Eine poetische Lesung mit Gedichten von Rose Ausländer und Musik im MedienHaus
Sie warf ihre Angst in die Luft

In Bukarest traf Rose Ausländer ihren Bruder Max Scherzer im Kriegsjahr 1939.  | Foto: Rose-Ausländer-Gesellschaft
  • In Bukarest traf Rose Ausländer ihren Bruder Max Scherzer im Kriegsjahr 1939.
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Eine ganz besondere Poesielesung mit Konzert erwartet die Mülheimer am Samstag, 6. April, um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek im MedienHaus. Die Gedichte von Rose Ausländer sind an diesem Abend das spannende Thema und die Buchhandlung Fehst organisiert diesen Abend.

von Heike Marie Westhofen

Wenn es gut läuft, dann fügt sich alles ineinander. So, wie die Entwicklung zu diesem musikalischen Poesieabend in der Stadtbibliothek des MedienHauses.
Das Ratinger Musikerehepaar Jan Rohlfing (Perkussionist) und Eva-Susanne Rohlfing (Cellistin) wurde schon vor etlichen Jahren auf die Lyrik der jüdischen Dichterin Rose Ausländer aufmerksam. So erwuchs bei den Rohlfings ernste Neugier auf die Biografie Rose Ausländers und schließlich erschien Ende 2017 ein kleines Gesamtkunstwerk aus Klang, Rezitation und Atmosphäre: Ein faszinierendes Hörbuch mit Gedichten der Ausländer und Kompositionen für ein Streichquartett, das durch Schlagzeug, Kontrabass und Blasinstrumente ergänzt wird.

Jan Rohlfing komponierte beeindruckend bildhafte Untermalungen zur rhythmischen und klaren Poesie der Ausländer. Kompositorisch setzt er die Emotionen der Gedichte in Klang um.
Für das Hörbuchprojekt konnte auch die Schauspielerin und Rezitatorin Alicia Fassel gewonnen werden, die es schafft, Rose Ausländers Gedichte Wort für Wort wirken zu lassen und genau an den richtigen Stellen zu betonen - oder zurückhaltend vorzutragen.

Doch auch die Autorin Rose Ausländer kommt im Hörbuch mit eigener Lesung zu Wort: Alte Tonbandaufnahmen machen es möglich, dass ihre Stimme erklingt und sie ihre eigenen Gedichte vorträgt.

Im letzten Jahr wurde der Buchhändler Fehst, Löhberg 4, auf dieses Hörbuch aufmerksam und er lud Jan Rohlfing, die Musiker und Alicia Fassel ein, um das gesamte Ensemble vom Hörbuch in den Saal der Stadtblibliothek zu bringen. Und so schließt sich der Kreis, den die Rohlfings vor drei Jahren vorsichtig betreten haben: Aus einem Hörerlebnis auf CD wird nun ein Konzerterlebnis für Augen, Ohren, die Seele und den Geist.

Die Jüdin Rose Ausländer wurde im Jahr 1901 in Czernowitz in der Bukowina geboren, ein Landstrich, der zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte.
Das lyrische Werk von Rose Ausländer umfasst mehr als dreitausend Gedichte. Ihre Themen sind die Heimat (Bukowina), Kindheit, Verhältnis zur Mutter, Judentum (Schoa, Exil), Sprache als Mittel des Ausdrucks, die Liebe, Alter und Tod.

Dabei muss man bei allen nach 1945 entstandenen Gedichten davon ausgehen, dass sie von dem Erlebnis der Schoa geprägt sind. Rose Ausländer lebte in der Hoffnung, dass Schreiben noch möglich sei. Schreiben war ihre Identität: „Wer bin ich, wenn ich nicht schreibe?“, schrieb sie.
Sie erlebte, dass Freunde und Verwandte in den Kriegszeiten unter Verfolgung der Deutschen litten und starben. Die Jahre zwischen 1941 und 1944 muss Ausländer gemeinsam mit ihrer Mutter und dem Bruder im Cernowitzer Ghetto verbringen. Sie überlebt in einem Kellerversteck. Im Ghetto lernt sie auch den Dichter Paul Celan kennen, den sie 1957 in Paris wieder trifft und der sie zu einer radikalen Veränderung ihres lyrischen Stils bewegte. Immer schrieb sie ihr Werk in ihrer geliebten deutschen Sprache, mit der sie sich am besten ausdrücken konnte. Ihre Liebe zur Natur, die Liebe zum Leben, die ihr niemals abhanden kam, manchmal romantisch, manchmal erschreckend nüchtern - aber fern des Zynischen.

Immer fließt Hoffnung auf Änderung der Verhältnisse ein und sie glaubt selbst in Verzweiflung und Trauer weiter an die menschliche Vernunft und vor allem an die Mut und Liebe: "Wirf deine Angst in die Luft, noch darfst du lieben, Worte verschenken, noch bist du da. Sei was du bist. Gib was du hast", schrieb sie in ihrem Gedicht "Noch bist du da". Sie starb 1988 im Nelly-Sachs-Haus, dem Altenheim der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Die letzten zehn Jahre ihres Lebens war sie bettlägerig.

Für die Lesung am Samstag, 19.30 Uhr, im MedienHaus gibt es Karten für 18 Euro in der Buchhandlung Fehst, Löhberg 4, Te. 74049380 oder in der Stadtbibliothek im MedienHaus, Synagogenplatz 3.

Autor:

Sibylle Brockschmidt aus Mülheim an der Ruhr

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