Ein besonderer Weihnachtswunsch - Helfen!
Ein besonderer Weihnachtswunsch - Helfen!
Meine kleine Weihnachtsgeschichte
Evchen, Maja und Ilka gingen nun schon eine ganze Weile gemeinsam in den Kindergarten. Tag für Tag liefen sie fröhlich morgens aus dem Haus, die lange Kirchstraße hinunter, mal nach einer Schneeflocke haschend, dann zwischendurch eine kleine Schneeballschlacht beginnend – bis sie plötzlich mit hochroten Wangen innehielten, weil sie dem schönen, warm klingenden Glockenschlag der Herz Jesu Kirche lauschten, der ihnen auf einmal bewusst wurde. Es wird Zeit, sagte ihnen der Glockenschlag, Zeit in die Ulmenallee und zu allen kleinen Freunden und einem aufregend neuen Tag in den Kindergarten zu gelangen.
Mit ausgelassenen kleinen Sprüngen und fröhlichem „Hallo“ kam ihnen quer über die Straße der kleine Volker entgegengelaufen der auch zur gleichen Gruppe der Zipfelmützchen und Heinzelmännchen gehörte.
“ Nun aber schnell, Tante Martha wartet sicher schon auf uns, und sicher erleben wir wieder viel spannende Dinge heute,“ rief er uns zu und gemeinsam setzten wir den Rest des Weges fort in der Vorfreude auf den schönen gemeinsamen Vormittag, der uns bestimmt wieder erwartete.
Mit Riesenschritten ging es auf Weihnachten zu, und es wurde fleißig gebastelt, neue Lieder und Gedichte auswendig gelernt, und alle Kinder waren mit Feuereifer dabei kleine Geschenke für die Eltern, Geschwister und Freunde zu basteln. Schön war diese so geheimnisvolle Zeit – die so viele kleine gut gehütete Geheimnisse barg. Dabei fiel es jedem der Kleinen so sehr schwer, dass nicht vor lauter Stolz und Freude mal eine unbedachte Bemerkung herausrutschte, die dann gleich einer großen Enttäuschung gewichen wäre.
Am allerschönsten jedoch war es, wenn unsere liebe Kindergarten - Tante das geheimnisvolle, große bunte Weihnachtsbuch hervorkramte und uns eine Geschichte vorlas, der wir immer ganz still und gebannt lauschten. Sie hatte eine warme, freundliche Stimme, und wie gebannt hingen alle an ihren Lippen. Selbst die größten Rabauken und Lausbuben waren dann mucksmäuschenstill.
Es kam sonst im Eifer des Gefechtes schon einmal vor dass auch gerauft, oder ein kleines Mädchen mal an den Zöpfen gezogen wurde. Zur Strafe musste derjenige dann mit einer roten, langen Pappnase eine Weile in der Ecke stehen, sodass jeder den kleinen Übeltäter sah der dann verblüffende Ähnlichkeit mit Pumuckel hatte dem die Nase immer wuchs, wenn er gelogen hatte.
Unsere kleinen Helden aus dem Kindergarten, die so gerne den starken Maxe markierten würden sich sehr wohl überlegen, ob sie solch einen Schabernack nochmal aushecken würden, oder es einfach unbemerkter anstellen sollten - denn dann schämten sich doch alle immer sehr.
Aber es ging ja auf Weihnachten zu, und alle gaben sich besondere Mühe brav zu sein, damit das Christkind auch ja alle Wünsche erfüllen sollte.
Die Vorfreude der aufgeregten kleinen Plappermäulchen war schon sehr groß, und eines hatte noch größere Wünsche als das andere und alle konnten die Wartezeit bis zum großen Fest nur schwer ertragen.
In dem Alter von 3, 4 und 5 Jahren dachten wir noch nicht so großartig darüber nach, ob man die Geschenke auch alle bekommen könnte, oder ob die Eltern das alles bezahlen könnten was man auf den Wunschzettel geschrieben, bzw. diktiert hatte. Kinder waren damals wie heute einfach glücklich in der schönen Vorfreude auf alles was zu Weihnachten gehörte.
Da wurden Sterne aus buntem glänzenden Stanniolpapier gebastelt, eifrig geklebt und geschnippelt, Papiermuster und winzige Deckchen für Kerzen ausgeschnitten – ach war das eine herrliche, glückliche, unbeschwerte Zeit. Alle freuten sich auf den immer schön geschmückten Tannenbaum, der in seinem glänzenden Festkleid mit bunten Kugeln und Lametta, sanft schimmernden Kerzen und fröhlich um sich sprühenden Wunderkerzen wundervoll und festlich aussehen würde.
