Die Bibel ist kein Krimi – oder - Warum wir wissen wollen, wer der Mörder war

Brudermord auf Kirchenfenster | Foto: Wikimedia

Heute wollen wir mal der Frage nachgeben, warum wir immer wissen wollen, wer der Mörder war. Ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht und will es eigentlich auch gar nicht wissen. Ich gebe nur der Frage etwas nach, weil sie sich mir doch immer wieder stellt. Und außerdem, weil es mir seltsam vorkommt.
Was ist denn da nämlich so interessant dran, dass man weiß, wer wen ermordet hat? Haben die Leute denn nichts anderes im Kopf als sowas? Das geht schon in der Bibel los: Kain erschlug Abel. Hätte der Autor doch einfach schreiben können: Abel wurde erschlagen. Bumm!
Die Bibel ist nicht gewaltfrei, aber ein Krimi? Der Kreis der fünf Verdächtigen fängt bei Adam und Eva an und endet mit Kain, Gott und der Schlange. Früher wurde ja noch gezüchtigt und Adam und Eva haben ihre Söhne sicher verhauen. Aber erschlagen? Da hätten sie ja bewusst ihre Rente gekürzt. Die Schlange scheidet ebenfalls aus, die hätte lieber gebissen, und Gott? Ach, du lieber Gott! Der hat Abel vielleicht mit Blindheit gegenüber seinem Bruder geschlagen, aber keinesfalls erschlagen. Das tut man in diesen Kreisen nicht. Bleibt nur Kain. Die DNA an dem stumpfen Gegenstand war eindeutig.
Also, sagte sich der Autor, schreib ich‘s lieber gleich: Kain erschlug Abel! Weil Leserinnen und Leser sonst im Text nicht so richtig zur Sintflut vorankommen. Nein, aber jetzt im Ernst, warum wollen wir immer wieder wissen oder gesagt bekommen, wer der Mörder war?
Das liegt, glaube ich zur Zeit, an dem Mörder. Der will genau das nicht. Was? Ja, dass man weiß, wer der Mörder ist. Der hat doch gerade eben das Opfer als Zeugen ausgeschaltet. Für den Hauptteil der Mörder ist das sogar das einzige Mordmotiv! Wenn der nun plötzlich sagen würde: „Ich nehme das auf meine Kappe“, dann wär das kein Krimi, sondern vielleicht Politik. Aber so löst das in den Leuten einen unbändigen Willen aus, zu wissen, wer der Mörder ist. Und für diese Trotzreaktion lesen die sich die Augen krumm oder verbringen die halbe Nacht vor der Glotze, nur um am Ende entspannt sagen zu können: „Jetzt weiß ich, wer der Mörder war! Siehste!“ Manche sagen, man will das Gute siegen sehen. Was für’n Quatsch! Davon werden die Leichen auch nicht wieder lebendig.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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