Rolf-A. Pieper im Interview mit Marco Hortz
Bester Kenner der Sauna

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Sie waren 38 Jahre in Amt und Würden der Geschäftsführung des Deutschen Sauna-Bundes. Welche Aufgaben lagen Ihnen besonders am Herzen?

„Ich war nie nur ein Schreibtischtäter. Mein Arbeitskittel war auch der Bademantel und die wissenschaftliche Erforschung der Sauna, so wie Erkenntnisse gewinnen vom regelgerechten Saunabad, gehörte zu meinen Aufgaben. Ebenso die umfassende Auswirkung des Wechselbads (warm/kalt) auf den menschlichen Organismus in Form von Fachartikeln, Vorträgen und Seminaren zu vermitteln. Eine Aufgabe, die mich 38 Jahre beschäftigt hat, seitdem ich an die Stelle der Geschäftsführung des Deutschen Sauna-Bundes geraten bin. Nach meiner ersten Berufsausbildung zum Verlagskaufmann absolvierte ich 1975 mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg. Dann studierte ich Sportwissenschaft, Germanistik und Pädagogik auf Lehramt in Münster. Bereits vor meinem Staatsexamen habe ich die Anzeige in der Zeitung gesehen, dass der Sauna-Bund einen Geschäftsführer sucht. Da ich meinen Fokus bereits zu dieser Zeit auf die Sportmedizin legte, und Fachbücher zu diesem Thema verschlang wie andere Romane, interessierte mich diese Stelle sehr. Im Jahr 1982 schloss ich mein Studium erfolgreich ab und war dann ab Februar 1983 als Geschäftsführer tätig.
Neben den Saunameister-Lehrgängen liegt mir unser Zertifizierungssystem besonders am Herzen. Hier haben wir seit 2010 mit einem sehr aktiven Qualitätsausschuss über 150 Bäder erfolgreich zertifiziert. Wir reagierten damals auf die Markterfordernis ein transparentes und nachvollziehbares Zertifizierungsprogramm auf die Beine zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits ein österreichisches Konzept, welches jedoch intransparent und nicht nachvollziehbar war. Das konnten wir besser.“

Als gefragter Dozent der Saunabranche haben Sie unzählige Vorträge gehalten. Worauf haben Sie dabei einen besonderen Fokus gelegt bzw. was war Ihnen wichtig den Zuhörerinnen und Zuhörern zu vermitteln?

„Meine Geschäftsführer-Tätigkeit war sehr auf die Wissensvermittlung geprägt. Dies war bereits damals in meinem Arbeitsvertrag verankert. Vertragsbestandteil war unter anderem die Wissensvermittlung sowie die Ausbildungs-Seminare zum/zur Saunameister/in. Ich war nie ein analytischer Mensch für Zahlen, sondern mehr ein Rhetoriker und Didaktiker. Besonders gerne habe ich unsere 6.000 Saunameister/innen ausgebildet in den exakt 100 Lehrgängen, welche ich abgehalten habe. Besonders wichtig für mich, war die Unterrichtung auf Augenhöhe, welche sehr gut ankam. Nicht von einer höheren Warte, sodass damit die Leute es verstehen.“
Ein besonderer Vortrag, 1991 in Kioto (Japan), ist mir in Erinnerung geblieben. Hier sprach ich in der damals größten Kongresshalle vor ca. 1.000 Menschen im Rahmen des Saunakongresses. Der Vortrag wurde in Englisch gehalten und wurde live in andere Sprachen übersetzt. Vor gut 3 Jahren ist mir auch der Vortrag in China auf einer Bädermesse über die einzigartige Saunawelt in Deutschland sehr in Erinnerung geblieben, welchen ich halten durfte.“

Wer wird die Position der Geschäftsführung des Deutschen Sauna-Bundes zukünftig übernehmen?

„Martin Niederstein hat die Geschäftsführung übernommen. Ich kenne ihn bereits seit 1999/2000, als er als Student der Informatik ca. zwei Jahre als Hilfskraft beim Sauna-Bund gearbeitet hat. Da hat er das „Sauna-Gen“ bekommen. Später ist er in die Unternehmensberatung nach Bielefeld gegangen und ist dann vor gut vier Jahren zu uns in die Betriebsberatung gewechselt. Dann habe ich mich dafür eingesetzt, dass Martin meine Nachfolge übernimmt. Aber es gab natürlich auch eine entsprechende Ausschreibung auf die Stelle der Geschäftsführung.“

Sie waren unter anderem auch im Sachgebiet Bäder der DGUV aktiv. Können Sie uns kurz umreißen, welche Themen Sie dort behandelt haben?

„Das Hauptthema war der Aufguss. Somit wurde 2011 die Aufgussrichtlinie vom Deutschen Sauna-Bund veröffentlicht. Hintergrund war, dass die Aufgüsse für das ausführende Personal körperlich sehr belastend waren und diese somit teilweise an ihre körperlichen Grenzen kamen. Meine persönliche Aufgabe war es, festzulegen wie es arbeitsmedizinisch abzulaufen hat. Ich habe mich sehr für die Richtlinie eingesetzt, trotz vieler Nackenschläge, da unter Berücksichtigung dieser Richtlinie, die Schichtpläne der Saunaanlagen-Betreiber beeinflussten. Somit erleichterte die Richtlinie die Sauna-Führung nicht unbedingt, machte es aber menschlicher in der Sauna zu arbeiten.“
Die DGUV hat sich aber auch anderweitig mit der Thematik Sauna beschäftigt. Und zwar mit der Belastung durch Inhalation von Schadstoffen im Rahmen des Aufgusses. Hierbei wurden allerdings wissenschaftliche Fehler gemacht, weshalb die Studie nur eingeschränkt nutzbar ist. Die DGUV hat eine zu hohe Menge an Aufgussmittel bewertet und somit einen höheren Schadstoffanteil in der Luft gemessen. Hierzu habe ich bereits einen Fachartikel in unserer Zeitschrift „Sauna & Bäderpraxis“ verfasst.“

Im Jahr 2013 wurde die Geschäftsstelle in Bielefeld erbaut. Warum fiel die Wahl des Standortes wieder auf die Stadt Bielefeld?

