Kunst aus dem Komposthaufen im Kunstmuseum
Mülheimer Künstler Klaus Siepmann stellt in der Ruhrtalstadt in der Ruhr Gallery aus
Die aktuelle Kunstausstellung in der Ruhrtalstadt Mülheim zeigt unter dem Titel "Wintergalerie" traditionsgemäß einen Querschnitt durch die zeitgenössische Kunst - für jeden Geschmack ist etwas dabei, darauf haben die Kuratoren Wert gelegt.
Ein separater Raum wird in diesem Jahr dem Mülheimer Künstler Klaus Siepmann gewidmet. Inzwischen wirkt er auf der Insel Rügen, kommt aber häufig in seine alte Heimat an die Ruhr.
Mit seiner Werkreihe "Surrealistisch-psychedelische Photographie" lädt er aktuell ein, wie in einem Märchenbuch seinen Arbeiten zu begegnen - zu einer intensiven und interaktiven Betrachtung.
Seine Werke sind poetisch und verwirrend. Sie lassen viel Spielraum für die eigene Fantasie. "Erst du vollendest das Bild und gibst ihm seinen Sinn. Du bist der eigentliche Künstler!", sagt Klaus Siepmann.
Jedes Bild ist ein Märchen
In den Werken von Klaus Siepmann entdeckt man immer wieder neue Formen und Gestalten, die eigene Geschichten erzählen. Zunächst Vertrautes verliert sich im Farb- und Formenspiel. Je mehr Fantasievermögen man hat, desto mehr Geschichten, Sagen und Märchen von menschlichen und tierischen Fabelwesen entstehen, von fremden Welten und nicht-irdischen Lebensformen, die beim Anschauen durchaus die Gestalt wechseln können. Geschichten von ungewöhnlichen Räumen und Landschaften murmeln dabei durchs Hirn. Geschichten von Ritualen und Fetischen unbekannter Kulturen aus einer anderen Welt.
Diese Bilder (stammen übrigens nicht aus einem KI-Laboratorium), die nicht nur die Augen, sondern auch den Geist beschäftigen, nutzen einen gewohnten Blick auf unsere Umwelt. Fast alles Lebendige ist im weitesten Sinne symmetrisch gebaut, seien es Menschen, Tiere oder Pflanzen. Jede Zelle teilt sich in Symmetrie, organische Körper bauen sich zu den Seiten symmetrisch auf. Wir haben zum Beispiel zwei Augen, Arme und Beine, Ohren. Hände und Füße sind so gebaut, dass die Finger und Zehen spiegelbildlich zueinander zeigen. Die äußeren Organe wie Nase, Mund oder Organe, von denen wir nur eins haben, sind bei Mensch wie bei Tier immer in der Mitte zu finden. Die meisten Dinge, die wir Menschen erschaffen, sind symmetrisch, sei es nun eine Gabel, ein Tisch, ein Auto oder ein Haus. Weil unsere Sehgewohnheiten dermaßen auf Symmetrie geeicht sind, vermögen wir in gespiegelten Bildern beliebige Figuren frei nach unserer eigenen Fantasie zu sehen. Deshalb erzählen uns die Werke Siepmanns auch etwas über uns selbst.
Ein Komposthaufen ist das Fotoobjekt
Das Wort „Photographie" bedeutet ja, wörtlich übersetzt aus dem Altgriechischen, das Malen oder Zeichnen mit Licht. Das malerische Element bekommt bei diesen Bildern eine sehr konkrete Bedeutung. Ein Betrachter sagte: „Das ist etwas zwischen Monet und LSD." Andere sehen Verwandtschaften zu Hieronymus Bosch oder Max Ernst. Das Material für die Bilder ist organisch, hauptsächlich Kompost. Weggeworfen und auferstanden, um kurz vor dem Vergehen in den ewigen Kreislauf noch einmal in Farbenpracht und Schönheit aufzuleuchten, manchmal comicartig bunt, aber unkonkret und flüchtig wie der Traum selbst.
Der Künstler weist deutlich darauf hin, dass in seinen Bildern vorkommende Tierkörper oder Kadaver Fundstücke sind. Kein Tier musste für die Kunst leiden oder sterben.
Über Klaus Siepmann
1955 in Mülheim an der Ruhr geboren, begann die schulische Laufbahn von Klaus Siepmann im Alter von fünf Jahren unter strengen Lehrern, die noch körperliche Strafen und andere Demütigungen praktizierten. Mit zwölf Jahren wurde ihm eine alte Zeiss Ikon Kamera (4,5 x 6, mit Pappbalg) sowie ein Vergrößerungsgerät aus dem Jahr 1940 mit Dunkelkammerutensilien von seinem Vater geschenkt. Diese Erstausrüstung entfachten seine Leidenschaft für Fotografie, und der Duft der Entwicklungs- und Fixierchemikalien löste positive Gefühle aus.
