Vorurteile im Focus
Seit über zehn Jahren arbeitet das Otto-Pankok-Gymnasium mit dem Mülheimer Fotografen und Künstler Lubo Laco zusammen. Unter seiner Federführung visualisiert der Leistungskurs Kunst der elften und zwölften Klasse, der sich aus Schülern des Otto-Pankok-Gymnasiums, der Luisenschule und des Gymnasiums Heißen zusammensetzt, Vorurteile und demaskiert sie. Einzelkinder sind Egomanen, Blondinen dumm, Aidskranke schwul!? Wer kennt sie nicht, wer hat sie nicht schon selber benutzt? Jedes Klischee wird von den Schülern mit der Kamera festgehalten, dann aber mit einem zweiten Motiv widerlegt. Mit den gelungenen Ergebnissen hat sich der Kurs beim nationalen Wettbewerb "Kinder zum Olymp" beworben.
Was versteht man eigentlich unter Vorurteilen? Wofür sind sie gut? Das waren Fragen, die nach den Herbstferien erstmal diskutiert wurden. Dann ging es an die künstlerische Arbeit. Viele zusätzliche Stunden verbrachten die Schüler neben der Unterrichtszeit bei Lubo Laco - gefüllt mit Diskussionen und Lernen der Grundlagen der Fotografie: Wie benutze ich die Kamera, wie beleuchte ich eine Szene, wie finde ich den richtigen Bildausschnitt? Welche Kriterien müssen für ein gutes Foto erfüllt werden? Welches Model und welche Requisiten passen?
Eingeteilt in verschiedene Gruppen suchten sich die Jugendlichen selber Vorurteile aus. „Wir wollten Vorurteile, die aufrütteln, und die Gegendarstellung sollte so absurd sein, dass sie das eigentliche Vorurteil bloßstellt“, erklärt Aylin Graalmann (18 Jahre). Und so wählte ihre Gruppe den Spruch „Blondinen sind dumm“ und als Gegenpart „Blondinen sind klug und vielseitig“. Mehrere Stunden dauerte es, bis beide Motive „im Kasten“ waren. Im Laufe der Wochen sind so elf Vorurteile in Szene gesetzt worden, weitere folgen.
Zum Ende des Schuljahres ist eine Ausstellung des Projektes geplant, die auch von den Schülern organisiert wird. Kunstlehrer Joachim Servatius ist schon jetzt hochzufrieden mit den Ergebnissen: „Über Vorurteile kann man lange reden, aber die visuelle Umsetzung ist schwierig. Es ist sehr interessant zu sehen, wie nach anfangs einfachen Bildern die Aussagen immer subtiler verpackt wurden“.
Ergänzt wurde die praktische Arbeit durch eine lebhafte Diskussionsrunde mit einem Journalisten, einer Psychologin und einem Richter, die den Jugendlichen erläuterten, wie man im Alltag mit Vorurteilen umgehen kann.
Der Höhepunkt des Projektes aber ist die Teilnahme an dem Wettbewerb „Kinder zum Olymp“ der Kulturstiftung der Länder, an dem die Otto-Pankok-Schule zum dritten Mal teilnimmt. Hier können sich alle Schulen beteiligen, die mit Künstlern oder Einrichtungen außerhalb der Schule zusammenarbeiten.
Vier Bilderserien, eine Fotocollage aus der Entstehung und eine begleitende Beschreibung des Projektes haben die Schüler eingeschickt und warten nun auf die Entscheidung, ob sie an der Endrunde Ende April teilnehmen. Dort werden sich die fünf besten Projekte ausführlich vorstellen. Den Siegern winkt ein Wochenende in Berlin.
Ein positives Fazit ziehen die Schüler schon jetzt. „Wir haben vieles über die Technik des Fotografierens gelernt, aber auch über Vorurteile selber. Eigentlich können sie auch durchaus behilflich sein, wenn man zum Beispiel irgendwo neu ist und hört, dass etwas gefährlich oder schön ist“, erklärt Tugce Gezici (18 Jahre). Andererseits, weiß Aylin Graalmann, benutze man nicht mehr so schnell Vorurteile, wenn man sich so intensiv damit auseinandergesetzt hat.
Nicht zuletzt haben die Schüler gelernt, dass der Alltag eines künstlerischen Fotografen ziemlich anstrengend sein kann. „Wenn man davon leben müsste, wäre das noch krasser“, bringt es Aylin auf den Punkt.
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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