Martin Niederstein im Interview mit Marco Hortz
Deutscher Sauna-Bund mit neuer Spitze
Seit wann sind Sie Geschäftsführer des Deutschen Sauna-Bundes und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
„Seit Jahresbeginn 2021 habe ich die Nachfolge von Rolf-Andreas Pieper als Geschäftsführer angetreten und einen modern ausgerichteten und organisatorisch gut strukturierten Verband übernommen. Das Aufgabenspektrum ist sehr vielfältig und der anhaltende Pandemieeinfluss auf die Saunabranche erfordert eine verstärkte Interessenvertretung öffentlicher Saunaanlagen sowie der Hersteller und Händler. Hier unterstützt der Deutsche Sauna-Bund seine Mitgliedsbetriebe durch Ausarbeitung von Hygienekonzepten zur Abstimmung mit Behörden und Gesundheitsämtern. Mit hoher Priorität arbeitet der Verband daran, öffentliche Saunaanlagen in der Positionierung des Stufenplanes zur Öffnung und Wiederinbetriebnahme bei politischen Entscheidungsträgern deutlich stärker ins Bewusstsein zu rufen. Intern gilt es, den Geschäftsstellenbetrieb unter Pandemiebedingungen im Rahmen behördlicher Vorgaben, wie z. B. nach der Umstellung auf Homeoffice organisatorisch aufrecht zu erhalten. Als weitere Beispiele sind vorzunehmende Anpassungen im Prüfungs- und Zertifizierungsablauf des Qualitätszeichens für die aktuell geschlossenen öffentlichen Saunabetriebe oder Neuentwicklungen von Webinaren für den Schulungsbetrieb der Akademie zu nennen. Einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf zurzeit die Organisation der Messe interbad in Stuttgart im September.“
Wie war Ihr bisheriger Werdegang und wie sind Sie an die Sauna-Branche geraten?
„Geboren im Rheinland (Siegburg), hat mich das BWL-Studium nach Bielefeld verschlagen. Als schon damals begeisterter Saunagänger war ich bereits 1997 beim Deutschen Sauna-Bund 4 Jahre lang als Werksstudent in unterschiedlichen Aufgabenbereichen beschäftigt. In Erinnerung bleiben mir als Highlights meine Ausbildung zum Saunameister und die Teilnahme 1999 am Internationale Sauna-Kongress in Aachen. Danach arbeitete ich als Wirtschaftsinformatiker und IT-Manager 16 Jahre lang in einer auf die Fashionbranche spezialisierten Unternehmensberatung. Dem Wunsch nach einer beruflichen Veränderung kam ein wenig die Vorsehung zu Hilfe, als Ende 2017 eine Beraterstelle beim Deutschen Sauna-Bund zu besetzen war und ich dem damaligen Team in nahezu unveränderter Besetzung in der neuen Geschäftsstelle beitreten durfte. 2019 wurde ich dann neben meiner Beratertätigkeit stellvertretender Geschäftsführer.“
Wie konnten Sie die Sauna-Betreiber, im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Berater für den Deutschen Sauna-Bund, unterstützen?
„Die nachgefragten Beratungsleistungen sind vielfältiger Natur. Dies liegt einerseits daran, dass die Beratungsstelle schon mehr als 30 Jahre fest in den Deutschen Sauna-Bund integriert ist. Der Verband ist traditionell in der Branche als kompetenter Ansprechpartner für alle spezifischen Beratungsanfragen anerkannt und wird als solcher auch von Nichtmitgliedsbetrieben und Außenstehenden wahrgenommen. Andererseits bilden die Mitgliedsbetriebe das gesamte Spektrum öffentlicher Saunabäder hinsichtlich Betreiber- und Betriebsformen sowie Betriebsgrößen ab. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Beratungsthemen und die Projektgrößen. Von Erstberatungen privater Existenzgründer mit Fragenstellungen zu z. B. Fördergeldern, rechtlichen Vorschriften, Richtlinien, Entwicklung von Raumkonzepten und Standortanalysen bis hin zur Erstellung umfassender Potenzialanalysen für große Saunaanlagen kommunaler und privatwirtschaftlicher Betreibern ist alles im Beratungsportfolio enthalten. Gestützt auf Erfahrungen aus dem sehr erfolgreich etablierten Qualitätszeichen öffentlicher Saunabäder bieten wir Mystery Checks zur Überprüfung der Ausstattung, Sicherheit sowie Aufenthalts- und Servicequalität in Saunabetrieben an. Darüber hinaus leisten wir gutachterliche Stellungnahmen z. B. bei rechtlichen und bautechnischen Problemstellungen. Einen Teil der Beratungsleistungen führe ich immer noch aus, sofern mir meine neue Position dazu Zeit lässt. Aber alleine Umfang und Vielfalt der Beratungsleistungen erfordern ein erweitertes Beratungsteam. Hier greift die Beratungsstelle auf eine Expertengruppe exzellenter Spezialisten und anerkannter Berater zurück, ohne die eine Beratung dieser Qualität niemals möglich wäre.“
Wie wird man Betriebsberater für Saunaanlagen und welche Qualifikationen sollte man mitbringen?
