optimal ergänzen“ können.

Dafür wurde ein städtebaulicher Wettbewerb gestartet, bei dem zehn namhafte Bewerber ins Rennen gehen. Büros aus Düsseldorf, Kassel, Kopenhagen, München und Wien. Eine Jury unter Vorsitz des renommierten Aachener Architekten und Stadtplaners Professor Kunibert Wachten soll am 6. Oktober den Siegerentwurf küren. Nach 30 Jahren in Diensten von Tengelmann hätte sich der 80-Jährige Lietke auch außer Konkurrenz beteiligt.

Strahlkraft entwickeln

Doch Baudezernent Peter Vermeulen habe ihm freundlich, aber bestimmt mitgeteilt, dass an eine Teilnahme nicht zu denken sei. Immerhin habe Vermeulen die von Lietke vorgelegte Studie an Erwin Soravia weitergeleitet. Der neue Besitzer des Areals hat positiven Eindruck hinterlassen bei Lietke: „Hier scheint wirkliches Interesse vorzuliegen, etwas richtig Gutes zu schaffen, dass Strahlkraft weiter über Mülheim hinaus entwickelt.“

Der gebürtige Bayer Dirck Lietke wuchs am Starnberger See auf und studierte in München Architektur. Im Jahr 1980 kam er dann nach Mülheim. Er kann auf unzählige Gebäude verweisen, die seiner Feder entstammen. In Mülheim sind dies das Tengelmann-Gästehaus Auf dem Dudel, der Kopfbau Leineweberstraße, das Handelshaus an der Tengelmann-Zentrale. Es trieb ihn nach Ungarn, Italien, Polen.

Alles mitdenken

Lietke nennt exemplarisch das Wohn-, Arbeits- und Einkaufszentrum „Ihme“ in Hannover, berichtet mit glänzenden Augen von seinen Studien mozabitischer Baukultur in Algerien, die er damals für das Büro von Professor Albert Speer Junior vornahm: „Das war 1978, als die Menschen sich Wasserleitungen legten ins Haus und das katastrophale Auswirkungen hatte für die Lehmwände, die durch die Feuchtigkeit einfach zusammensackten.“ Alles hängt mit allem zusammen, ein Architekt und Städteplaner muss alles mitdenken und visionär in die Zukunft schauen. Unerschütterliches Credo für Dirck Lietke.

Er zählt auf. Drei Jahre Ihme-Zentrum, drei bei Speer, drei bei der Oetkergruppe, danach drei Jahrzehnte lang die Baumaßnahmen für Tengelmann geleitet. Lietke hat das mal nachgerechnet: „Für Tengelmann waren das 500.000 m² Logistikfläche für eine Milliarden Euro.“ Nun ist er im Unruhestand: „Ich kann jetzt ohne Druck eines großen Büros im Rücken arbeiten. Die erneute Beschäftigung mit diesem mir so gut bekannten Objekt hat mich sehr angeregt.“ Über allem steht die Idee von Nachhaltigkeit.

Ökologisches Engagement

Tengelmann richtete seine Logistikprojekte früh auf ökologisches Engagement aus und wurde Vorreiter. Lietke lächelt: „Das berühmte Logo mit Frosch und Schildkröte war nicht nur ein Marketing-Gag, da steckte schon eine Grundhaltung dahinter. Das Paket Umwelt und Nachhaltigkeit hat Erivan Haub interessiert.“ Und so kamen nun auch die Witwe und einer der Söhne ins Spiel. Auch ihnen hatte Lietke seine Studie unterbreitet, die beiden erkannten vieles vom Gedankengut, dass der Patriarch vorlebte. Man spürt: Dirk Lietke genoss das Vertrauen von Haub Senior. So nimmt es nicht wunder, dass Helga und Georg Haub ihn bestärkten, seine Ideen bezüglich des Areals öffentlich zu machen. Als Anregung, als Diskussionsgrundlage.