„Seit 1961 befindet sich die Geschäftsstelle in Bielefeld. Vorher war der Sitz in Düsseldorf und in Braunschweig angesiedelt. Der Deutsche-Sauna-Bund existiert seit 1949. Dr. Werner Fritsche war Bielefelder und der Sauna-Bund war anfangs in seinem Privathaus untergebracht. 1984 wurde dann eine Betriebsgesellschaft gegründet (GmbH) für die Produktion von Aushangtafeln und Saunaprospekten. Später kam dann der Vertrieb von Aufgusstüchern hinzu. Die Lagerung dieser Produkte war in einem Privathaus sehr umständlich. In der neuen Geschäftsstelle mit Lagerhalle ist der Umgang damit heute deutlich einfacher. Ein weiterer Aspekt musste für den Standort der Geschäftsstelle beachtet werden. Ein Großteil der damaligen Mitarbeiter/innen wohnte in Bielefeld und gute Mitarbeiter/innen sind ein wichtiges Unternehmenskapital. Dies hätten wir bei einem Umzug in eine Metropole wie zum Beispiel Berlin möglicher weise verloren, denn nicht alle wären mitgekommen. Zusätzlich war uns die Wirtschaftsförderung Bielefeld in unserem Vorhaben wohlgesonnen und wir hatten gute Rahmenbedingungen. Bielefeld ist zwar nicht der Nabel der Welt und viele meinen es gibt die Stadt gar nicht, dennoch sind wir immer gut damit gefahren. In einer Metropole wären wir in der öffentlichen Wahrnehmung vielleicht untergegangen.“

Die verbandseigene Akademie bietet neben dem bekannten Saunameister-Lehrgang auch den sogenannten Saunabetriebsleiter-Lehrgang an. Was steckt dahinter?

„Immer mehr Saunameister wollen mehr Verantwortung in ihren Saunaanlagen übernehmen und rufen nach Aufstiegsmöglichkeiten. Dies stößt nicht immer auf großes Verständnis der Betreiber, da mit der Fortbildung auch die Forderung nach mehr Geld folgen könnte. Die Initiative zu diesem Lehrgang erfolgte daher eher durch das Saunapersonal selbst. Zu Beginn war die Weiterbildung allerdings sehr kaufmännisch geprägt. Themengebiete wie kaufmännisches Buchen etc. rückten dann später mehr und mehr in den Hintergrund und wurden durch so wichtige Themen wie zum Beispiel Personalführung abgelöst.“

Sie haben das Fachbuch „SAUNA Entspannung und Gesundheit“ in den 90-er Jahren veröffentlicht. Da Sie sich nun im „Ruhestand“ befinden, sind ggf. noch weitere Fachpublikationen aus Ihrer Feder in Planung?

„Mit meinem Mentor Dr. Werner Fritzsche habe ich 13 Jahre zusammengearbeitet. Dieser wurde zurecht als „Sauna-Papst“ bezeichnet und wurde deshalb zu seinen Lebzeiten auch mit einem hohen finnischen Orden ausgezeichnet. Damals hatte Dr. Fritzsche ein Buch geschrieben und ein weiteres Fachbuch in einem anderen Verlag wollte sein Hausverlag nicht akzeptieren. Deshalb kam es zu meiner Publikation. Ob es noch zu einer weiteren Veröffentlichung kommt, kann ich derzeit nicht sagen.“

Die Werbe-Kampagne „Der Dicke“ war früher ein großer Erfolg. Können Sie uns dazu etwas sagen?

Der Dicke, gesund durch saunieren, wurde damals von einer Werbeagentur für den Deutschen-Sauna-Bund entwickelt. Die Kampagne war in den 70er und 80er Jahren sehr erfolgreich und hat die Werbung für Sauna stark beeinflusst. Später wurde „Der Dicke“ als Symbol des Saunabadens eher problematisiert, denn nicht alle Saunagänger waren korpulent.“

Bleiben Sie dem Deutschen-Sauna-Bund denn noch weiterhin in einer anderen Funktion erhalten?

„Ich bleibe dem Deutschen-Sauna-Bund im Bereich der Normungsarbeit erhalten. Hier werde ich weiterhin dem Normausschuss zur DIN 19643 - Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser beisitzen, sowie den Ausschuss Saunawesens als Obmann vorsitzen. Ebenso werde ich im CEN-Ausschuss Wellnessanlagen und der Deutschen Kommission Elektrotechnik aktiv bleiben. Die breitgefächerte Normungsarbeit gehört ebenso zu meinen besonderen Aufgaben wie es die Sauna-Lehrgänge auch sind. Sauna ist ein Qualitätsbegriff und nicht jede Plastikkabine sollte sich Sauna nennen dürfen. Für eine Sauna ist nicht jedes Material geeignet und klimatische Grenzen müssen beachtet werden. Durch meine langjährige Tätigkeit kenne ich mich in diesen Bereichen gut aus. Neben der Normungsarbeit werde ich auch im Lehrgangswesen weiterhin aktiv sein.“

Vielen Dank für das sympathische Interview und alles Gute für den wohlverdienten Ruhestand, sowie viel Erfolg bei den bevorstehenden Projekten.

Quelle: Das Schwimmbad und sein Personal - 47. Jahrgang, Heft 03/2021

Autor:

Marco Hortz aus Mülheim an der Ruhr

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