Abschied von der Bühne des Backsteintheaters
Volkmar Spira: "Kultur und Soziales gehören zusammen!"

Am 7. April geht eine Ära zu Ende. Denn dann hebt sich um 18 Uhr im Kasino des Evangelischen Krankenhauses der letzte Vorhang für die Kleine Bühne des Backsteintheaters. Für ihren Gründer- und Regisseur Volkmar Spira, der gerade seinen 80. Geburtstag feierte, geht damit eine lange Theatergeschichte zu Ende, die mit den Mülheimer Spielvögeln in den 1950er Jahren begonnen hat. Zeit für ein Bilanzgespräch mit der Mülheimer Woche.

Wieso löst sich die von Ihnen gegründete Kleine Bühne des Mülheimer Backsteintheaters nach 12 Jahren auf?

Es sind berufliche und familiäre Überlastungen entstanden, die es dem Ensemble nicht mehr erlauben, in der Freizügigkeit zu proben wie wir das brauchen. Deshalb haben wir gesagt: Wenn das so ist, dann müssen wir Schluss machen und zwar nicht irgendwann, sondern auf unserem Höhepunkt. Und genau das wird jetzt auch das Finale am 7. April sein.

Worauf dürfen sich die Zuschauer freuen?

Wir werden unsere Aufführungen mit der letzten Aufführung unseres 18. Programms „Alles Theater – Spaß und Spötter“ beschließen, in dem wir unter anderem Texte aus der Federn von Matthias Claudius, Erich Kästner, Loriot, Lessing und Elke Heidenreich auf die Bühne bringen werden.

Was war der Markenkern der Kleinen Bühne?
Wir haben an dem sensiblen Wort gefeilt. Wir haben das Wort richtig in den Kontext gesetzt und dabei auch mit Pausen, Pointen und rhythmischen Klängen gearbeitet. Wir haben uns vom Lesepult entfernt und literarische Texte zum Laufen und damit szenisch auf die Bühne gebracht. Wir nennen das gespielte Rezitation. Ich freue mich sehr, dass ich dafür gute Leute gefunden habe,  für deren Einsatz ich sehr dankbar bin.

Wo haben Sie Ihr Publikum gefunden?
Wir haben ein sehr treues Publikum. Auch für unsere letzte Aufführung gaben wir so viele Kartenwünsche, dass wir sie gar nicht alle befriedigen können. Wir haben vor allem Menschen über 30 erreicht, die Freude am schön gesprochenen und gespielten Wort haben und die auch die Ruhe haben, sich darauf einzulassen und genau hinzuhören.

Wird es eine Fortsetzung Ihrer Theaterarbeit geben?
Ich hoffe das, auch wenn ich jetzt noch keine Nachfolgeorganisation für die Kleine Bühne sehe. Was mir meinen Abschied von der Theaterbühne aber erleichtert, ist die Tatsache, dass die von mir 1990 in meiner damaligen Funktion als Stiftungsdirektor am Evangelische Krankenhauses (EKM) begründete Kulturarbeit im EKM mit der Großen Bühne des Backsteintheaters und der Musischen Werkstätten mit einer hohen Qualität von sehr engagierten Menschen fortgesetzt wird. Ich hinterlasse eine allseits geschätzte Kulturarbeit am Evangelischen Krankenhaus, die in meinen Augen den Beweis dafür antritt, dass Kultur und Soziales zusammengehören. Denn eine soziale Arbeit ohne Kultur ist nackt, kalt und seelenlos. Und eine Kultur, die sich nicht sozial dem Menschen und seinen Bedürfnissen zuwendet, ist ein reiner Selbstzweck und deshalb für mich verloren und unakzeptabel.

Autor:

Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr

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