15 "Containment-Scouts" telefonieren in Mülheim Infektionsketten nach
Lückenlose Nachverfolgung
Seit vier Wochen werden die Corona-Einschränkungen zunehmend gelockert. Die meisten Geschäfte und Dienstleister sind wieder geöffnet, und auch im Freizeitbereich ist immer mehr erlaubt. Sport wird wieder betrieben, seit Mittwoch dürfen auch Freibäder den Betrieb aufnehmen. Trotz aller Freude über die wieder gewonnenen Freiheiten steht aber auch fest: Corona ist noch nicht vorbei.
Niedrige Fallzahlen - am Dienstag waren nur noch 19 Mülheimer positiv getestet - dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Virus noch nicht verschwunden ist. Um einen erneuten Anstieg der Infektionszahlen zu vermeiden, ist nun die Arbeit der Gesundheitsämter um so wichtiger. Ihre Aufgabe ist es, bei allen Neuinfektionen die Ansteckungsketten möglichst lückenlos nach zu verfolgen und gegebenenfalls neue Quarantänen anzuordnen, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Wie gelingt das in Mülheim?
"Wir haben in Mülheim die ganze Zeit alle Infektionswege versucht nachzuvollziehen. Anfangs war dies kompliziert, da es vor dem Kontaktverbot eine hohe Anzahl an Kontakten gab. Nach Inkrafttreten des Kontaktverbotes hat sich die Anzahl stark reduziert, aber die Fälle an sich sind komplexer geworden und erfordern mehr Zeit bei der Ermittlung der Infektionskette", erklärt Dr. Frank Pisani, Leiter der Abteilung für Umweltmedizin und Infektionsschutz im Gesundheitsamt.
Meiste Ansteckungen im Arbeitsumfeld
Dafür ist eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitern nötig. Land und Bund fordern fünf Mitarbeiter pro 20.000 Einwohner, damit ein Gesundheitsamt diese Aufgabe stemmen kann. Aktuell sind in Mülheim zwölf Mitarbeiter als sogenannte "Containment-Scouts"beschäftigt. "Wir haben jedoch rechtzeitig ausreichend Mitarbeiter geschult, so dass wir mit eigenem Personal aus dem Gesundheitsamt und verwaltungsübergreifend die geforderte Zahl von 40 Mitarbeitern stellen können", erklärt Pisani.
Während sich zu Beginn der Coronapandemie die Menschen eher im Privat- und Freizeitbereich angesteckt haben, hat sich inzwischen die Ansteckungsgefahr mehr in den Arbeitsbereich verlagert. Das gilt besonders für das medizinische und pflegende Personal.
Krankenkassen bezahlen
keine präventiven Tests
Zur Zeit führt die Stadt Mülheim täglich rund 50 Tests durch, alle Patienten haben Symptome. Vorsorgliche Testungen werden in der Regel bei den Arbeitgebern selbst durchgeführt. So testen Krankenhäuser ihr eigenes Personal, besonders in Risikobereichen, wöchentlich. Grundsätzlich hielte es es Frank Pisani für sinnvoll, in Seniorenheimen und anderen Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personen vermehrt zu testen. Aber zurzeit weigert sich die Kassenärztliche Vereinigung (KV), rein präventive Tests über die gesetzlichen Krankenkassen zu bezahlen. Das sei Sache der Kommunen.
Das allerdings widerspricht den Empfehlungen, durch präventive Tests die Pandemie weiter einzudämmen. Deshalb hat der Bundestag am 14. Mai im Rahmen eines zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung in der Corona-Pandemie beschlossen, dass die Krankenkassen präventive Tests ebenfalls bezahlen müssen. In Kraft treten wird das Gesetz voraussichtlich Mitte Juni.
Während in anderen Städten zentrale Diagnosezentren von der Schließung bedroht sind, da die dort vorgenommenen präventiven Tests nicht mehr bezahlt werden, gilt das für die Mülheimer Einrichtung nicht. Das Gesundheitsamt rechnet nicht direkt mit der KV ab, da im Diagnosezentrum nur dann getestet wird, wenn eine Überweisung vom Hausarzt vorliegt. Dieser rechnet dann mit den gesetzlichen Krankenkassen ab. Allerdings behält sich das Gesundheitsamt vor, die Öffnungszeiten in der Saarner Einrichtung dem Bedarf anzupassen. So ist es inzwischen samstags geschlossen.
Auch wenn sich die Lage an der "Corona-Front" inzwischen scheinbar entspannt hat, so hat der Amtsleiter dennoch nicht weniger Stress. Momentan stehen die Lockerungen und die damit verbunden Hygienekonzepte beim Gesundheitsamt im Vordergrund.
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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