Spektakulärer Übungseinsatz der Mülheimer Feuerwehr am Stellwerk Styrum
„Wenn Gefahr im Zug ist“
Es war „nur“ eine Übung, und dennoch: das gewisse „Kribbeln im Bauch“ war bei den gut 30 Feuerwehrleuten der Feuerwehr Mülheim an der Ruhr zu spüren, als jetzt im Stellwerk Styrum der Ernstfall geübt wurde. Und zwar einer, der es in sich hatte.
Die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr Mülheim hatten die nicht alltägliche Möglichkeit, realitätsnah an einem Kesselwagen der Deutschen Bahn zu üben. Symbolisiert wurde der Austritt von 30-prozentiger Salzsäure, also kontaminiertem Gefahrgut. Dabei wurde die Feuerwehr durch den „Ausbildungszug Gefahrgut“ der Deutschen Bahn unterstützt. Der Zug bestand aus drei Wagen, einem Unterrichtswagen zur theoretischen Schulung, einem Schau-Kesselwagen zu Demonstrationszwecken und einem Übungskesselwagen, bei dem der Austritt von Gefahrgut simuliert werden kann.
Erinnerungen an den
Stellwerk-Brand
„Natürlich“, so Feuerwehr-Pressesprecher Thorsten Drewes, „befand sich in dem Kessel statt Salzsäure nur klares Wasser, aber alles andere war authentisch.“ Und zwar so echt anmutend, dass besorgte Anwohner morgens, als die Mülheimer Feuerwehr mit zwei konmpletten Löschzügen anrückte, fragten, was denn passiert sei. Erinnerungen an den Stellwerk-Brand vor knapp dreieinhalb Jahren wurden wach. Schnell wurde Entwarnung gegeben, dass es sich um eine Übung handelt. Nach einer theoretischen Unterweisung durch Experten der Deutschen Bahn ging es zum praktischen Teil. Dazu wurde ein Gefahrgutaustritt aus einem mit Leckagen präparierten Kesselwagen dargestellt. Männer in dichten Schutzanzügen füllten schnell das Gelände am Stellwerk Styrum an der Siegfriedstraße.
Nach ersten Erkundungen durch den Einsatzleiter, so wie es im Ernstfall ebenfalls geschieht, stellte es sich durch auf dem Kessel befindliche Codes heraus, dass Salzsäure aus dem Leck austrat. Zügig wurden weitere erforderliche Maßnahmen ergriffen. Als erstes wurde das Leck von den Einsatzkräften in den besagten Chemikalienschutzanzügen notdürftig mit Holzkeilen abgedichtet.
Einsatzkräfte wurden
dekontaminiert
Der auslaufende Stoff wurde in Behältern aufgefangen. Aus diesen Behältern wurde der Gefahrstoff mit einer speziellen säurebeständigen Umfüllpumpe zurück in den Kesselwagen gepumpt. Nach dem Einsatz der Trupps wurden die Einsatzkräfte dekontaminiert. Dazu gehen sie durch einen mit Spezialduschen ausgestatteten Container.
Thorsten Drewes: „Die kontaminierten Schutzanzüge werden dann im Ernstfall einer Spezialreinigung zugeführt oder je nach Stoff entsorgt. Damit wird eine sogenannte Kontaminationsverschleppung verhindert.“ Bei dieser mehrstündigen Übung kam auch die Sondereinsatzgruppe Drohne, die sich aus Kräften der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr zusammensetzt, zum Einsatz. Eine Mischung aus „Überwachung und Dokumentation“.
Höchste Konzentration
im "Fall der Fälle"
Alle an der Übung aktiv Beteiligten waren richtig geschafft, Schließlich kam es darauf an, den „Fall der Fälle“ mit demselben Einsatz und höchster Konzentration zu üben, wie es im tatsächlichen Ernstfall erforderlich wäre. Solche Einsätze gäbe es zwar nicht alltäglich, aber doch oft genug, weiß Drewes aufgrund seiner Erfahrung in 35 Jahren Feuerwehrdienst.
Meist spiele sich so etwas allerdings auif den Straßen ab, etwa bei defekten Kesseln an Gefahrgut-Lkws. Bei einem Unglücksfall mit einem Zug seien noch weitreichendere Maßnahmen erforderlich. Der gesamte Gleisbereich müsse gesperrt werden, die Oberleitungen in Betracht gezogen und die Zusammenarbeit mit den Notfallmanagern der Bahn koordiniert werden.
Den Teilnehmern
wurde viel abverlangt
Da es den Ausbildungszug Gefahrgut nur ein einziges Mal gibt, hatte die Mülheimer Feuerwehr lange darauf gewartet, damit den Ernstfall zu proben. Es hatte sich gelohnt. Obwohl die Rettungskräfte täglich üben, war das halt ein besonderer Fall, der den Teilnehmern viel abverlangte, aber letztlich auch viel brachte, falls es zu einem nicht erhofften Gefahrguteinsatz an einem Zug kommt.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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