Nach dem Schulabschluss im Jahr 1971 drängten die Eltern zu einer Ausbildung als Industriekaufmann, doch blieb dieser Beruf unbeachtet. In den folgenden Jahren prägte ein freies Leben mit verschiedenen Jobs und ausgedehnten Reisen nach Portugal, Marokko, England und Irland den Lebensstil des Künstlers.
Mit Künstlerfreunden wurde die Mülheimer Produzentengalerie "Atelier in der Altstadt" gegründet, und von 1978 bis 1981 gemeinsam mit Klaus Urbons die Galerie "Panoptikum" geleitet. 1979 wurde Siepmann das jüngste Mitglied der damals noch freien "Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Künstler". Als Reprofotograf war Siepmann 1979 im Städtischen Mülheimer Kunstmuseum Museum in der „Alten Post“ tätig, sein Fachabitur (Design) absolvierte er in Essen 1981und leitete die Veranstaltungskneipe "Medium" in Mülheim (1982-1983).
Als Layoutkünstler für "Studio Presse" und Gründer von "KS Kreativ Service" (1986) spezialisierte sich Siepmann auf Fotodesign.
Nach dem Erwerb eines Landsitzes auf Mallorca (1989) und dessen Renovierung blieb er bis 1992 auf der Insel. Fotoprojekte als "Inselfotograf" ab 1995 führten zur Gründung von "Fotofocus Mallorca SL" (1996). Der Verkauf der Agentur 2000 führte zur Rückkehr zur Fotografie mit "Solofoto Mallorca SL".
Die Geburt von Tochter Sophia (2001) leitete 2003 die Rückkehr nach Mülheim ein. 2007 unternahm Siepmann eine spektakuläre 70-tägige Wanderung von Düsseldorf nach Mallorca und arbeitete dort noch zwei Jahre als freier Fotograf.
Die Veränderungen in Mallorca führten ihn 2009 zur Rückkehr nach Mülheim. Seit Oktober 2016 lebt und arbeitet Siepmann auf Rügen und betreibt u.a. dort Landwirtschaft für den Eigenbedarf.
Landschaftsfotografie und Luftaufnahmen mit einer Drohne prägen dort ebenfalls das Schaffen. neben der langjährigen Produktion des "Mallorca Magazin Kalender" und seit 2019 auch seines „Rügen-Kalender“.
Siepmanns weitere Leidenschaft – das musikalische Schaffen - begann 2011, mit über 300 komponierten Songs und über 150 geschriebenen Texten.
Über den Kulturort Villa Artis am Innenstadtpark "Ruhranlage"
Die VILLA ARTIS ist ein Baudenkmal in der Stadt Mülheim an der Ruhr direkt am rechten Ruhrufer gelegen. Einst war hier auch seit 1850 das historische Stammhaus der Tengelmann-Gründerfamilie Louise und Wilhelm Schmitz-Scholl, danach der Sitz des Glasfabrikanten Carl Nedelmann beheimatet.
Heute ist hier seit 2010 ein Kulturort mit privatem Mülheimer Kunstmuseum MMKM, Kunstgalerie und Ateliers und der Sitz des "Mülheimer Kunstverein und Kunstförderverein Rhein-Ruhr".
Wintergalerie 2023/2024 noch bis 3. März 2024
Die Traditionelle WINTERGALERIE zeigt in diesem Jahr neben Arbeiten von Mülheimer Künstlerinnen und Künstlern ein Auswahl aus der "STÄNDIGEN SAMMLUNG" des privaten Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr "MMKM Museum Moderne Kunst Mülheim".
WERKE VON:
IMRE VIDEK - HEINRICH SIEPMANN - HA SCHULT - GERHARD RICHTER - TIMO JANSSEN - GERHARD PAUL KRAUSEKRAUSE - MANFRED DAHMEN - KATHARINA JOOS - HERBERT SIEMANDEL-FELDMANN - BRIGITTE ZIPP - HEIDI BECKER - JULIUS SEYLER - HELMUT LANKHORST - USULA VEHAR - DIRK HUPE - ALIV FRANZ - ROSEMARIE TROCKEL - ANNA KAISER - ALI YADEGAR-YOUSSEFI - HANS ARTS - LUBENS - MARTIN SIEVERDING - KLAUS SIEPMANN - ERNST RASCHE - HEINER SCHMITZ - HANS FISCHER - OTTO PIENE - HEINZ MACK - MATTHIAS MEYER - KLAUS WIESEL - THEO GIESEN - PAUL-RAINER HEICAPPELL - BERND KIRSTEIN - FRANZ PÜLL - BERND PIRSCHTAT - JÜRGEN BRINKMANN - WOLFGANG VOGELSANG u.v.a.
Der Eintritt ist frei.
Besuche täglich möglich nach Vereinbarung.
Im angeschlossenen Ateliertrakt kann man den Atelierkünstlerinnen und Kunstlern über die Schulter schauen.
ÖPNV: "Stadtmitte"
Navi: "Delle 54"
Eingang: "Ruhrstraße 3 / Ecke Delle
Autor:Alexander Ivo Franz aus Mülheim an der Ruhr |
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