Gewinnen mit dem Spielekompass

So werden Kids zu Spieleexperten

Es gibt kaum eine größere Spaßbremse als wenn Spielanfänger auf Kenner stoßen - und das gilt für beide Seiten. Doch es gibt Spiele, die langsam an kompliziertere Spielmechanismen heranführen. Wir haben uns diesmal eine Wirtschaftssimulation, ein Deckbuilding-Spiel und eines mit Legacy-Mechanismus angeschaut. Auf die die Welt der Spielekenner mit "Raccoon Tycoon", "Mycelia" und "My Island". 

Die Wirtschaftssimulation "Raccoon Tycoon" ist im Herbst bei Piatnik erschienen. Zwei bis fünf Spieler ab zehn Jahre versuchen in Astoria, einem Land mit großem Wirtschaftswachstum zu Reichtum und Ehre zu kommen. Die Spieler müssen durch das geschickte Handeln mit Waren, das Versteigern von Eisenbahnnetzen und den Bau von Gebäuden sowie Dörfern Siegpunkte  generieren.

Zu Beginn haben alle die gleichen Voraussetzungen : Jeder erhält drei Produktionskarten, 10 Astoria-Dollar und zwei zu erfüllende Aufgaben. Dann geht es los. Waren müssen produziert werden, um sie dann später zu verkaufen und auch zu kaufen. Dabei muss man den Preis im Auge behalten. Sind viele Waren auf dem Markt, fällt dieser. Wird das  Angebot knapper, steigt der Preis. Wer schafft es, seine Aufgaben zu erfüllen und dabei möglichst viel Geld zu verdienen?

Da das Spiel immer die selben fünf Handlungsmöglichkeiten hat, sind die Regeln schnell verstanden. Dann gilt es, die Auswirkungen des Handelns zu erkennen und entsprechend zu taktieren. "Raccoon Tycoon" funktioniert dabei wie eine realistische Marktwirtschaft. Je mehr Spieler sich auf dem Markt tummeln, desto schwieriger ist es, die Entwicklung auszurechnen. 

Das Spielmaterial ist hochwertig aus Holz und fester Pappe. Die Illustrationen von Annie Stegg Gerard, die wie in der Fabel, Tiere für die verschiedenen Charaktere gezeichnet hat, sind äußerst ansprechend. 

Das Spiel hat einen hohen Taktik Faktor und macht deshalb auch erfahrenen Spielern Spaß. Da man aber die Auswirkungen seines Handelns immer sofort sieht, weil der Marker auf der Warenwert-Tafel verschoben werden muss, lernt man auch als Anfänger schnell dazu. Eine Wirtschaftssimulation, die ich nur empfehlen kann. "Raccoon Tycoon" kostet knapp 40 Euro. Piatnik und der Spielekompass verlosen hier ein Exemplar:

Deckbuilding im Märchenland

Im Tal der tausend Tautropfen wartet auf die Spieler die wundervolle Welt von Mycelia. Hier dreht sich alles um Pilze, die Helden in dieser Welt. Ein bis vier Spieler ab neun Jahre treten in den Wettkampf, um die magischen Tautropfen möglichst schnell zum Schrein des Lebens zu bringen. 

Die Idee zu Mycelia hatte Daniel Greiner. Er bedient sich dabei des Systems des Deckbuildings. In einem Deckbau-Spiel beginnt jeder Spieler mit einer kleinen Anzahl an Karten. Diese Karten
nennt man Deck. Im Laufe des Spiels können die Spieler durch Einsatz ihrer vorhanden Karten ihr persönliches Deck mit weiteren Karten ausbauen und verbessern. Im Verlauf des Spiels spielt jeder sein Kartendeck mehrmals durch. 

Bei Mycelia geht es darum, das eigene Kartendeck stetig zu verbessern und damit Fähigkeiten stärkerer Pilze zu nutzen. Wer zuerst alle Tautropfen entfernt hat, gewinnt den Segen der Waldgöttin und damit das Spiel.

Und so wird gespielt: Ist ein Spieler an der Reihe, nimmt er drei Karten vom Nachziehstapel auf die Hand und spielt sie in beliebiger Reihenfolge aus. Mit Pilzkarten bewegt man Tautropfen auf dem Spielplan, mit Blätterkarten sammelt man Blätter – die Währung in Mycelia. Mit ihr kann man neue Pilzhelden aus der Auslage kaufen und somit sein Kartendeck verbessern. Je stärker die Fähigkeiten des neuen Pilzes, desto teurer ist die Karte.

