Corona-Schutzmaßnahmen in den Pflegeheimen haben gegriffen
Positive Bilanz der Heimaufsicht
Von Gudrun Heyder
„Die Stimmung der Angehörigen ist wieder besser“, stellt Saskia-Alexandra Kühle erfreut fest. Für die Leiterin der städtischen Heimaufsicht und ihr Team war die Corona-Krise eine große Herausforderung: Sie mussten sicherstellen, dass die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen in allen Mülheimer Einrichtungen umgesetzt wurden. Viele, viele Gespräche mit Mitarbeitenden, Angehörigen und Bewohnern waren erforderlich.
Nun dauert die Corona-Pandemie schon etwa ein halbes Jahr an, und in den Pflegeeinrichtungen ist halbwegs wieder Normalität eingekehrt. „Wie im Hochsicherheitstrakt einer Justizvollzugsanstalt“ habe sie sich manchmal gefühlt, als die Heime mehr und mehr Schutzvorkehrungen trafen, erzählt Saskia-Alexandra Kühle. „Aber die strikten Maßnahmen waren gerechtfertigt, denn das Virus war eine unbekannte Größe.“ Auf Nummer sicher zu gehen, um die Gesundheit der Bewohner und Mitarbeitenden zu schützen, sei unbedingt richtig gewesen.
„Die Zahlen in Mülheim sind wirklich gut“, zeigt sich Chefin der Heimaufsicht erleichtert. „Zwei hochbetagte Damen, die schon im Sterben lagen, haben sich mit Corona infiziert und sind verstorben. Aber auch ohne das Virus hätten beide vermutlich nur noch wenige Tage gelebt.“ Aktuell gebe es zwei positiv getestete Mitarbeitende bei ambulanten Pflegediensten. „Insgesamt gab es bei den in der Pflege Beschäftigten nur wenige Quarantänemaßnahmen und Infektionen, die glücklicherweise keine Infektionsketten ausgelöst haben.“
Zeit war sehr belastend
Für demenziell veränderte Menschen und ihre Angehörigen seien die Monate mit Besuchsverboten und Kontaktbeschränkungen zweifellos sehr belastend gewesen. „Ein Mensch mit fortgeschrittener Demenz versteht nicht, warum seine Familie ihn nicht mehr besucht, erkennt Angehörige mit Mund-Nasen-Schutz oder Visier oft nicht und begreift auch nicht, warum er selbst eine Schutzmaske aufsetzen soll.“
Die Angehörigen hätten zu Beginn der Pandemie viel Geduld mit den Einschränkungen aufgebracht. „Alle hatten Angst. Aber als die große Infektionswelle ausblieb, sank ihr Verständnis dafür, dass sie ihre Lieben immer noch nicht sehen durften – oder höchstens hinter einer Plexiglasscheibe.“
Bei manchen demenziell veränderten Menschen habe die Ausnahmesituation der Pandemie das Fortschreiten der Demenz wohl begünstigt. „Aber man muss auch sagen, dass die Einrichtungen versucht haben, ihren Bewohnern nach wie vor möglichst viel zu bieten.“ Dass alte und kranke Menschen isoliert in ihren Zimmern vereinsamt wären, stimme nicht. „Und die noch fitten Bewohner haben die Lage sehr differenziert betrachtet. Die haben alle mindestens einen Weltkrieg miterlebt und sagten: ‚Uns geht es doch nicht schlecht hier, und das Personal ist ja bei uns.‘“
Saskia-Alexandra Kühle sowie ihre Mitarbeiter Michael Worring, Sven Fromen und Benjamin Todt waren in allen 19 Mülheimer Pflegeeinrichtungen vor Ort, in neun Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sowie den meisten der 21 ambulant betreuten WGs. „Wir haben jeweils mit den Leitungskräften und Teams nach den besten Lösungen gesucht, um die gesetzlichen Vorschriften für Infektionsschutz und Hygiene umzusetzen. Wir hatten richtig, richtig viel zu tun.“ Die Anspannung bei den Mitarbeitenden sei angestiegen, als zunehmend Lockerungen eintraten. Denn jede Einrichtung wollte und will ihre Bewohner und Mitarbeitenden vor dem Virus bewahren.
Besuche wieder möglich
Mittlerweile sind Besuche wieder möglich, auch in den Räumen der Bewohner, und stundenweise dürfen diese nach Hause zu ihren Familien. „Und an den Mund-Nasen-Schutz haben sich die Angehörigen gewöhnt, den müssen sie auch in Geschäften tragen.“ Um seine Eltern oder Partner zu umarmen, muss man teilweise noch Schutzkleidung tragen. Aber Hauptsache, man kann wieder zusammen sein.
„Dass sich die Lage wieder normalisiert, merken wir in der Heimaufsicht daran, dass sich nicht mehr sämtliche Anliegen um Corona drehen“, erklärt Saskia-Alexandra Kühle. Wenn sich Bewohner oder Angehörige etwa über die Qualität des Essens beschweren, sei das angesichts der bedrohlichen Lage in den letzten Monaten nun ein gutes Zeichen. Ernst genommen wird so eine Klage selbstverständlich trotzdem. „Wir sind sehr froh, dass wir in Mülheim recht gut durch die Krise gekommen sind und hoffen natürlich, dass auch im Herbst eine Infektionswelle ausbleibt und dass möglichst bald ein wirksamer Impfstoff gegen das Virus gefunden wird.“
Hilfsangebote
>>Pflegende Angehörige können sich mit allen Fragen an die Pflegestützpunkte der Stadt Mülheim wenden sowie an UTA – das Unterstützungstelefon für Angehörige von Pflegebedürftigen.
>>UTA ist täglich von 0 bis 24 Uhr unter der Telefonnummer 0800 3425641 zu erreichen sowie unter www.uta-mh.de. Die Anrufe sind kostenfrei, vertraulich und auf Wunsch anonym. Die geschulten und freundlichen Gesprächspartner bringen Zeit und Interesse mit.
>>Der Pflegestützpunkt an der Ruhrstraße 1 ist vorläufig wegen Corona nur telefonisch zu erreichen unter der Rufnummer 0208/455-3515, montags bis freitags von 8 bis 16.30 Uhr. Weitere Auskünfte erteilen gerne auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunikationscenters der Stadt unter der zentralen Rufnummer 0208/455-0.
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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