TV-Bericht über den 7-Tage-Inzidenzwert war irreführend
Keine Manipulation

- Foto: Correctiv Faktencheck
- hochgeladen von Regina Tempel
Der österreichische Privatsender Servus-TV berichtete, durch die 7-Tage-Inzidenz würden für kleine Gemeinden zu hohe Fallzahlen kommuniziert. Im Netz ist die Rede von einem „Skandal“. Laut Correctiv Faktencheck ist das falsch. Behörden oder Medien würden die Öffentlichkeit über die Fallzahlen nicht "belügen" – es handele sich schlicht um zwei verschiedene Werte.
Der 7-Tage-Inzidenzwert wird derzeit oft in Medienberichten über die Corona-Pandemie erwähnt. Er wird folgendermaßen berechnet: Alle neu registrierten Fälle einer Stadt oder eines Landkreises innerhalb der letzten sieben Tage werden addiert. Diese Summe wird durch die Einwohnerzahl der Region geteilt und dann mit 100.000 multipliziert. So erhält man die Fälle der letzten Woche bezogen auf 100.000 Einwohner.
In dem Fernsehbeitrag von Servus-TV hieß es, durch diese Berechnung würden viele Corona-Fälle „nur auf dem Papier“ existieren. In kleineren Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern liege die 7-Tage-Inzidenz höher als die tatsächlichen Fallzahlen. Der Beitrag ging einige Tage später in Sozialen Netzwerken viral und wurde viele hundert Mal aufgegriffen. „Statistik: Wie man Corona-Zahlen ins Riesenhafte hochrechnet“, titelte das rechte Compact-Magazin und schrieb von „fiktiven Fällen“. Auf Facebook war die Rede von „Statistikmanipulation“ und auf Twitter von einem „unfassbaren Corona-Skandal“, den Servus-TV „aufgedeckt“ habe: Angeblich würde der Fernsehbeitrag zeigen, dass die Bevölkerung über die Zahl der positiv Getesteten „schlicht belogen“ werde.
Kontext ausgelassen
Correctiv Faktencheck hat festgestellt, dass der Beitrag von Servus-TV wesentlichen Kontext ausließ und daher irreführend war. Die 7-Tage-Inzidenz ist keine Manipulation der Statistik – der Wert dient der Vergleichbarkeit von Orten mit unterschiedlich hoher Einwohnerzahl. Nur so können einheitliche Grenzwerte festgelegt werden. Gibt es in einer Region innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 neue Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner, können dort schärfere Corona-Regeln verhängt werden. Ab einem Wert von 50 pro 100.000 gelten auch andere Regeln für Corona-Tests oder Maskenpflicht.
Die absoluten Fallzahlen für jeden Ort werden aber immer separat ausgewiesen und auch kommuniziert. Für Deutschland sind sie zum Beispiel in den Lageberichten des Robert-Koch-Instituts zu finden, und auch im Online-Dashboard für Österreich werden die absoluten Fallzahlen für jeden Bezirk angezeigt.
Es ist also wichtig, zu verstehen, dass der Inzidenzwert nicht die absoluten Fallzahlen beschreibt. Ein Landkreis mit hoher Einwohnerzahl kann viele Neuinfektionen und trotzdem eine niedrigere 7-Tage-Inzidenz haben. In einem Landkreis mit wenigen Einwohnern dagegen reichen oft schon wenige neue Fälle für eine hohe Inzidenz. Anders ausgedrückt: In einem Ort mit nur 50.000 Einwohnern fallen 100 Neuinfektionen innerhalb einer Woche mehr ins Gewicht als in einer Großstadt mit 500.000 Einwohnern. Auch in Österreich werden die absoluten Fallzahlen für jeden Bezirk angezeigt. Foto: BVDA Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), dem rund 200 Verlage mit einer wöchentlichen Auflage von ca. 60 Millionen Zeitungen angehören, erscheint regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv.
Über Correctiv Faktencheck
>> Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematische Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie unter correctiv.org/faktencheck Fakten für die Demokratie
Autor:Lokalkompass Mülheim aus Mülheim an der Ruhr |
1 Kommentar
Correctiv liegt falsch – Servus TV hat Recht:
Die Anzahl der positiv getesteten Fälle muss in Relation zur Anzahl der Testungen gesetzt werden, nicht zur Einwohnerzahl des Landkreis: Nehmen wir an, Landkreis A hat 50.000 Einwohner und Landkreis B hat 100.000 Einwohner. Wenn wir in beiden Landkreisen 5.000 Tests durchführen und in beiden Landkreisen 50 positiv Getestete finden, bedeutet dies, dass das Virus in beiden Landkreisen gleich stark verbreitet ist, da in beiden Landkreisen 1% der Testungen positiv ausfallen.
Setzen wir fälschlicherweise die Fallzahl in Relation zur Einwohnerzahl kommen wir bei Landkreis A auf eine Inzidenz auf 100 Fällen pro 100.000 Einwohner und bei Landkreis B auf 50 Fälle pro 100.000 Einwohner, also in Landkreis A doppelt so viel Infizierte, was aber nicht stimmt!
Das ganze beweist auch, dass die Zählung positiver PCR-Test keine Aussage zum tatsächlichen Infektionsgeschehen macht. Leider wird mit dieser Zahl aber Panik verbreitet und die Einschränkung der Grundrechte begründet. Unglaublich!