„In meinem Fall war es aufgrund meiner früheren Tätigkeit beim Deutschen Sauna-Bund eine Mischung aus Quer- und Wiedereinstieg in die Saunabranche und somit auch kein Zufall. Grundsätzlich unterscheiden sich die Anforderungen für die Beratung von Saunabetrieben nur teilweise von denen, die ich während meiner Beraterzeit im Handel kennengelernt habe. Sie decken die klassischen Disziplinen der BWL Finanz-, Betriebswirtschaft, Organisationsberatung sowie das Projektmanagement mit den entsprechenden Methodenbaukästen ab. Allerdings sind branchenspezifische Kenntnisse in Bezug auf das Freizeitverhalten der Bevölkerung sowie Besuchsmotive und Vorlieben von Saunagästen zur Einschätzung von Marktpotenzialen und auch zur Planung und Gestaltung von Betriebs- Raum- und Personalkonzepten notwendig. Außerdem ist ein umfangreiches Wissen zu Richtlinien, DIN-Normen sowie Bau-, Hygiene- und Sicherheitsvorschriften im Rahmen des Badebetriebs und Gebäudemanagements erforderlich. Hier ist der Verband in allen relevanten Normungsausschüssen und Gremien federführend oder maßgeblich vertreten. Zudem profitiert die Beratungsgesellschaft des Deutschen Sauna-Bundes von umfangreichen, regelmäßig durchgeführten Bevölkerungs- und Besucherumfragen sowie aktuellen Strukturdatenerhebungen.“
Als Leiter der Zertifizierungsstelle UVSV, können Sie uns sagen worauf aktuell Solarium-Betreiber zu achten haben?
„Der Betrieb von Solarien ist auch unter Pandemiebedingungen gesetzlich über die UV-Schutz-Verordnung (UVSV) geregelt und unter Aufsicht von fachkundigem Personal zu stellen. Hierbei sind den Nutzer:innen neben einer Bedienungseinweisung in die Geräte Angebote zu einer persönlich abgestimmten Hauttypenberatung und einem individuellen Dosierungsplan zu machen. Dementsprechend ist die Schulung von Personal notwendig, die auch über die Zertifizierungsstelle UVSV der Akademie des Deutschen Sauna-Bundes angeboten wird. Die für unser Ausbildungsinstitut hierzu notwendige Akkreditierung gewährleistet im Rahmen einer jährlichen Überwachung ein konstant hohes Qualitätsniveau für unsere Schulungsseminare. Pandemiebedingt unterliegen auch Sonnenstudios in den Bundesländern, Landkreisen und Städten uneinheitlichen behördlichen Auflagen. Temporär verordnete Betriebsschließungen gefolgt von Wiederinbetriebnahmen führen nicht selten zu Personalfluktuation. Hierbei ist zu beachten, dass die über die Schulung erworbenen Zertifikate personengebunden sind und Betreiber bei Personalwechsel ggf. Mitarbeiter:innen nachschulen müssen. Dazu kommt, dass Zertifikate nach 3 Jahren ablaufen und erneuert werden müssen.“
Können Sie uns als Chefredakteur von "Sauna Fokus" einige Eckdaten zum offiziellen digitalen Verbandsmagazin geben?
„Ende 2020 hat der Deutsche Sauna-Bund SAUNA & BÄDERPRAXIS eingestellt. Das Printmagazin war 30 Jahre DAS gedruckte Sprachrohr der Saunabranche und des Verbandes. SAUNAFOKUS löst nun im zeitgemäßen E-Paper-Format die erfolgreiche Fachzeitschrift ab und versorgt die Branche mit Fachbeiträgen, Trends, News und Verbandsinformationen.
