Was Beethoven so aß
Beethovens Hirnsuppe

Ich liefere zu diesem Bericht keine speicheltreibenden Bilder wie sie in den Feinschmecker-Pornos der Fernsehsender üblich sind. Aber es ist für fast jeden ein Leichtes, sich selbst aus dem bunten Internetangebot Passendes zusammenzustellen. Im Übrigen reicht dem Erfahrenen auch seine geübte Fantasie.
Irgendwie hat man schon mal gehört, dass der Meister der Töne beim Trinken wie beim Essen mengenmäßig zu Übertreibungen neigte. Dieses soll hier keineswegs zur Nachahmung empfohlen werden. Genau so wenig wie seine evtl. mangelhaften Tischmanieren.
Für weniger begnadete Musiker, wie für uns alle, ist es vielleicht tröstlich zu wissen, dass Beethoven vieles nicht konnte. Was er aber ganz besonders nicht konnte, war kochen. Er ließ sich bekochen und beschränkte sich auf’s Meckern. Nein, nicht ganz, er kaufte seinen Haushälterinnen immerhin diverse Kochbücher.
Von seinen handschriftlichen Speisezettelnotizen können wir Rückschlüsse darauf ziehen, was er besonders gerne mochte. Und da stehen neben Wild, Fisch usw. die Brotsuppe und die Hirnsuppe durch ihre mehrfache Erwähnung obenan.
Nun klingt Brotsuppe bescheidener als sie war, … wenn er da traditionell zehn frische Eier reinzuschlagen pflegte. Muss aus seiner Bonner Kinderzeit stammen, wo er schon mal als Eierdieb aufgefallen war. Auf der Speisekarte der Traditionsgaststätte „Im Stiefel“ in Bonn, gleich neben dem Geburtshaus, findet sich übrigens auch eine Brotsuppe: „Beethovens Laiberl“ Rheinische Kartoffelsuppe mit Mettwurstscheiben und Speck im Brotlaib, 6,80 €.
Ja, er war offenbar ein Suppennarr! Neben dem Komponierstift war sein Löffel wohl das am meisten benutzte Utensil. Schaun wir uns aber mal die Hirnsuppe etwas genauer an. In Beethovens Lieblingskochbuch wird ihre Zubereitung von Theresa Ballauf wie folgt beschrieben:
„Nimm ein ganzes kälbernes Hirn und wasche es sauber aus, gieb Eyergroß Butter in ein Raindl (flache Kasserolle), und dünste darin das Hirn ein wenig, gieb sodann 2 Schöpflöffelvoll Rindsuppe daran, pfarze (in Fett bräunen) die Schnitten von zwey Kreuzersemmeln gelblicht, backe 2 ganze Eyer weich aus dem Schmalz, die Dötter stosse fein, alles übrige aber lasse im Raindl sieden, wenn alles gut gesotten ist, so passire es mit Rindsuppe durch ein Sieb in einen Topf, laß es aber nicht mehr sieden, sondern nur warm stehen, salze sie, lege Muskatblüthe daran, und richte sie alsdann über Hirnwandeln( Mehlspeise), oder was dir sonst beliebt, an.“
Wichtig sind in der Wiener Küche allerdings die Suppeneinlagen, deretwegen man eigentlich die Suppe aß. Als da waren Pafesen, Schöberl, Nockerl, Lungenstrudel und Hirnwandeln…
„Hirnsuppe mit Lungenstrudel“ auf der Speisekarte würde bei uns spontanes Erbleichen und fluchtartige Bewegungen im Restaurant verursachen, war aber damals durchaus geschätzt.
Ja, unser Beethoven! Er hat nicht gewartet, bis der Herr Hirn regnen lässt. Er hat es gegessen.
Laut seinem Butler Schindler soll sich der Titan einmal als „Hirnbesitzer“ bezeichnet haben, aber nur als Replik auf eine launige Karte seines Bruders, die dieser mit „Johann van Beethoven, Gutsbesitzer“ unterschrieben hatte. Wie er das gemeint haben mag?

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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