Bis sie griffbereit in der Tablettenbox liegen
Nebenwirkungen von Medikamenten, die auf keiner Beilage stehen

Es beginnt mit dem Umweg über die Apotheke und die weißbekittelte Frau, die zu dem weißen Tausendschubladenschrank läuft und dann mit bedeutsamem Augenaufschlag erklärt, was mir mein konsultierter Arzt gerade eben gesagt hat, morgens und abends eine, was zudem auf dem Rezept ausgedruckt ist, nämlich morgens und abends eine. Abends und morgens wäre mal eine Variante und vielleicht noch die Wochentage aufzählen, ach ja, täglich, aber freitags vielleicht nicht? Oder auf keinen Fall? Verträgt sich unzerkaut nicht mit Fisch? Da muss ich nochmal fragen.
Mir wäre doch viel lieber, der Doktor hätte gleich eine Packung von dem Zeugs vorrätig und schriebe es mit auf die Rechnung für einmal Hals gucken. Nein, er vertreibt ja nicht die Tabletten, wohl aber durch sie den Schmerz, er verschreibt sie nur. Hoffentlich hat er sich nicht verschrieben. Man kann da nur hoffen.
Seit geraumer Zeit wird man vor die Wahl gestellt, ob die Tabletten „Jumijei“ nicht da sind oder ob man „Battalaminu“ mit demselben Wirkstoff nimmt. Den Wirkstoff allein gibt es nicht, weil man den nicht aussprechen kann.
Vor oder nach dem Essen? Hab ich meist vergessen. Oh, das reimt sich sogar. Mit viel oder wenig Flüssigkeit? Zusammen mir Alkohol wurde bisher leider nicht empfohlen. Und für jedes Dauerpräparat gibt es einen Haufen Dauerprobleme.
In einer Tragetasche mit Zitronenteetütchen, Papiertaschentüchern, Hustenbonbons und knallig glänzenden Apothekenzeitschriften mit gestochen scharfen Treppenliftanzeigen trägt man die winzige Packung nach Hause, wo man sich zeitnah in seinem Büro niederlässt, um die Rechnung samt Kopie für die Erstattung zu verwalten.
Das geht ja heute alles wunderbar. Man trägt die Summe in eine selbsttätig addierende Liste ein. Abschließend nur noch das Originalrezept getrennt von der Kopie in zwei Klarsichtumschlägen im Aktenordner sammeln.
Bis zum Tag der Antragstellung! Erstattung! Mit Sortieren, Zählen und Bögen ausfüllen, fehlende Kopien selber machen, Umschläge gültig frankieren, Achtung Portoerhöhung, und schließlich der Gang zu den abgeschraubten Briefkästen.
Und sei die Packung noch so groß, ihr Ende kommt immer früher als man denkt (wie Weihnachten): Anrufen, Warteschleifen, Überraschender Urlaub des Arztes, Vertretung suchen. Ich hätte gerne ein Rezept.
Bei mehr als einem halben Dutzend Medikamenten, und die kommen im Alter leicht zusammen, ist eine Bürokraft zu empfehlen.
Was, es gibt eine App? Gut, da wirft dann die Apothekenfrau die Rezepte rein oder was?
Merke: Die Beschwerden stehen auf einem ganz anderen Blatt.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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