Briefe
Als wär’s ein Stück von mir
Manche mögen den Vergleich für übertrieben halten, aber Briefe sind schon ein bisschen wie eigene Kinder, die man alleine auf Reisen schickt. Unsere Sorgen begleiten sie, denn es steckt ja in jedem etwas von uns selbst. Und sei es auch nur in der Unterschrift.
Das Porto auf dem Umschlag ist sozusagen das Ticket. Früher schleckte man nicht nur die Marke, sondern auch das Couvert ab, gewissermaßen Abschiedsküsse. Heute streicht man ein paarmal liebevoll darüber, man tätschelt die inliegende Botschaft: Ermunterungen.
Dann der unvermeidliche Gang oder die Fahrt zum Kasten.
Ich versuche die Verweildauer für meinen Brief im dunklen Innenraum so kurz wie möglich zu halten, damit er sich nicht allzu lang ängstigen muss. Auch damit möglichst wenig nachfolgende Einwürfe auf ihm lasten und ihm die Luft zum Atmen nehmen. Neulich warf ich einen gedankenlos samstags ein. Der Arme musste bis Montag 15.30 auf seine Abreise warten.
Ich litt mit ihm, ging öfter vorbei, öffnete die schmale Klappe und sprach beruhigende Worte.
Auch wenn die briefliche Botschaft naturgemäß nur durch Reisen funktioniert, spürt man bei deren Trägern die Heimatverbundenheit. Wie sträubt sich mancher Brief bereits beim Einstecken in den Umschlag, seiner normalen Reisebekleidung, er verweigert sich regelrecht. Nicht selten muss er nochmal neu gefaltet werden. Und warum sollte ein derartig empfindliches Wesen nicht auch unter Klaustrophobie leiden?
Ich verwende übrigens nur Fensterumschläge, da kann mein Brief ein wenig nach draußen schauen.
Nein, nicht alle sind so empfindlich, es gibt schon Unterschiede. Aber alle sind von Natur aus eher verschlossen. Nicht so die Postkarten, besonders Ansichtskarten, die sind oft sehr laut und mitteilsam.
Empfänger und Absender stehen drauf, doch bleiben die menschlichen Boten anonym. Du kennst die Abholzeiten, kannst den Abholer sehen, ihn sprechen, ihm deinen Brief besonders ans Herz legen…
Den Zusteller am Zustellungsort wird man kaum abpassen. Wie sehr wünscht man sich schließlich eine günstige Aufnahme durch den Empfänger am Ziel, besonders wenn der Brief gar nicht erwartet wird, er evtl. als erster an diese Adresse geht.
Bis zum Eintreffen der erlösenden Antwort, in welcher Form auch immer, denke ich an meinen Brief, dann gerät er allmählich in Vergessenheit…
Autor:Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.