Sprachglosse
Da ist noch Luft nach oben

Foto: Franz B. Firla

Bei dieser inflationären Redewendung denke ich spontan an zweierlei: an Aufzüge und an Marilyn Monroe. Ersteres bezieht sich nur auf „nach oben“, hier per Knopfdruck, und Zweiteres auf die „nach oben“ strömende Luft aus einem U-Bahnschacht, die Marilyns Röcke sowie das Blut ihrer Verehrer mächtig in Wallung brachte und sie hoffen ließ, die „Luft nach oben“ werde nie versiegen. Der Spruch ließe sich aber zur Not auch als Umschreibung für „der Taucher lebt noch, es steigen Bläschen herauf“ interpretieren.
Nun ist aber hier bei genauerer Betrachtung überhaupt keine Luft gemeint! Nicht die „air that I breath“ oder „Something in the air tonight“, was evtl. bedeuten könnte: „Love is in the air“. Nein, nichts dergleichen. Bei genauerer Betrachtung beschreibt die Redewendung lediglich den Füllzustand eines Behälters, dessen Volumen noch nicht ganz ausgeschöpft ist. Da ist mit „Luft“ nur „Platz“ oder ungenutzter „Raum“ gemeint. Wir kennen das gut von den sog. Mogelpackungen.
Raum, den gibt es aber überall, auch da, wo keine Luft ist, und so kann es selbst in Belangen der Raumfahrt(!) sprachlich gesehen immer noch „Luft nach oben“ = mehr geben.
Die Möglichkeiten des Menschen selbst, Luft zu erzeugen, hat Martin Luther mit Rülpsen und Furzen anschaulich beschrieben. Da gibt es neben Luft nach oben auch Luft nach hinten: „Er hatte erst zweimal gefurzt, da war noch viel Luft nach hinten.“
Als Alternative zu „Luft nach oben“ wird gerne auch „Da geht noch was!“ genommen. Da fragt man sich aber: Ist es die Uhr, der letzte Zug oder geht gar - oh, oh, oh – der Kommissar um?
Klar, Vieles ist verbesserungsfähig, ehe man schließlich zugestehen muss: Mehr geht nicht! Dann ist eben „Ende der Fahnenstange!“
Aber Potential muss schon da sein. Die Möglichkeit der Verbesserung bleibt vage, wenn die Fähigkeit dazu fehlt. Wenn der Glaube an dieser Fähigkeit in Zweifel steht, wird die Redewendung „Da ist noch Luft nach oben“ auch sehr oft ironisch verwendet, im Sinne von „das reicht nicht.“ Wie etwa bei der deutschen Nationalmannschaft.
Denkbar wäre auch die süffisante Version: „Luft nach unten“: „Außerhalb seiner Anhängerschaft ist für Trump in der Gunst der Wähler nur noch wenig Luft nach unten.“
Wer wie dieser glaubt, für ihn sei immer noch Luft nach oben, muss aufpassen, dass ihm der nächste Schritt nicht zur Luftnummer gerät.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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