Rauchfrei

Rauchfrei
So nun ist es klar. Auch den Zeitgenossen im sonst so eigenwilligen Freistaat Bayern wurde der Schneid abgekauft. Man verhängte ihnen praktisch „per Diktat“, was in den restlichen Bundesländern schon lange Pflicht ist, ein Rauchverbot in öffentlichen Kneipen und Festzelten. Und zwar auch noch das Strengste das im gesamten Bundesgebiet existiert.
Per Gesetz bedeutet das nun auch für sie – raus vor die Tür zum Rauchen!
Es ist nicht so, dass ich diesen Tatbestand als besonders erwähnenswert fände, aber es trifft die gerne im Festzelt feiernden Bayern schon recht herb. Nein - eigentlich ist mir durch diese erneute Diskussion meine Situation als Raucher nur wieder sehr bewusst geworden und ich finde, dazu sollte ich mich doch mal äußern.
Erklärender, vielleicht auch entschuldigender Maßen sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass viele Kreative noch immer Raucher sind. Die Spezies Feingeister gehört auch zu der, die Genuss ganz groß schreiben. Einmal dem Glimmstängel verfallen, kommen wir nicht mehr davon los, weil damit ein Stück Genuss auf der Strecke bliebe. Wir sind schwach, aber stark emotional. Damit lässt sich viel entschuldigen, oder etwa nicht?
Sie als Nichtraucher können sich die Pein eines Rauchers gar nicht vorstellen, in die er gerät wenn nichts zum Dampfen vorrätig ist. Als ob allein diese Tatsache nicht schon schlimm genug wäre, gerät dieser Umstand ins Desaströse wenn kein Einzelhändler oder Tankstellenshop in der Nähe ist oder seine Pforten geschlossen sind.
In früheren Zeiten konnte man sich noch mit Kleingeld an einem in der Nähe angebrachten Automaten behelfen. Heute sieht das erheblich anders aus zugunsten des Jugendschutzes.
Denken sie jetzt nicht, der Jugendschutz läge mir nicht am Herzen. Nein, so ist das nicht. Ganz im Gegenteil, als Mutter und Großmutter kann ich Maßnahmen die, die Jugend vom Drogenkonsum fern hält nur begrüßen. Nur, der arme Raucher gerät dadurch in arge Bedrängnis.
Durch die aktuelle Gesetzeslage schon diskriminiert und geächtet von nichtrauchenden Passanten, wenn er frierend und hüstelnd vor der Kneipe steht, muss er auch noch die stets steigenden Preise für sein Gift hinnehmen. Vater Staat legt uns eine immer weiter steigende Steuer auf, weil er weiß, dass sie hier zu holen ist. Ähnlich wie bei den KFZ – Nutzern.
Wenn er also nun Glück hat, hält er genügend Kleingeld parat wenn er nicht mit seiner EC-Karte bezahlen kann, um den nächsten Zigarettenautomaten zu suchen. Sollte dann noch einmal eine Portion Glück dazu kommen, findet er auch einen solchen. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich ihnen sagen, den finden sie längst nicht überall. Der Stadtteil in dem ich lebe, verfügt über keinen. Da müssen sie sich ins Auto setzen und zur nächsten geöffneten Tankstelle fahren. Das ist im günstigsten Fall das geringere Übel. Viel übler wird die Geschichte wenn sie tatsächlich fündig wurden und sich nun das Objekt ihrer Begierde direkt vor ihnen in einem Automatenschacht befindet und darauf wartet aus dem Ausgabefach geholt zu werden. Die Vorgehensweise die ans Ziel führt ist theoretisch denkbar einfach, kann sie unter Umständen aber den letzten Nerv kosten. Sie kennen das bestimmt vom Telefon, wenn einem eine mechanische Stimme freundlich aber stoisch ruhig erklärt, was zu tun ist. Ja und so funktionieren die meisten der heutigen Zigarettenautomaten auch.
