Zeitzeichen im Juli: 13. Juli 1946 - Erste Ausgabe der Neuen Ruhr Zeitung (NRZ)
Ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt der Essener Sozialdemokrat Dietrich Oppenberg von der britischen Militärverwaltung die Genehmigung zur Herausgabe einer Tageszeitung. Nach dem britischen Prinzip des Meinungspluralismus – mehrere konkurrierende Zeitungen mit unterschiedlichen weltanschaulichen Ausrichtungen – war ihm die Lizenz für ein Blatt mit dem Namen „Neue Ruhr Zeitung“ erteilt worden.
Von Jens Roepstorff, Stadtarchiv
An einem sommerlichen Samstag des Jahres 1946, dem 13. Juli, erschien die erste Ausgabe. Der damalige Chefredakteur Erich Brost schrieb dazu in seinem Leitartikel: „Eine neue Zeitung unter den gegenwärtigen Verhältnissen an den Leser zu bringen, ist keine große Kunst. Der Hunger nach Nachrichten und nach Papier allein bürgt dafür, daß sie ihr Publikum findet […] ihre Herausgeber und Mitarbeiter betrachten ihre Arbeit selbst als einen wichtigen Beitrag zum Neuaufbau, ja, als einen unentbehrlichen Beitrag. Denn eine von den jeweiligen Machthabern unabhängige, aber verantwortungsbewußte Presse, eine Zeitung, die aus eigenem Antrieb sich bemüht, die Geschehnisse nach bestem Wissen und Gewissen unverfälscht darzustellen und dabei in den vom Gesetz gesteckten Grenzen im Interesse der Allgemeinheit furchtlos ihre Meinung zu sagen, wo es notwendig erscheint, ist in einem Gemeinwesen nicht ohne Schaden zu entbehren. Man hat nicht mit Unrecht gesagt, daß 14 Tage Pressefreiheit in Deutschland genügt hätten, um das nationalsozialistische Regime rechtzeitig zu stürzen.“
Die Mülheimer Lokalredaktion wurde von dem Journalisten und späteren Mülheimer Bundestagsabgeordneten Otto Striebeck betreut, der sich in einem Rückblick anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Zeitung im Jahre 1956 erinnerte: „Die NRZ hatte im Juli 1946 zwar schon ein Geschäftslokal im Hause Schloßstraße 34. Aber sie hatte keinen Stuhl, keinen Tisch, keinen Schrank, nichts […] kamen wir nur nach und nach zu Möbeln, die wenigstens ein provisorisches Arbeiten in der Geschäftsstelle ermöglichten. Bis dahin wurde hauptsächlich in der Privatwohnung geschrieben, verhandelt und konferiert […] Das Fehlen der einfachsten Dinge – und wenn’s bloß die Packkordel war – brachten oft den Zeitungsbetrieb empfindlich ins Stocken“.
Zunächst erschien die Zeitung zweimal wöchentlich - mitttwochs und samstags - mit einem Umfang von gerade einmal vier Seiten. Auf Seite vier war unter dem Titel „Mülheimer Nachrichten“ der Lokalteil angesiedelt. Dieser beinhaltete neben Textbeiträgen jedoch auch die Kleinanzeigen für das Mülheimer Stadtgebiet. Eine wichtige Rubrik waren die Suchmeldungen nach im Krieg vermissten Angehörigen. Aber auch das örtliche Kinoprogramm, der Wohnungsmarkt, Stellenanzeigen, Heiratsannoncen und eine Rubrik namens „Tausch“ waren dort verankert.
Die erste Ausgabe der NRZ, ebenso wie alle nachfolgenden Ausgaben, sind im Mülheimer Stadtarchiv überliefert und können dort von jedem Interessierten während der allgemeinen Öffnungszeiten des Lesesaals eingesehen werden.
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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