Erinnerungen
Olle Kamellen aus der Grundschulzeit

Die Herstellung von Bonbons in einer normalen Bratpfanne war 1954 durchaus nicht immer reines Zuckerschlecken. Schlüsselkind Leo führte uns dankenswerterweise eines Tages in diese Problematik ein. Auf dem Nachhauseweg von der Schule kamen wir an seiner Wohnung vorbei. Seine Eltern arbeiteten beide. Wir füllten Zucker und Büchsenmilch in eine Pfanne der Vor-Teflonzeit und ließen sie ordentlich heiß werden. Das Ganze verklumpte unter großem Zischen, riesige Rauchschwaden stiegen auf, und schon war die Bonbonmasse fertig. Man musste lediglich noch Hammer und Meißel besorgen und sie aus der Pfanne schlagen. Aber aufgepasst, die süße Masse war sehr heiß. Leo konnte es kaum erwarten, leckte und verbrannte sich prompt die Zunge. Schon hing er damit unter dem Wasserhahn, aber der lauwarme dünne Strahl brachte keine echte Erlösung. Da hatte er eine Idee. Er rannte zum Kühlschrank, der mit Blockeis gefüllt war und drückte seine bereits blasige Zunge an das herrlich kalte Eis. Etwas zu lang. Sie fror fest. Er sprach nur noch undeutlich, dafür aber umso lauter, als er uns anflehte, ihn vom Eise zu befreien. Wir nahmen den schweren Block, an dem er klebte, mit zwei Mann heraus und führten ihn wie einen Ochsen am Nasenring zum Waschbecken und versuchten dort, das erheblich wärmere „Kranenwasser“ drüber laufen zu lassen, um das Eis zu tauen. Irgendwann gelang das auch. Erleichtert wünschten wir Leo gute Besserung. Um seine ollen Kamellen kümmerte sich keiner mehr. Ich habe das Rezept bei uns zu Hause nachgekocht. Es war alles wie bei Leo. Glücklicherweise hatten wir noch keinen Kühlschrank.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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