Gedicht
Frühjahrsgedicht über ein versunkenes Gemüse - Mölmsch Platt

Foto: Wikipedia

Irgendwann erfuhr ich durch ein Platt-Gedicht des großartigen Chird Hardering, dass die Melde zu den mittlerweile „versunkenen“ Gemüsen gehört, aber in der kargen Nachkriegszeit durchaus noch eine Bedeutung gehabt zu haben scheint. Im Plattnamen „Maileflitsch“ für die Atriplex hortensis kommt zum Ausdruck, dass sie im hochdeutschen Volksmund auch als „Scheissmelde“ bezeichnet wurde. „Flitsch“ könnte hier lautmalerisch für eine gewisse Geschwindigkeit stehen, ist aber auch generell ein Plattausdruck für Dünngekochtes. Bei Hildegard von Bingen und ihrem alphabetisch geordneten Gemüsegarten wird sie brav als „Melda“ verzeichnet. Irgendwie hängt das semantisch mit ihrem an eine leichte Mehlbestäubung erinnernden Aussehen zusammen. Nicht der Hildegard, aber der Pflanze.
Hardering beschreibt in seiner Maileflitsch-Ballade die der Melde gewidmete erste gemüsegärtnerische Frühjahrsaktion und ihre Folgen sehr anschaulich. Dabei kommt auch der natürliche Kreislauf der Jauche über die Zwischenstation Maileflitsch nicht zu kurz.

Wenn dä We-inter sech verstriek
Wenn dä Schnea im Chaade wiik
Wenn dän Oaswe-ind neemeahr we-iht,
dann wäd im Chaade Mail chesse-iht.

Kiek‘sche dann nee lang meah röm,
schmiet dat Mailesstücke ees öm,
hoal die Schüppen van de Böön
Dann wäd ouk dä Mail waal chröön

Et che-iht nicks öwwer Mail
Frisch cheplooch vam Fe-il – oder chepluuch
Driew de Aalschöpp inne Struhle???
Rühr chudd duar de Meestekuhle

Draach de Meesten op dat Stück
met däm Dünn un met de Dick
Wenn dou dann de Mail deas ssai-e
Darf tu hatt dä We-ind nee we-ihe.

Söös steiht Mail boll öwweraal
Bloas nee wo se stohne ssall
Et che-iht nicks öwwer Mail
Frisch cheplooch vam Fe-il

Jung, wat ös er dat en Fröid
Wenn die Mail im Chaade ste-iht.
Maileflitsch ös denn en Aat,
leck’sche merr ut däm Baat,

E-imol chiff et Mail all-ein,
e-imol chiff et Mail duare-in,
e-imol chiff et Mailessupp,
Junge, Junge wie dat flupp.

Et che-iht nicks öwwer Mail,
Frisch cheplooch vam Fe-il.
Merr et nachs leas dou im Mainsche
Höilts die Mail je op de Be-insche?

Stounelang an e-inem Stöck
Maileflitsch dä mack’sche flöck.
Dröm we-i doon us stets all möhe
Im Fröhjoor all drop fröie

Op dä leckere Maileflitsch
Rira rira rideride ritsch
Et che-iht nicks öwwer Mail,
frisch cheplooch vam Fe-il

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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