Rudolf und Gerlinde
Toasterfrau Hornissengeist


Gerlinde liest bereits im frischen Anzeigenblatt. Rudolf zögert noch und kaut nachdenklich an einem Brötchen

Gerlinde: Liest du heute keine Zeitung?

Rudolf: Ich denke über eine Unabhängigkeitserklärung nach.

Gerlinde: Von mir?

Rudolf: Nein, von den Medien. Endlich ein selbstbestimmtes Leben führen.

Gerlinde: Dann wüßtest du doch überhaupt nicht Bescheid.

Rudolf: Muß ich in meinem Alter auch nicht. Ich begreife das als ein großes Privileg. Ich könnte mich den Dingen zuwenden, mit denen sich sonst niemand beschäftigt z.B. mit Muttergottesbildern...

Gerlinde: Ach, du lieber Gott, muss ich mir Sorgen machen?- Hier lies mal was Vernünftiges.

Rudolf: (liest vor) „53 jähriger in Pommesbude eingebrochen!“ - Das ist aber auch ein kritisches Alter: 53.

Gerlinde: Mach dich nicht lustig, sowas ist wichtig zu wissen. Stell dir vor, du fällst um und stehst unvorbereitet vor dem lieben Herrgott, und er fragt dich: „Na, was ist denn da unten so los?“ Dann weißt du wenigstens was zu erzählen.

Rudolf: Also, als Handreichungen für den letzten Gang habe ich die Anzeigenblätter nie verstanden. Ich glaube nicht, dass es im Jenseits wichtig ist, über lokale Einbrüche in Kartoffelbratstationen Bescheid zu wissen.

Gerlinde: Aber vielleicht kann man den lieben Gott mit Druckfehlern erheitern. Hier: „Es stürmten zwei massierte Männer in die Bank“...

Rudolf: Klasse! Denen war wohl im Massage-Salon das Geld ausgegangen...

Gerlinde: Weißt du, was ein „Conseil de la Musique“ ist?

Rudolf: Klar, ich weiß sogar, was ein „Conseil de la musique de la renaissance“ ist!

Gerlinde: Sagst du’s mir auch?

Rudolf: Selbstverständlich: Musikrat und Renaissancemusikrat!! Die Franzosen mit ihrer de-la-Kompositumbildung müssen sehr viel sprechen, um dasselbe zu sagen wie ein Deutscher. Also ein dreisilbiges Wort wie „Musikrat“ hat im Französischen 6 Silben. - Wenn sie unter Zeitmangel im Fernsehen reden, hört es sich an, wie wenn man früher einen defekten Cassettenrecorder vorgespult hat.

Gerlinde: Na, na, du bist doch nicht gallophob!

Rudolf: Nein, nur wenn sie mir zu schnell sprechen...

Gerlinde: Aber das ist nicht so schlimm wie die ganzen Diebstähle: entwendet, gestohlen, erbeutet ...

Rudolf: Es wird zu viel geklaut, aber leider immer das falsche. Keiner klaut die Schere!

Gerlinde: Was für eine Schere?

Rudolf: Na, die „Schere zwischen Arm und Reich“. Dann würde sich vieles von alleine regeln.

Gerlinde: Vielleicht. Unser Benjamin hat jetzt schon am Dreirädchen ein Zahlenschloss...

Rudolf: - Ach, hier ist ein wunderbarer Blödsinn: „Nach dem ersten Kind steigt oft die Tendenz zum zweiten Kind“...

Gerlinde: Ja, und nach dem zweiten wieder die Tendenz zum ersten...Sag mal, was kratzt du dich denn andauernd?

Rudolf: Es juckt ...

Gerlinde: Wenn’s vorne juckt und hinten beißt...

Rudolf: ...nimm „Toasterfrau Hornissengeist“!

Gerlinde: Köstlich!

Rudolf: Und immer wieder „Sushi“. Alles rennt zum Sushi. Das ist ja panisch. Bald wird der Steinmeier verkünden: „Der Sushi gehört zu Deutschland!“ So ändern sich die Zeiten... Die Wienands in Köln aßen noch „Muschi“, die hatten einen Dachhasen im Bräter ...

Gerlinde: Und immer wieder „location“ für Platz, Ort oder Treffpunkt. Wir Deutschen sind so anfällig für dieses „-e-ischen“...

Rudolf: Moment, wie ging noch mal die Zeile: „If you feel the inclination to increase the population, ... take a girl in separation and take off her decoration ... to begin the operation to increase the population!“

Gerlinde: Da kannst du dich noch dran erinnern? Congratulation! - Wußtest du, dass es in Schweinfurt vier Moscheen gibt?

Rudolf: Schweinfurt? Müßte für Muslime doch eigentlich eine verbotene Stadt sein...

Gerlinde: - Es gibt wieder Streit, ob man nach um Mitternacht noch die Klospülung betätigen darf.

Rudolf: Das richtet sich wahrscheinlich nach dem Dämmungswert der Wände. Wenn der niedrig ist, kommt ein Schild in den Hausflur:
„Im ganzen Haus soll man’s jetzt wissen:
Ab Mitternacht wird nicht mehr gesch...“

Gerlinde: Wo wir gerade bei dem Thema sind: Auch den Stehpinklern geht es an den Kragen.

Rudolf: Nix da! Als gestandener Stehpinkler sage ich: Pinkeln im Stehn ist Brauchtumspflege, und gehört überdies zu den unveräußerlichen Menschenrechten sowie zu den westlichen Werten und was weiß ich noch alles...

Gerlinde: Aber nicht zu meinen. Ich finde, da bist wieder mal sehr an deinen eigenen Ansichten interessiert, nicht wahr?

Rudolf: - Guck, hier haben sie sich wieder einen geleistet: „Traditionell hat Udo Jürgens seine Konzerte im Badeanzug beendet“.

Gerlinde: Sehr schön! Mit Kappe und Schnorchel?

Rudolf: Ja, die lieben kleinen Meldungen. Wie hat mal einer gesagt? „Bonbons für die Augen“!

Gerlinde: Was möchtest du denn heute Mittag mal essen?

Rudolf: Mir ist nach „Felsenaustern mit Cheddarbrot“.

Gerlinde: Oh! Ich hatte mich auf geschmorte Schweinebäckchen mit Rosmarin-Mandel-Butter eingestellt...

Rudolf: Auch gut!

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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