Törchen Nummer 3
Jeden Tag öffnet sich im Lokalkompass-Adventskalender Mülheim ein Törchen. Hinter jedem Törchen versteckt sich ein Beitrag eines Lesers der Mülheimer Woche oder eines registrierten Mitgliedes des Lokalkompasses. Wir wünschen allen eine besinnliche und schöne Adventszeit!
Das kleine Engelchen
Verschlafen rieb das kleine Engelchen sich die Augen. Es hatte so gut geschlafen und so schön geträumt. Aber mit einem Mal war es hellwach. Heute war der große Tag, auf den es schon so lange gewartet hatte. Heute durfte es zum ersten Mal den großen Ofen anheizen helfen und dann Plätzchen backen. Die leckeren, süßen Weihnachtsplätzchen.
Es war zwar erst September, aber die Menschen auf der Erde mochten die Weihnachtsplätzchen gerne und aßen viele davon. Deshalb mussten die Engelchen immer ganz viele backen und früh damit beginnen.
Das kleine Engelchen hüpfte aus seinem Wolkenbett und schlüpfte in seine weichen Wolkenpantoffeln. Dann klopfte es sein Engelchenhemd glatt und schüttelte seine kleinen weißen Flügelchen, damit die feinen Federn sich glatt legten.
Aufgeregt sprang es die Wolkentreppe hinunter zur Himmelsküche. Die Sterne tauchten die Küche in ein gemütliches Licht. Der Küchenengel war auch schon dort und legte die Backzutaten bereit. Das kleine Engelchen begrüßte ihn stürmisch und fragte: „Darf ich jetzt den Ofen anheizen?“ dabei zappelte es ganz nervös mit den Flügelchen.
Der Küchenengel lächelte gütig, wusste er doch, wie aufregend es für die kleinen Engelchen war, das erste Mal beim Anheizen des Ofens helfen zu dürfen. Der Ofen war groß, um nicht zu sagen riesig. Für das Anheizen benötigten sie einen ganz bestimmten Wolkenstaub und um diesen zu bekommen, mussten die kleinen Engelchen alle zusammen mit Körbchen loslaufen, um ihn einzufangen.
Letzte Woche waren sie alle zusammen in den Wolkenwald gegangen und der Küchenengel freute sich jedes Mal über die eifrigen kleinen Engelchen, die lachend und schwatzend, ihr Körbchen schwenkend die lange Wolkenstraße entlang liefen.
Der Wolkenwald war wunderschön. Durch das Sonnenlicht war er golden verfärbt. Die Bäume hatten ihren Wolkenstaub in wunderschönen glitzernden Blüten versteckt. Die Blüten waren so lange geschlossen, bis die kleinen Engelchen kamen und die Stämme der Wolkenbäume kräftig schüttelten. Wie auf Kommando öffneten die Knospen sich zu Blüten und ließen den Staub zu Boden rieseln. Dann wurde das Jauchzen der kleinen Engelchen noch lauter, denn jedes versuchte natürlich die größte Menge Staub mit seinem Körbchen einzufangen.
Der Blütenstaub wirbelte überall herum und kitzelte die kleinen Engelchen an der Nase, dass sie laut lachen mussten. Sie waren den ganzen Tag beschäftigt gewesen und als die Körbchen mit Wolkenstaub gefüllt waren, machten sie sich auf den Heimweg. Die kleinen Engelchen waren jetzt ruhiger und hüpften nicht mehr, sondern gingen langsam die Wolkenstraße zurück, noch beeindruckt von dem tollen Tag.
Der Küchenengel ging zu dem kleinen Engelchen und gab ihm einen Korb mit Wolkenstaub in die Hand. Dann öffnete er die erste Türe des Wolkenbackofens: „Du musst jetzt den ganzen Staub vorsichtig in den Ofen schütten.“ Das kleine Engelchen tat, wie ihm geheißen und hochkonzentriert schüttelte es den Wolkenstaub aus dem Körbchen hinaus, damit auch ja kein Körnchen daneben ging. Zum Schluss schaute es vorsichtshalber noch einmal in den Korb hinein, aber er war leer.
Nun gab der Küchenengel ihm einen kristallenen Stab mit einem Stern am Ende in die Hand. „Nimm' diesen Stab und halte das Sternchen vorne vorsichtig in den Ofen. Dann musst du die Zauberworte sprechen:
Lieber Stern erleuchte schnell,
den Wolkenstaub hier vor mir schnell.
Lass' ihn glühen rot und heiß,
damit die Welt dort unten weiß,
die Plätzchen bald fertig sind,
zu Weihnachten für jedes Kind.“
Ehrfurchtsvoll nahm das kleine Engelchen den Sternenstab in die Hand und konzentriert sprach es den Zauberspruch. Der Sternenstab begann zu vibrieren und plötzlich strahlten aus seinen Spitzen helle Blitze, die den Wolkenstaub zum Glühen brachten. Erst war er ganz leicht gelb verfärbt, doch immer orangener und orangener wurde er, bis er sich zu einer kräftig roten Glut verwandelt hatte.
Das kleine Engelchen klatschte vor Freude in die Hände und hätte dabei fast den Sternenstab fallen lassen. Der Küchenengel rettete den Stab und lächelte. „Das war erst der erste Ofen. Jetzt müssen wir noch die anderen Öfen alle genauso anheizen.“ Das kleine Engelchen nickte erfreut.
Sie machten sich an die Arbeit, denn hunderte kleine Öfen warteten darauf, endlich den leckeren Plätzchenduft zu verströmen. Mit jedem glühenden Ofen glühten auch die Wangen des kleinen Engel mehr. Nach einiger Zeit allerdings wurde er müde. Es war ganz schön anstrengend für eine kleinen Engel, der zum ersten Mal diese Arbeit machen durfte.
Der Küchenengel lächelte in sich hinein und als das kleine Engelchen drohte vor Erschöpfung einzuschlafen, nahm er ihm den Sternenstab aus der Hand, nahm das kleine Engelchen auf den Arm und legte es in die Küchenecke auf eine kleine Wolkenbank. Im Nu war das Engelchen eingeschlafen. Der Küchenengel streichelte liebevoll seine Wange und machte sich dann an die Arbeit, die anderen Öfen anzuheizen.
Da er Übung darin hatte, waren die letzten Öfen schnell fertig und der ganze Himmel glühte in rot/orangem Schein. Wie würden die Kinderaugen jetzt auf der Erde strahlen. Denn jedes Kind wusste, wenn der Himmel so glühte, backten die Engelchen die Weihnachtsplätzchen.
Aber das ist eine andere Geschichte, die erzählt werden möchte.
Ein Beitrag von Silke Castor
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
10 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.