Für dieses Jahr sind zwei Ausgaben geplant. Unseren Verbandsmitgliedern wird SAUNAFOKUS selbstverständlich kostenfrei zugestellt, aber auch saunainteressierte Nichtmitglieder können das E-Paper im Abonnement für 5,00 Euro je Ausgabe beziehen.“
Der Deutsche Sauna-Bund verleiht das Qualitätszeichen für Aufgussmittel und Duftstoffe. Wie läuft eine derartige Prüfung ab?
„Um Betreibern, Servicepersonal und Badegästen öffentlicher Saunabäder Sicherheit bei der Auswahl und Anwendung von Aufgussmitteln zu geben, hat der Deutsche Sauna-Bund ein hochwertiges Qualitätszeichen am Markt etabliert. Hersteller von Aufgussmitteln können als Mitgliedsbetriebe über das Qualitätssystem des Deutschen Sauna-Bundes Aufgussmittel und -konzentrate mit dem Qualitätszeichen „geprüfte Qualität Deutscher Sauna-Bund“ zertifizieren lassen. Die Produkte werden hierbei unter Offenlegung der Inhaltstoffe durch ein unabhängiges Institut analysiert und dürfen ausschließlich natürliche oder naturidentische Duftstoffe enthalten. Zertifizierte Produkte gewährleisten, dass weder gesundheitsgefährdende Lösungsmittel enthalten sind noch Emulgatoren in hochtemperierten Schwitzräumen eingesetzt werden. Dabei ist der gesamte Herstellungsprozess mit einer vollständigen Kennzeichnung der Inhaltsstoffe zu dokumentieren und unterliegt internationalen arzneimittel-, lebensmittel- oder kosmetikrechtlichen Standards. Um eine sichere Lagerung, Handhabung und Verwendung gewährleisten zu können, enthalten alle Verpackungen und Beschriftungen Hinweise zu exakten Dosierangaben, Aufbrauchempfehlungen und sind mit den erforderlichen Warnhinweisen sowie Gefahrensymbolen versehen.“
Welchen Projekten wird sich der Deutsche Sauna-Bund zukünftig widmen?
„Zu den durch den Verband vertretenen öffentlichen Saunaanlagen zählen neben selbstständig geführten Saunabetrieben sowie Thermen oder Freizeitbädern angegliederten Saunabereichen auch eine beträchtliche Anzahl von Saunaanlagen in Hotels, Fitnesscentern oder therapeutischen Einrichtungen. Alle Betriebstypen vereint die Bereitstellung von Dienstleistungen für Saunagäste unter dem gemeinsamen Markenversprechen Sauna. Diese Marke gilt es insbesondere im Rahmen einer gesundheitlichen Ausrichtung weiter zu schärfen. Hierzu trägt auch eine Ausweitung der Förderung und Überprüfung der Angebotsqualität durch die Zertifizierung öffentlicher Saunabäder mittels der drei erfolgreich etablierten Qualitätszeichen des verbandseigenen Qualitätssystems bei. Weitere Qualitätssicherung und somit Orientierung für Hersteller und Händler wird durch die Mitwirkung des Verbandes bei der DIN-Normung und der Überarbeitung von Richtlinien im Rahmen der Ausschussarbeit geleistet. Ebenfalls von großer Wichtigkeit ist es, nach Eindämmung der Pandemie repräsentative Befragungen der Bevölkerung und Saunagäste durchzuführen. Es gilt Trends, Veränderungen im Verhalten und der Motive von Besucherer:innen sowie deren Erwartungen im wiederaufgenommenen „Normalbetrieb“ abzuleiten und der Branche zur Verfügung zu stellen. Abschließend muss der Verband für kleine und mittelgroße Saunabetriebe nach Lösungen zu deren Erhalt suchen, da diese überdurchschnittlich durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie geschwächt sind. Hier könnten wir Mitgliedsbetrieben unter Aufbau eines datengestützten externen Controllings Orientierung durch regelmäßige Versorgung mit wirtschaftlichen Kennzahlen geben.“
Vielen Dank für das sympathische Interview und viel Erfolg bei Ihren neuen Aufgabengebieten.
Quelle: Das Schwimmbad und sein Personal - 47. Jahrgang, Heft 06/2021
Autor:Marco Hortz aus Mülheim an der Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.