Seit einiger Zeit wurden schon fleißig Plätzchen gebacken, mit buntem Zuckerstreusel bestreut oder auch in Schokolade getaucht, natürlich eifrig zwischendurch genascht, sodass die Mutti oftmals mahnen musste es sei genug, damit man anschließend nicht mit bösen Magenschmerzen im Bett liegen würde.
In den Kaufhäusern erklang ständig Weihnachtsmusik, und Kinderchöre verstärkten die Stimmung auf das bevorstehende Weihnachtsfest, das wir Menschen alle so sehr herbeisehnten. Dazu überall Kerzenglanz und warmer Lichterschein - die Menschen schienen freundlicher zu sein als sonst - ob sie wohl auch Wünsche hatten und brav sein wollten, damit auch alle in Erfüllung gehen würden?
Darüber aber haben wir in all der aufregenden Zeit nicht lange nachgedacht.
Unsere Tante Martha hörte sich nun schon täglich alle die großen und kleinen Wünsche ihrer Schützlinge an, und schmunzelte wohl oftmals über die kindlichen Vorstellungen von der dicken Geldbörse des Christkindes – und hatte aus diesem Grunde eine ganz besondere Geschichte ausgesucht.
Es ging um Kinder in einem Kriegsgebiet, die sich bestimmt auch gerne so fröhlich und ausgelassen und vor allem unbesorgt auf Weihnachten freuen würden – wenn es nicht dort Krieg geben würde, der mit viel leidvollen Erfahrungen einherging. Viele Tränen wurden vergossen, es gab große Sorgen um Väter oder auch ältere Brüder die im Krieg waren, und von denen man nicht mal wusste, ob sie noch lebten und zu Weihnachten bei der Familie sein würden. Die Angst war dort ein ständiger Begleiter.
In eisiger Kälte gingen viele der Kinder barfuss, und es war ganz still im Gruppenzimmer, so sehr hatte die Geschichte die Kleinen mitgenommen, die mit offenem Mund dasaßen, mit weit aufgerissenen Augen voll ungläubigem Staunen. Sie waren schon sehr erschreckt, trotzdem fasziniert, wollten mehr erfahren über die Kinder im anderen Land. Manche trugen abgerissene alte Kleidung, schienen sehr schmutzig, denn nicht mal genug Wasser gab es. Aus großen bangen Augen schauten sie uns von den Bildern an.
Wir lauschten und waren sehr still, und stellten Tante Martha viele Fragen.
Das konnten wir uns nicht vorstellen, Winter, keine Schuhe, nichts oder wenig zu essen, die Familien auseinandergerissen, das musste schlimm sein.
Immer wieder schauten wir uns die Bilder in dem Buch an, ab und zu wurden die eigenen Wünsche noch einmal ausgesprochen, aber es war erreicht, dass wir doch bei aller Freude auch lernten, dass es irgendwo auf der Welt Kinder gab, die diese Freude nicht erleben würden, kein Heim, kein leuchtend, schön geschmückter Tannenbaum, keine Plätzchen - ja nicht einmal Schuhe.
Das machte doch alle ein wenig kleinlaut, und ließ uns darüber nachdenken dass alles nicht so selbstverständlich war, dass es nicht jedem so gut ging wie uns - und dass nicht alle große Freude haben würden, gefüllte Teller mit Leckereien und Süßigkeiten, roten glänzenden Äpfeln, Mandeln und Nüssen.
Schon wurde überlegt, ob wir denn da nicht auch irgendwie helfen könnten.
Es ging doch nicht an und konnte nicht richtig sein, dass es hier den Kindern und allen so gut ging, und dort hatten unschuldige Kinder nichts als ihr Leben, das zudem immer bedroht war.
Schnell hatte das muntere Völkchen alle möglichen Vorschläge und Ideen – und glänzende Augen bei allen Plänen, die auf einmal gemacht wurden, um den armen Kindern zu helfen.
Alle wollten beim Mittagessen mit den Eltern darüber reden, oder erst mit der Mutti, und warten ob der Papa am Abend auch noch eine Idee hätte. Die Großen wussten doch sonst immer alles, da würde es auch hier klappen.
Schon beim Hinausstürmen aus dem Kindergarten am Mittag war es ein heftiges Durcheinander, weil alle schnell hinauslaufen und das eben Gehörte wiedergeben wollten.
Sicher würden alle am nächsten Tag mit vielen schönen Ideen zur Hilfe wieder zusammentreffen.
So geschah es auch. Aufmerksam hatten die meisten Eltern zugehört und bestätigten uns Kindern dass es oft noch große Not gäbe.
