Ehrlichmachen
Wenn Sie mich fragen würden, wie wir uns machen könnten, würde mir spontan „schlau, ehrlich und nackig“ einfallen. Das muss jetzt nicht alles gleichzeitig sein, kann aber. Vorausgesetzt wir sind noch nicht schlau, ehrlich und nackig, sonst ist da nichts mehr zu machen.
Erst neulich hörte ich, wie Juli Zeh in einer Talk Show mehrfach forderte, man müsse sich doch „ehrlich machen“. Ja, gut, machen wir uns mal ehrlich. Wo und wie geht das? Ist das wie beim Schlaumachen? Wo guckt man da nach? Am besten wäre wahrscheinlich bei der Wahrheit, aber die sieht jeder ein bisschen anders.
Ich persönlich habe noch nie von mir selbst verlangt, mich ehrlich zu machen. Es fordern immer andere von einem, eine Sachlage, auch heißer Brei genannt, so zu sehen wie er ist, also so wie die anderen ihn sehen.
Ehrlichmachen ist also ehrlich gesagt, oft eine Floskel, die jemanden auffordert, die eigene Sichtweise einzunehmen, indem sie an das Gewissen appelliert und den anderen als unehrlich, das heißt moralisch verwerflich, abqualifiziert. Oder aber sie setzt voraus, dass es die eine objektive Wahrheit gibt, die von allen zwar als solche erkannt, aber nicht anerkannt wird. Diese würden sich dann eher nackig als ehrlich machen und kommen sich dabei noch schlau vor.
Normale Menschen müssen sich mit damit abfinden, dass man Ehrlichkeit nicht erzwingen kann. Gangster haben da andere Möglichkeiten. Spezialfachkräfte, sogenannte Ehrlichmacher, haben da im Lauf der Geschichte todsichere und reich bebilderte Methoden entwickelt.
Als Appell an die eigene Gefolgschaft halte ich das Ehrlichmachen trotzdem für sinnvoll, wenn Gewöhnungsprozesse den realistischen Blick zu verschleiern drohen.
Autor:Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr |
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