Beethoven schrieb an einen Säugling:
Noch weißt du nicht, wes Kind du bist...
Wussten Sie eigentlich, dass Beethoven u.a. auch an einen Säugling geschrieben hat? Ja, wirklich, und das ist alles erhalten. Nur nicht das Antwortschreiben.
Jetzt werden Sie sagen, mein Gott, er war halt im Alter etwas verwirrt. Der Nietzsche hat auf der Straße weinend ein Pferd umarmt, der van Gogh schnitt sich ein Ohr ab, und der alte Beethoven schreibt halt an einen Säugling. Das ist vergleichsweise doch eher harmlos.
Ja, er schrieb tatsächlich „An einen Säugling“. Nämlich eine Liedkomposition mit Klavierbegleitung, nach einem Gedicht eines Johann Döring, den man zu Recht vergessen hat. Die Vertonung gehört zu Beethovens Erstlingswerken, er war da gerade mal 14 Jahre alt und des eigenen Säuglingsalters noch nicht so fern:
1. Noch weißt du nicht, wes Kind du bist,
Wer dir die Windeln schenket,
Wer um dich wacht, und wer sie ist,
Die dich erwärmt und tränket.
So gesehen sind wir alle zunächst einmal Waisenkinder. Ein interessanter Gedanke, der aber „An den Säugling“ gerichtet, völlig verpufft. Auch vom musikalischen her ist eine direkte Anwendung am Säugling nicht zu empfehlen, schon allein, um sich nicht dem Vorwurf der Kindesmisshandlung auszusetzen.
Wenn man das Frühwerk hingegen als eine Reflexion des eigenen, noch unfertigen Zustandes eines fast noch kindlichen Künstlers sieht, der dabei war, alle musikalischen Formen gierig aufzusaugen, versteht man vielleicht, warum er sich an diesem Gedicht versucht hat.
Autor:Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr |
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