Horror
Autonome E-Scooter
Der Abendspaziergang mit dem Hund führte mich die kurze Straße zum Auberg hoch, wo ich dann kurz vor dem Friedhof rechts in den Feldweg einbog. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt und die Luft roch noch warm und würzig nach Wald und Gras. Da spürte ich einen heißen Luftzug an der linken Schulter und etwas Weißgrünes huschte vorbei, geradeaus zum Friedhof hin. Ein leises Surren war zu hören und ich wusste, dass es sich um einen E-Scooter handeln musste. Die Person, die auf ihm stand und jetzt fast schon hinter den Hecken entschwunden war, schimmerte weiß wie ein Gerippe. Ich rief den Hund, und als ich mich bückte, um die Leine am Halsband zu befestigen, surrte es wieder die Straße hoch. Jetzt konnte ich es deutlich sehen: Es stand ein Skelett auf dem Trittbrett, unbeweglich geradeausschauend, wenn man das so sagen darf. Jetzt fiel mir auf, dass der Hund überhaupt nicht reagiert hatte. Sonst bellt er bei allem, was uns zu nahekommt. Nun, ich sollte seinem Beispiel folgen und meine Eindrücke nicht zu wichtig nehmen. Wir bogen also rechts in den Feldweg ab und hörten schon die Hühner hinterm grauen Haus gackern, da drehte ich mich noch einmal um. Wie ein Pfeil schoss ein E-Scooter, vom Friedhof kommend, die Straße hinunter. Leerfahrt. Das gab mir zu denken.
Und ich dachte: Autonome E-Scooter sind natürlich ideal für Verstorbene. Der ist ja so autonom, der hat von KI die ehemaligen Adressen, der weiß, wo die hinwollen, um mal eben zu gucken, was die Familie so macht. Und der braucht niemand, der lenkt, er ist geschaffen für leblose Fahrgäste. Egal ob sie nun leben oder schon tot sind.
Da prescht ein E-Scooter aus dem Hühnerhof mit einem gackernden Huhn auf der Lenkstange und hinter ihm ein aufrechtstehender Fuchs. Warum flattert das Huhn nicht weg? Beim Vorbeirauschen des seltsamen Gefährtes bemerke ich, dass der Fuchs sich im hinteren Huhn festgebissen hat.
Da bekam ich Hunger und erwachte.
Autor:Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr |
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