Kultur
Beethoven im Kongo

Foto: Foto-Unterschrift: Armand Diangienda dirigiert die Musiker des Orchestre Symphonique Kimbanguiste de Kinshasa. Foto: Robert Carruba© deutsche presse agentur
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Die wenigsten hatten zuvor Geige oder Flöte gespielt. Die Instrumente waren am Anfang selbstgebaut. Und von klassischer europäischer Musik hielten die meisten gar nichts. Dennoch fanden sich in der ehemaligen belgischen Kolonie einfache Handwerker, Straßenverkäufer, Schlachter zum ersten und einzigen Symphonie-Orchester Zentralafrikas zusammen. Als „Orchestre Symphonique Kimbanguiste de Kinshasa“ heimsten sie in den USA und Großbritannien sogar erste Preise ein.

Dirigent Armand Diangienda hatte selbst nie Musikunterricht, spielt aber fünf Instrumente, kann Partituren lesen und komponiert. Sein Beruf war Pilot. 1994 gründete er das Orchester. Der Name stammt von einer christlichen Sekte, welche die Familie des Dirigenten einst gründete. Vor jedem der Auftritte der in Grün und Gold gekleideten Musiker wird still gebetet.

Die wenigen Profimusiker des Orchesters brachten den anderen das Spiel auf den Instrumenten bei. Mit zwei Geigen fing es an. Die wurden erstmal unter den 30 Violinisten herumgereicht. Ein deutscher Dokumentarfilm

hier

filmte 2010 die aufwendigen Proben zum Unabhängigkeitstag des Kongos in Kinshasa. Seitdem gehört z.B. Carl Orffs "Carmina Burana" zum Repertoire der derzeit etwa 150 Musiker und Sänger. Auch Ludwig van Beethovens "Neunte Symphonie" oder Maurice Ravels "Boléro" zählen zum Programm.

Viele Musiker erzählen, dass ihnen die Stücke von Bach bis Mozart auch Trost in der harten Wirklichkeit ihres Landes spenden. "Die Musik lässt mich all die politischen und persönlichen Probleme vergessen und den Moment leben", sagt etwa die 28-jährige Violinistin Dauphine Mata. Hungersnöte, Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten, Vergewaltigungen, Ebola, Millionen Vertriebene. All dies können sie für ein paar Stunden vergessen, wenn sich die Musiker einmal in der Woche zur Probe im Haus des Dirigenten versammeln. "Danach aber kommt wieder alles zurück - all die täglichen Mühen, allein schon, um ein Transportmittel zu finden", erzählt Mata.

Vieles hat sich für die Musiker aber verändert, seit das durch Spenden und Konzerteinnahmen finanzierte Orchester internationale Anerkennung erfuhr. Geigerin Mata etwa kann mittlerweile von der Musik leben.
Im Kongo selbst gibt das Orchester zwar auch Konzerte, aber das Interesse ist noch spärlich, weil viele die klassische Musik mit der kolonialen Vergangenheit verbinden. In Übersee indes spielen die Musiker oft vor gut gefüllten Konzertsälen. Und das gefällt wiederum auch im Kongo, weil sie ein anderes, ein menschenwürdigeres Bild vom Kongo vermitteln.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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