Kunst
Ein Schloss für alle
"Andere Städte bauen Atelierhäuser. Wir haben ein Schloss", sagt die Leiterin des Städtischen Kunstmuseums, Dr. Beate Reese mit Blick auf die sieben Kunstschaffenden, die in ihren Styrumer Schlossateliers arbeiten und jetzt ihre gemalten, fotografierten und gedichteten Arbeiten (bis zum 3. September) im Museum Temporär an der unteren Schloßstraße präsentieren. Die Werkschau wird am 28. Juli um 18 Uhr im Beisein der beteiligten Künstler eröffnet.
"Viele Filme und Bilder werden in ehemaligen Industriehallen oder in dunklen Kellerräumen bearbeitet. Aber hier haben wir feudale Arbeitsbedingungen und können während der Arbeit aus dem Fenster in den Schlosspark schauen", schwärmt Reiner Komers. Der Filmemacher und Fotograf, der jetzt, man sieht es in der aktuellen Ausstellung, auch unter die Lyriker gegangen ist, gehört zusammen mit seinem Ateliernachbar, dem Fotografen Ulrich Erbe zu den dienstältesten Kreativen im Schloss Styrum. 2007 hat der Dokumentarfilmer im Rahmen der WDR-Fernsehreportagereihe "Menschen hautnah" an seinem noblen Arbeitsplatz, den er seit dem Müga-Jahr 1992 nutzt, das Portrait "Ein Schloss für alle gedreht". Der Film wurde seitdem via Internet mehr als eine Million Mal abgerufen.
Feudale Arbeitsbedingungen
Seit 30 Jahren ist der ehemalige, im 11. Jahrhundert errichtete, Wohnsitz der Styruner Grafen und der Thyssen-Direktoren mit seinem Park ein öffentlicher Raum, in dem Menschen nicht nur Kunst schaffen, sondern sich auch in einer Seniorentagesstätte treffen, heiraten, gemeinsam feiern. und im benachbarten Aquarius interaktiv alles rund ums Wasser erfahren können. "Die 1960 im Schloss Styrum eröffnete, ist die älteste Seniorentagesstätte Westdeutschlands. zu deren Eröffnung der damalige Regierende Bürgermeister und SPD-Vorsitzende Willy Brandt kam, denn seine Partei damals in Mülheim einen kommunalpolitischen Kongress abhielt", erinnert Komers.
In seinem Styrumer Schlossatelier arbeitet er immer wieder mit der japanischen Fotografin und Medienkünstlerin, Hiroko Inoue , die sich in der aktuellen Aufstellung mit großformatigen und surrealen Schwarz-Weiß-Fotografien dem Publikum vorstellt. Surreal wirken auch die großformatigen Farbfotografien, mit denen Ulrich eine verschmutzte Wasseroberfläche dokumentiert hat. Erbe, der ebenfalls zu den alteingesessenen Ateliernutzern im Schloss Styrum gehört spricht mit Blick auf seine jetzt im Kunstmuseum Temporär ausgestellten Fotografien von "einer negativen Ästhetik." Wer will kann in den Erbe-Bildern eine Kapitalismuskritik erkennen, zu der sich auch Reiner Komers bekennt, wenn man auf seinen seiner Wort-Bildern lesen kann: "Das Gegenteil ist wahr!" und: "Was ein Mensch macht, bevor er verschwindet: a) das Auto mit Whiskey volltanken...b) die EC-Karte mit Margarine einschmieren."
Kunstquelle Natur
Dass die ebenfalls im Schloss Styrum arbeitende Malerin, Vera Herzogenrath, ihre Seele und damit ihre Kreativität mit der inspirierenden Lebenskraft der Natur auftankt, sieht man an der "positiven Ästhetik" ihrer großformatigen Bilder, die im Museum Temporär übers Eck gehängt sehenswert mit der "negativen Ästhetik" der verletzten Naturansicht Ulrich Erbes korrespondiert. Apropos korrespondieren. "Wir verstehen uns gut und profitieren von unserer Kommunikation", sagt Herzogenrath mit Blick auf die kreativ schaffende Künstlerkommune im Schloss.
"Ich habe früher in meiner Zweizimmerwohnung gemalt, inklusive der Terpentinausdünstungen. Dagegen ist das Arbeit im Styrumer Schloss eine Wohltat, die auch meiner Gesundheit guttut", sagt die etwas andere Naturmalerin Sabrina Seppi. Ihre dunklen Tier-Portraits, auf denen etwa ein Eisbär ein Kind umarmt verströmen so etwas wie Endzeitstimmung. Keine leichte Kost für Kunstfreunde. Eine künstlerische Seelen- und Wahlverwandtschaft kann man in der temporär an der Schloßstraße ausgestellten Kunst aus dem Schloss Styrum erkennen, wenn man in der Werkschau nicht nur Sabrina Seppis,- sondern auch die fast fotografischen Naturgemälde ihres gerade erst neu eingezogenen Ateliernachbarn Jan Kromarek betrachtet. Auf Holz portraitiert er düster, bedrohlich und zugleich mit magischem Lichtspiel den Wald, dessen Bäume zum Teil mit rot-weißem Flatterband miteinander verbunden sind ändern. Die Anspielung auf die Baustelle Natur, die geschützt werden muss, damit wir Menschen in ihr immer wieder auftanken, durchatmen und überleben können, ist offensichtlich.
Offensichtlich ist auch in den Arbeiten der ebenfalls im Museum Temporät jetzt ausstellenden temporären Styrumer-Schloss-Künstler Lara Kaiser und Ralf Raßloff, dass sie, wie ihre Ateliernachbarn nicht zuletzt dank einer fundierten akademischen Ausbildung eine professionelle Kunst geschaffen haben, die sich nicht nur in Mülheim sehr gut sehen lassen kann.
Geöffnet ist das Museum Temporär an der Schloßstraße 28-30: Von Dienstag bis Freitag, von 10 bis 18 Uhr sowie am Samstag und am Sonntag, von 10 bis 14 Uhr. Montags und an Feiertagen bleibt das Museum Temporär geschlossen
und:
Zum Portrait der neuen Atelier-Stipendiatin im Schloss Styrum Lara Kaiser
Autor:Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr |
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