Mülheimer leistete angefahrener Frau Erste Hilfe
Ausgezeichnete Zivilcourage
Diesen Tag im Sommer wird Evan Scherief nie in seinem Leben vergessen. Wie gewohnt war der 32-jährige Busfahrer auf seiner Linie 122 unterwegs, als er Schreckliches erleben musste: Ein Pkw überholte seinen stehenden Bus viel zu schnell. Die Autofahrerin sah eine die Straße querende Fußgängerin nicht, der Zusammenstoß kam prompt und voller Wucht.
Es war Sonntag, der 6. Juni, als der Mülheimer wie gewohnt seinen Bus durch die Stadt steuerte. Er war im Begriff die Haltestelle "Broicher Mitte" zu verlassen und sich wieder auf die Prinzeß-Luise-Straße einzugliedern, als das Unglück seinen Lauf nahm.
Ein echter "Held der Straße"
"Ich kenne ja die Ecke und weiß, wie vorsichtig man hier sein muss. Auch damals hielt ich nochmal an, um sicher zu gehen, dass kein Fußgänger oder Auto kam. Da sah ich im Spiegel einen Pkw, der (nachdem er zuvor auf der Straße gedreht hatte) mich viel zu schnell überholen wollte", erinnert sich Evan Scherief, der mehrmals in der Woche diese Strecke fuhr. Aus dem Augenwinkel erblickte er zeitgleich eine ältere Fußgängerin, die die Straße bei Grün überqueren wollte. "Die Fahrerin des Pkws sah die Fußgängerin nicht. Ich wusste, dass es einen Unfall geben würde und hupte noch, doch das war vergebens. Ich musste mit ansehen, wie das Auto direkt in die Dame krachte. Die Frau flog bestimmt zwei Meter weit. Sofort sprang ich aus dem Bus, um zu helfen", so der Mülheimer. Als Berufskraftfahrer hatte er wiederholt Erste-Hilfe-Kurse absolviert, dieses Wissen konnte er nun abrufen. Geistesgegenwärtig drückte er beim Aussteigen auch noch den Alarmknopf im Bus und informierte somit die Leitstelle.
"Die Fahrgäste forderten mich zur Weiterfahrt auf"
"Die Frau blutete stark am Kopf, war aber bei Bewusstsein", erinnert sich Scherief. Er half nach Kräften und bleib bei ihr, bis der Rettungswagen eintraf. "Das dauerte zum Glück nur etwa fünf Minuten." Umso trauriger ist für Evan Scherief die Tatsache, dass er sich in dieser schrecklichen Situation ganz alleine gelassen gefühlt hat. Schlimmer noch: "Die Fahrgäste haben mich aufgefordert weiter zu fahren und gesagt, sie hätten noch Termine. Viele Menschen standen um mich rum, haben Fotos und Videos gemacht, aber niemand hat mir geholfen."
Wochenlange Alpträume
Nach dem Vorfall konnte der Busfahrer seinen Beruf nicht mehr ausüben. Alpträume quälten den jungen Mann wochenlang. Für seinen Mut und seinen couragierten Einsatz haben Goodyear und der Automobilclub von Deutschland ihn später im Jahr als "Held der Straße" des Monats November aus Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. "Der Kontakt kam über die Polizei, die mich auch nach dem Unfall immer wieder kontaktierte und fragte, wie es mir ging und ob ich selbst Hilfe benötigen würde. Sie erzählte mir, dass der Automobilclub schon lange einen Busfahrer suchen würde, der in einer Notlage geholfen hatte. Die meisten würden wohl einfach weiterfahren. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich nicht weggeschaut sondern geholfen habe!"
Neues Glück mit eigenem Kiosk
Seinen Bus wollte Evan Scherief trotzdem nicht mehr steuern. Stattdessen hat er an der Ernst-Tommes-Straße in Mülheim-Saarn einen eigenen Kiosk eröffnet. "Das macht mir Spaß und ich hoffe, damit Erfolg zu haben." Mittlerweile kann der Mülheimer auch wieder ruhig schlafen. Doch vergessen wird er diesen Sommertag im Juni bestimmt niemals.
Autor:Nina van Bevern aus Essen-Werden |
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