Für ein gutes Kartendeck sind Taktik, Geschick und ein wenig Glück gefragt. Welcher Pilzheld passt ins Deck? Ergänzen sich die verschiedenen Pilze oder stehen sie sich eher im Weg? 

Die von den Spielplänen entfernten Tautropfen landen im Schrein des Lebens – ein dreidimensionaler Baumstumpf mit kleinen Vertiefungen und einem Symbolwürfel. Ist der Schrein voll, dreht ihn ein Spieler und es regnet – ein zauberhafter Effekt und spannender Moment zugleich. Denn ein paar der Tautropfen landen als Nachschub wieder auf den Spielplänen – je nach Symbol des Würfels. Wer als Erstes alle Tautropfen von seinem Spielplan entfernt hat, gewinnt.

Ein wunderschönes Spiel. Die Zeichnungen von Justin Chan unterstützen das Märchenhafte und stellen gleichzeitig die Fähigkeiten der Einzelnen Pilzhelden anschaulich dar. Das Spiel macht in der Gruppe großen Spaß, aber auch die Solovariante hat ihren Reiz.  Ravensburger und der Spielekompass verlosen hier ein Exemplar von Mycelia: 

Entwickelt Eure Insel

Bei KOSMOS erschien im Herbst "My Island" als Nachfolger von "My City". Auch diesess Spiel stammt vom Erfolgsautoren Reiner Knizia. Es handelt sich um ein Legacy-Spiel, also um ein Spiel, bei dem das eigene Spielfeld von Kapitel zu Kapitel wächst. "My Island" ist geeignet für zwei bis vier Spieler ab zehn Jahre. Im Spielverlauf baut jeder seine eigene Insel. In jedem der acht Kapitel kommen weitere Spielmaterialien hinzu. 

Die Packung von "My Island" ist sehr voll, doch weil man nicht alles auf einmal benötigt, verliert man nicht den Überblick. Gespielt wird in acht Kapiteln, die jeweils ungefähr 30 Minuten dauern. Drei Runden bilden ein Kapitel. Das Spiel kann zwischen den Kapitel unterbrochen werden. Man sollte aber unbedingt in der gleichen Besetzung weiterspielen.  Die Spielertableaus werden im Laufe der Partien beschriftet, mit Fortschrittspunkten markiert und sogar mit Stickern beklebt.

Jeder gestaltet seine Spielfläche in jeder Runde neu, so dass sich die Insel immer verändert. Neue Regeln und Materialien sorgen für Abwechslung nach jedem Kapitel. 24 faszinierende Runden, um in die Geschichte der Inseln einzutauchen und ihre Geheimnisse zu erforschen.

Und so wird gespielt: Im Legacy Spiel sind vier Sets mit jeweils 28 Legeplättchen enthalten. Sie zeigen die Symbole Acker (gelb), Haus (braun), Mauer (blau) und Weg (grün). Das erste Legeplättchen belegt mindestens ein Strandfeld. Die weiteren sechseckigen Legeteile müssen an mindestens einer Seite zu einem gleichen Symbol benachbart liegen: zum Beispiel Acker an Acker. Zu Beginn jedes Kapitels gibt es einen neuen Umschlag. In jedem Umschlag steckt ein Regelblatt, das neue Anweisungen für die drei Spiele eines Kapitels enthält. Für jeden Spielzug wird eine Karte aufgedeckt, alle Spieler müssen das darauf abgebildete Plättchen aus ihrem Vorrat nehmen und unter Einhaltung der Legeregeln auf ihrem Inseltableau platzieren. Wer die Anweisungen erfüllt, erhält Punkte, die auf der Punktetafel markiert werden. Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten. 

Uns hat das Spiel großen Spaß gemacht. Die Umschläge, die in jedem Kapitel neues Spielmaterial bringen, machen einen hohen Wiederspielreiz aus. Leider kann die Kampagne nur einmal gespielt werden, denn dann ist das Material markiert und somit verbraucht. KOSMOS hat zwar auf der Rückseite des Spielplans eine sogenannte Ewigkeitsvariante mit eigenen Regeln mitgeliefert. Aber diese kommt nicht an den Reiz der Ursprungskampagne heran. "My Island" kostet ungefähr 30 Euro und garantiert mehrere Abende Spielspaß für eine feste Runde. Wer das Legacy-Prinzip einmal ausprobieren möchte, kann hier ein Exemplar von "My Island" gewinnen: