Mülheimer Woche Exklusiv - Kostümbildnerin Anne Bentgens: "Ideen kommen von selbst"

Kostümbildnerin Anne Bentgens aus Broich erledigt Unmögliches sofort:

In ihrer Kostümbild-Werkstatt in Broich steht ein großer, roter Schneidertisch, die Kanten mit Maßbändern umklebt. Damit Anne Bentgens gleich loslegen kann. Heute fürs Interview hat sie natürlich aufgeräumt, nur ein paar sehr schöne Stoffe, die sie gleich noch verarbeiten wird, sind zu sehen. Egal ob klein oder größer: Für jedes neue Projekt braucht sie einen leeren „frischen Tisch“, der Ideen und Inspiration zulässt:

„Dann geht’s direkt an die Nähmaschine und es wird gerattert bis die Nadeln glühen“. Anne Bentgens Auftrageber schwören auf ihre Schnelligkeit und ihre Improvisations-Kunst. Das Talent „aus wenigen schönen Dingen viel zu zaubern“ (und dabei die Kosten zu beachten), ist nicht jeder gegeben. Für Anne Bentgens, Kostümbild Mülheim Ruhr, immer wieder eine besonders reizvolle Herausforderung.

Seit 1983 schon macht sie das.
Nach dem Kunststudium in Duisburg hatte sie über einen Bruder Studenten der Folkwang Hochschule Essen kennengelernt. Anne war damals als Sängerin erfolgreich unterwegs. Und hat sich „aus lauter Verzweiflung über die ansonsten einfach fürchterlichen Bühnen-Outfits“ - ihre Kostüme einfach selbst genäht. Bald wollten auch andere „genau sowas“ tragen. So fing alles an.

Bald hat sie zum Beispiel auch für legendäre Folkwang-Schauspielschüler (Klasse Rolf Henninger) wie Armin Rohde und Hansa Czypionka erste Kostüme genäht: „Kein Krieg in Troja“ hieß das Stück. Und es ging so einiges an Stoff dafür drauf, um die vielversprechenden Jung-Mimen in das jeweils passende Tuch zu kleiden.“ , lacht Anne Bentgens glücklich in der Erinnerung. Man bedenke: „Bierchen“ Rohde als Trojaner…

Neben Kostümen für Schauspieler, Sänger und Pantomimen arbeitet sie für die Tanzabteilung der Essener Folkwang Hochschule: „10 bis 15 eigene Tanzstücke müssen Nachwuchs-Choreographen im Studium erarbeiten. Da kommen schnell Dutzende Kostüme zusammen, die Tänzer nicht behindern, traumhaft aussehen, das Stück definieren und auch noch den Körper umfließen sollten“. Kein Problem für die bühnenfeste Anne. Sie begleitet die Folkwang Tanzabteilung auch auf Gastspielen: „In Indien war grade Monsun und entsprechend feuchte Hitze, da ging eine Hose aus schwerem Wollstoff kaputt. Tja, wo kriegst Du da Wollstoffe her? Gibt’s dort einfach gar nicht in diesen Jahreszeiten. Ich habe ihn besorgt, aber frag nicht wie und woher!“.

Als Allrounderin „händelt“ sie solche „Katastrophen“ mit viel Geschick. Zur Vorstellung ist immer alles parat. Immer. Das schafft Vertrauen und Sicherheit für die Künstler auf der Bühne. Anne Bentgens freut sich schon auf die nächsten „jungen - und später älteren Wilden“. Viele heute angesagte Choreografen kennt sie noch aus deren Anfängen. Die Liste ihrer Kostüm-Arbeiten ist lang: Für Herietta Horn, Reinhild Hoffmann, Claudia Lichtblau oder Mark Sieczkark, um nur einige zu nennen. Aber auch für Warner Brothers Movie Park, Comedian Piet Klocke, für „der hochmusikalische Familie Popolski“ oder Tierkostüme für den World Wild Fund of Nature WWF hat sie entworfen und natürlich die Kostüme selbst realisiert.

Angst, dass ihr die Ideen ausgehen könnten, hat sie nicht: „Jedes neue Projekt erfordert neue Überlegung, neue Wege, neue Herangehensweisen. Da kommen die Ideen von selbst.“.