Grundsätzlich würde Lietke das Areal zweiteilen. Im südlichen Bereich Büro, Handel, Service, Startups, ein neuer Zugang von der Koloniestraße her mit einem großen Informationspavillon. Ins Wissoll-Gebäude denkt er Ladenzeilen hinein, daneben ein kleines Museum, er nennt es „Schokoladerie“. Im nördlichen Bereich sieht Lietke Wohnen, Erholung, Sport. Bereits um 1980 habe man sich ernsthafte Gedanken gemacht um die Zukunft des Geländes, als nämlich die Schokoladenfabrik überlegte, an einen alternativen Standort umzuziehen. 1995 sei durch ihn ein Modell mit Planungen für zwei Quartiere entwickelt worden. Auf dieser Basis habe er nun aktuelle Entwicklungen mit einfließen lassen.

Grünes Wohnen

Für den Wohnbereich wurde der Typus des „Baumhauses“ entwickelt: „Das sollen weitgehend aus Holz erstellte sogenannte Concierge-Häuser sein mit acht bis zehn Etagen, mit Fassadenbegrünung und bepflanzten Dächern, dazu Photovoltaik an Balkonen und auf dem Dach, eventuell Windnutzung zur Stromerzeugung.“ Lietke plant mit 13 Baumhäusern, davon drei kleinere für studentisches Wohnen: „Die 13 war die Lieblingszahl vom Chef.“ Der mäandrierende Grundriss seiner Parkstadt variiert eine tradierte aramäische Form. So ergebe sich viel Luft zwischen den Gebäuden, was Blickbeziehungen ermögliche, sogar auf die beeindruckende „Eiger Nordwand“ der Wissoll-Fabrik.

Minutiös errechnete Lietke Strom, Wasser- und Sauerstoffbedarf und rechnet vor, dass eine Bündelung von Solar- und Windenergie mit einer effizienten Aufbereitung von Schwarz-, Grau- und Regenwasser nicht nur den gesamten Energiebedarf der Parkstadt decke, sondern sogar einen Überschuss liefere. Die Wasseraufbereitung würde er unter einer Großgärtnerei platzieren, die sich um die Begrünungen der Baumhäuser kümmere.

Dachbegrünungen

Dachbegrünung ist ein Steckenpferd, Lietke zeigt auf sein Ateliergebäude: „Das war vor 41 Jahren das erste begrünte Dach in ganz Mülheim und hält heute noch dicht.“ Hält im Sommer die Hitze draußen und im Winter die Kälte: „Wir konnten damals mit Dachbegrünungen von Logistikzentren die Kühlfläche um rund 50 Prozent verringern.“ Am Boden würde Dirck Lietke so viel Fläche entsiegeln wie nur möglich. Er spricht von Rasenflächen, kleinen Oasen im sie umgebenden „Waldpark“ und einem See nebst auf einem „Rodelhügel“ fußendem Aussichtsturm. Alternativ hält er eine Grachtenlandschaft für denkbar. Dieses Detail habe übrigens Helga und Georg Haub besonders gut gefallen.

Ein reiner Wohnbereich sollte den Verkehr konsequent heraushalten. Mit Parkflächen an der Liebigstraße für E-Autos, die natürlich mit Photovoltaik auf dem Dach, ja keine Tiefgaragen: „Wir müssen nach vorne denken. Das eigene Auto wird zukünftig nur noch eine geringe Rolle spielen.“
Dirck Lietke möchte sich gewiss nicht aufdrängen, hält seinen Beitrag aber doch für wichtig: „Vielleicht kann ich mit dieser Studie helfen, das Gelände für die Zukunft fit zu machen.“ Auch sei es ihm wichtig, dass die Mülheimer Architektengilde nicht gänzlich übersehen werde.

Der Mülheimer Architekt, Städtebauer und Bauassessor Dirck Lietke legt eine Studie vor zur Parkstadt. 
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In seiner Studie unterscheidet Lietke den südlichen Bereich mit Handel, Service und Startup vom Norden, der Wohnen, Erholung und Sport vorbehalten sein soll. 
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Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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