Kastration
Was war in dem Kästchen, das der Syrer Kombabus seinem König übergab?

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Ehe ich mich anschicke, diese Frage zum allgemeinen Erstaunen zu lösen, erlauben wir uns einen Schlenker in die beginnende Neuzeit, in die Zeit Martin Luthers, der etwa zeitgleich mit einer anderen Berühmtheit lebte, die unter dem kompletten Namen Philippus Theophrastus Aureolus Bombast von Hohenheim weniger und unter Paracelsus (1493 – 1541) doch mehreren bekannt sein dürfte. Der berühmte Naturheiler, nur 1,51 groß, der schon Vorlesungen in deutscher Sprache hielt als Luther (1483 – 1546), der sich ja immer seiner deutschen Bibelübersetzung rühmt, in seinen Vorlesungen selbst noch in Latein dozierte.

Foto: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43352
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Zu seiner Biographie, also der von Paracelsus, was nur die lateinische Übersetzung seines Familiennamens Hohenheim darstellt, wird häufig eine alte Quelle herangezogen, die sein auffallend schwaches Sexualleben zu erklären versucht:

„Es betraf 1497 oder 1498 den vier- bis fünfjährigen Knaben ein großes Unglück, - er wurde von einem Schwein kombabisiert. – Der Knabe setzte sich notwendiger Ursachen wegen an einen Misthaufen im Hofe der Wohnung seines Vaters im Dorfe Gaiss. Ein Schwein kam dahinter her und schnappte nach mehrerem, als es hätte schnappen sollen. Mit genauer Not heilte der jammernde Vater die Wunden.“

Was nun genau sich das Schwein einverleibt haben soll, weiß man nicht, klingt aber nach Kahlfraß.
Dafür spricht auch der Ausdruck „kombabisiert“. Dahinter steckt nämlich ein anderer Leidensgenosse, der die Entmannung ganz ohne Schwein im fortgeschrittenem Alter sogar eigenhändig vorgenommen haben soll: Kombabus!
Beim Wort “kombabisieren“ sträubt sich sogar unser allwissender Google und möchte uns etwas von „kombinieren“ erzählen.
Und in der deutschen Literatur hat nur C. M. Wieland die Geschichte vom Kombabus aufgegriffen, diesem „Urahnen“ aller Eunuchen, möchte man sagen, wenn da nicht einiges gegen eine direkte Abstammung sprechen würde.
Kombabus erscheint erstmals in den Schriften des griechischen Satirikers Lukian, der 120 n.Chr. geboren wurde. Von ihm weiß Wikipedia:
„Kombabus war nach Lukians Erzählung ein Syrer, der von König Antiochos Soter zur Begleitung seiner Ehefrau auf ihren Reisen bestimmt wurde. Der Erzählung nach kastrierte sich Kombabus vor Antritt dieser Reisen und übergab dem König zum Nachweis des vorgenommenen Eingriffs die entsprechenden Körperteile in einem verschlossenen Behälter. Als er später beschuldigt wurde, sich mit der Königin sexuell eingelassen zu haben, und bereits zum Tod verurteilt war, rettete ihn die Öffnung dieses Kästchens. Christoph Martin Wieland behandelte die Sage in der Erzählung Kombabus. In der Vergangenheit galten daher auch kombabusieren oder kombabisieren als Synonyme für eine Kastration.“

Natürlich habe ich mir die Stelle in C. M. Wielands Nachdichtung angeschaut, an der das Unfassbare geschieht:

Es ist entsetzlich auszusprechen,
Allein es sichert vor Verbrechen.
Er geht nicht erst mit Fleisch und Blut zu Rath;
Tief seufzend wendet er die Augen, nicht zu sehen,
Was seine Hand beginnt. – Sie ist, sie ist geschehen,
Die heldenmüthige, die große, schöne That!

Nun glauben viele, der landläufige Begriff „kastrieren“ leite sich von jenem kleinen Kasten ab, den Kombabus seinem König als vorsorgliche Entlastung für spätere Anschuldigungen in Verwahrung gegeben hatte.
Nein, kastrieren heißt schlicht „verschneiden“. Deshalb werden die Haremswächter auch gelegentlich Verschnittene genannt.

Aber, liebe Leser und Leserinnen, welche Gelegenheit, seine Bildung zu demonstrieren, wenn das Thema nun mal  auf der Tagesordnung ist, dann aber diesen schmerzhaften Verlust als „kombabisiert“ oder besser noch als „kombabusiert“ sanft ins Gespräch einfließen zu lassen!!!

Foto: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43352
Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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