Unbekümmert nähern sie sich dem aufgestellten oder an der Wand befestigten, offenbar mit Sensoren ausgestatteten Kasten und wollen zur Tat schreiten. Da donnert Ihnen eine sonore Männerstimme ein freundliches „Herzlich Willkommen“ zu. Als Raucherin haben sie spätestens jetzt erkannt, dass die Emanzipation des Mannes fortschreitet. Nachdem sie sich von diesem ersten Schrecken erholt haben, folgen sie den Anleitungen im zwischenzeitlich aktiven Display.
Also - zuerst EC-Karte oder Führerschein in den Kartenschlitz einführen, dann wieder entnehmen. Alterskontrolle ist erfolgt. Weiter geht es mit Schritt 2, bezahlen: Geld in den dafür vorgesehenen Schlitz werfen oder schieben. 3. und nächster Schritt: Produktauswahl, Taste drücken, 4. Produkt im Idealfall dem Schacht entnehmen und sich freuen, dass es geklappt hat.
Leider trifft der Idealfall nicht immer zu und dann kämpfen sie gegen einen Automaten einen ziemlich ausweglosen Kampf. Über den ersten Schritt kommt man ja meistens noch hinweg. Jedoch wie selbstständig vermeintlich tote Gegenstände werden können bekommen sie spätestens nach Münzeinwurf zu spüren. Entweder verweigert der Automat die Münze oder die Münze verweigert sich dem Automaten und sie stehen davor und wissen nicht wie sie die zwei zu einer Einigung überzeugen können. Da hilft ihnen auch in zig Seminaren erhaltenes Konfliktmanagement kein Stück weiter. Dann nehmen sie ihre Münzen, sofern sie sie wiedererhalten haben und ziehen unverrichteter Dinge wieder ab. Zwischenzeitlich ist der Suchtpegel so hoch angestiegen, dass sich leichte Aggression bemerkbar macht.
Als Ausweg bleibt jetzt nur noch der Weg zur Tanke, die einen 24 Stunden Service anbietet. Dass die nicht um die Ecke liegt, versteht sich von selbst. Also wird der Autoschlüssel herangezogen und die drei Kilometer werden mit dem Fahrzeug zurückgelegt. Wenn man dann schon mal da ist, kann auch gleich nochmal getankt werden, ist naheliegend. Gedacht getan. Im Shop vor der Kassiererin endlich die begehrten Kippen geordert und nach der Ec-Karte gesucht. Aber nicht gefunden. Mit hochrotem Kopf stammeln sie dann irgendwelche Entschuldigungen weil sie natürlich nicht genügend Bargeld dabei haben um sich freizukaufen. Sie überlegen wie sie dieser Situation entkommen können. Blitzartig kommt die Erinnerung zurück und sie sehen vor ihrem geistigen Auge die Karte in dem hinterhältigen Automaten stecken. Vergessen zu entnehmen, nach der Alterskontrolle.
Dies erklären sie der zwischenzeitlich misstrauisch gewordenen Kassiererin. Die verlangt nach dem Personalausweis und heißt sie, die Karte zu holen. Erlöst machen sie sich auf den Weg. Vor dem Automaten stehend, stellen sie fest, dass da keine Karte mehr steckt. Irgendjemand muss sie entnommen haben. Jetzt völlig aufgelöst und mit den Nerven am Ende fährt man zurück zur Tankstelle und erklärt das Desaster.
Eine entgegenkommende Kassiererin behält ihren Personalausweis ein und bittet sie am Folgetag zu bezahlen. Eine nicht entgegenkommende Kassiererin ruft spätestens jetzt die Polizei.
Ich durfte am Folgetag bezahlen. Als ich die Bankfiliale betrat um mich mit Barem auszurüsten und die verlorene Karte sperren lassen wollte, wurde mir meine Karte ausgehändigt. Ein freundlicher und ehrlicher Finder hatte sie bei der Bank abgegeben.
Zusammenfassend sind das Erfahrungswerte die ausreichend gewesen sein müssten, um nun zu den Nichtrauchern zu gehören. Meine Leidensdruckschwelle liegt aber offensichtlich sehr hoch, denn wie könnte es sonst sein, dass ich mich immer noch zu den Nikotinknechten zählen muss.

Autor:

Dagmar Senff aus Mülheim an der Ruhr

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