So haben wir dann angefangen mit Unterstützung der Eltern und der Kindergartenleitung, dass alles mögliche zusammengetragen werden und gesammelt werden sollte, was diese armen Kinder nötig brauchen würden, damit doch auch sie zum nahen Weihnachtsfest etwas Freude haben würden. Päckchen wurden gepackt, altes Spielzeug gesammelt, jeder trennte sich gerne von einem Teil, dabei kam schon einiges zusammen.
Väter spielten Puppendoktor wenn ein kleines Fehlerchen sichtbar war, Muttis nähten hübsche neue Puppenkleidchen, Plätzchen wurden noch mal gebacken, und Schuhe und warme Kleidung gesammelt. Aus vielen Sachen waren kleine oder größere Geschwister herausgewachsen. So kamen auf diese Weise in kurzer Zeit viele, viele schöne Päckchen zustande, die wir mit Kugeln, Sternchen und Kerzchen schmückten, und bald auf die weite Reise schickten.
Dankbare Briefe erreichten bald den Kindergarten, deren Inhalten mit aufgeregten Blicken und glänzenden Augen alle gebannt lauschten.
Groß war die Freude, Kindern konnte geholfen werden – sogar die Kleinsten hatten eifrig mitgemacht. Dankbare Worte gab es und ein schüchternes Lächeln zeigten manche Bilder, und durch einen weiteren Brief erfuhren wir, dass ein Kind so schwer verletzt war, dass es in einer Hilfsaktion hier in die Nähe unserer Stadt gebracht worden war, um hier operiert und ärztlich versorgt werden zu können.
Es waren warme hohe Winterstiefel eingepackt worden – doch war ein Bein durch eine Bombe zerfetzt worden, weil es so schnell nicht fortkommen konnte. Nun konnte es die Schuhe nicht gebrauchen und sie wurden an ein anderes Kind weitergegeben. Das war eine schlimme Nachricht für uns, nun hatten wir doch helfen wollen und dann geschah so etwas, da musste eine neue Idee her.
Plötzlich stand eines unserer "Heinzelmännchen" ganz still auf, und ging zu dem Kästchen in das wir manchmal sammelten um den Diaspora Kindern helfen zu können, was wir besonders gerne machten, weil dann der kleine Afrikaner, der das Kästchen hielt immer mit dem Köpfchen einen Dank nickte.
Auf die Frage von Tante Martha was mit dem Geldkästchen sei, sagte der kleine Jürgen kämpferisch: „Es geht doch nicht, dass der Kleine nun keine Freude hat, sehr traurig sein wird, nun schlimme Schmerzen hat und fern der Heimat ist, ohne Mama und Papa. Er hatte sich so auf neue Schuhe gefreut, die er nun nicht tragen könne. „Was hast du denn damit vor “, fragte Tante Martha mit Nachdruck. Jürgen sagte:“ Wenn er keine Schuhe mehr tragen und nicht mehr laufen kann, wollen wir alle etwas hier hineinwerfen, neu sammeln dass wir dafür einen Rollstuhl kaufen können – wenn er schon keine Schuhe bekommt. Fast ein wenig trotzig klang das, um den Worten auch die nötige Kraft und Wirkung verleihen zu können. Man hätte eine Nadel fallen hören können, so still war es in dem Raum. So ein kleiner Kerl, und solch großartige Idee.
Da haben viele Eltern gleich gerne mitgeholfen, wieder Leute angesprochen, die dabei geholfen haben diesen großartigen Gedanken wahr werden zu lassen, ihn einfach durch eine gemeinsame Anstrengung noch möglich zu machen.
So geschah ein kleines, aber doch großes Weihnachtswunder. Der kleine Junge, der sich so sehr Schuhe gewünscht hatte, bekam nun einen Rollstuhl, feuerrot wie ein Feuerwehrauto, und auf einem Foto, das uns nach Weihnachten erreichte, sahen wir einen schon wieder fröhlich lachenden kleinen Jungen, der stolz seine großen runden Schuhe vorführte – wie er sich ausdrückte – die großen Räder waren nun seine Schuhe.
So hatten wir alle ein ganz besonders glückliches Weihnachtsfest. Alle hatten mitgeholfen auch anderen Freude zu bereiten, uns über unsere Geschenke gefreut, aber auch die Freude geteilt und uns Gedanken über ärmere Menschen gemacht und dabei gelernt, dass es noch eine viel größere Freude ist – Freude zu schenken.
Autor:Evelyn Gossmann aus Mülheim an der Ruhr |
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