Uraufführung von "Nathan. Death" im Theater an der Ruhr weckt Emotionen
Toleranz und Repression liegen nah beieinander
Es ist nicht das erste Mal, dass das Theater an der Ruhr Konflikte auf die Bühne am Raffelbergpark bringt, und aufzeigt, wie sich manche davon über Jahrhunderte aktuell halten. So ist es auch in der jüngsten Uraufführung „Nathan. Death“, die nach der erfolgreichen Premiere auch in den nächsten Tagen den Spielplan bestimmt.
Es geht in dem Stück von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel um den Glauben und die Machtansprüche der monotheistischen Religionen, um Ausuferungen und gelebte, aber auch vermisste Toleranz. Die Frage nach Toleranz ist seit Lessings „Nathan der Weise“, mit dem sich die Autoren intensiv auseinandergesetzt haben, literarisch verankert. Das Miteinander und Gegeneinander der großen Religionen, Konflikte und Gewalt sind auch im aktuellen Stück offenkundig.
Angesichts der Kontroversen der drei großen Weltreligionen mussten sich Generationen von Schülern mit Lessings Ringparabel auseinandersetzen. Bei Lessing spielten die Begriffe Humanismus und Toleranz eine tragende Rolle, typisch für die Zeit der Aufklärung. In „Nathan. Death“ auf der Basis von Lessings Idee und Gedanken lassen Zaimoglu und Senkel einen orthodoxen Juden, einen muslimischen Fundamentalisten und einen Christen um die subjektive Wahrheit streiten.
Schwingende
Beredsamkeit
Die Vertreter der Religionen werden in der Inszenierung von Philipp Preuss vom langjährigen Ensemble-Mitglied Gabriella Weber sowie den „Neuzugängen“ Sarah Hölscher und Berit Vander gespielt. Fest in die Produktion eingebaut ist auch der israelische Choreograf Nir de Volff. Er hat dafür gesorgt, dass die schwingenden Körper der Schauspielerinnen schweigende und ausdrucksstarke Beredsamkeit an den Tag legen. Der Begriff Körpersprache wird gespielte Realität. Das Stück ist eine Kooperation mit dem Ringlokschuppen Ruhr und der Theaterallianz vier.ruhr. Dadurch kommt auch die Zusammenarbeit mit Nir de Volff zustande, der schon oft in Projekten des Ringlokschuppen arbeitete.
Wie ein roter Faden zieht sich der Begriff Toleranz durch „Nathan. Death“. Dass Toleranz aber auch in Repression umschlagen kann, war eine These Herbert Marcuses, der in den sechziger Jahren als Sozialphilosoph eine herausgehobene Rolle spielte. Zaimoglus und Senkels neue Version des Nathan-Stoffes beschreibt auf der Basis einer scheinbar fiktiven Realität den alten Grundkonflikt der religiösen Zugehörigkeiten, die von der Frage der politischen Macht nicht abzutrennen sind.
Musik aus
Horrorfilmen
Helmut Schäfer, Mitbegründer des Theaters an der Ruhr, geht noch einmal vom aktuelle Stück zurück zu Lessing: „Die Idee der Toleranz, wie Lessing sie entwirft, wurde thematisch für die späteren Demokratiebewegungen zu einem zentralen Gedanken. Einigungen in demokratischen Auseinandersetzungen und Verhandlungen bedürfen der Toleranz. Und dass im 18. Jahrhundert, das muss man betonen, in einer vollkommen undemokratischen Realität unter feudalen Bedingungen, in der Staat und Kirche noch nicht getrennt waren. Diese Beziehung zwischen Religion und weltlicher Macht hat Lessing unter anderem mit seiner Ringparabel kritisiert.“
Die Musik verstärkt übrigens die Dramatik in der Regiearbeit von Philipp Preuss. Klänge aus Horrofilmen sollen suggerieren, das Religion auch immer etwas mit Ängsten zu tun habe, meint er. Das Stück wird noch am 29. und 30. September aufgeführt sowie am 1., 2., 3., 7. sowie letztmalig am 8. Oktober. Mehr Infos dazu gibt es unter www.theater-an-der-ruhr.de.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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